Aufsicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mangelt es an Transparenz

Eine Meldung in eigener Sache: Heute (27.2.2025) ist meine Studie: "Im öffentlichen Auftrag.  Zusammensetzung und Arbeitsweise der öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremien" erschienen. Herausgeber und Auftraggeber der Studie ist die Otto Brenner Stiftung, Frankfurt am Main.

Für die Studie habe ich (Peter Stawowy) vergangenes Jahr die Aufsichtsgremien aller zwölf öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland (9x ARD sowie ZDF, DLF und Deutsche Welle) untersucht. Neben einer Befragung der Gremienbüros war ein zentraler Bestandteil der Untersuchung, die Parteizugehörigkeit von Gremienmitgliedern zu ermitteln.

Unten dokumentiere ich die offizielle Pressemitteilung der Otto-Brenner-Stiftung:

Die komplette Studie sowie eine Zusammenfassung lassen sich hier bestellen oder herunterladen.

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Rundfunkräten mangelt es an Transparenz und Austausch mit dem Publikum

+++ Rundfunk- und Verwaltungsräte kontrollieren den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland und garantieren dessen gesellschaftliche Verankerung +++ OBS-Studie zeigt grundsätzliche Defizite in Zusammensetzung und Arbeitsweisen der Gremien auf +++ Parteipolitischer Einfluss in den Räten reicht über die formale Präsenz politischer Vertreter*innen hinaus +++ Gremienarbeit teilweise durch mangelnde Transparenz und fehlenden Austausch mit dem Publikum gekennzeichnet +++ Steigende Anforderungen mit bisherigen Ressourcen kaum zu bewältigen +++ Neue Impulse durch Medienpolitik notwendig +++

Frankfurt am Main, 27. Februar 2025. Für mindestens 41 Prozent der Rundfunkrats- und 53 Prozent der Verwaltungsratsmitglieder aller öffentlich-rechtlichen Rundfunk-anstalten in Deutschland lässt sich eine Parteizugehörigkeit nachweisen. Mit der Entsendung ehemaliger Minister*innen und anderer Parteiangehöriger unterläuft die Politik die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts von 2014, dass maximal ein Drittel der Mitglieder der Aufsichtsgremien staatlich oder staatsnah sein dürfen. Das ist das Ergebnis der OBS-Studie „Im öffentlichen Auftrag“, die heute veröffentlicht wurde. Die umfangreiche Untersuchung der Gremienarbeit zeigt zudem eine große Vielfalt in der Ausgestaltung, Ausstattung und Transparenz der einzelnen Rundfunkräte. Dies wirkt sich auf die Fähigkeiten der Räte aus, ihre Aufgaben der Qualitäts- und Programmkontrolle sowie der gesellschaftlichen Repräsentation wahrzunehmen.

Der Journalist und Medienblogger Peter Stawowy analysierte für die Untersuchung im Zeitraum April bis September 2024 die soziodemographischen und organisationalen Hintergründe von 772 Rundfunkrats- und Verwaltungsratsmitgliedern, die in den Aufsichtsgremien von ARD, ZDF, Deutschlandradio und der Deutschen Welle Mandate wahrnehmen. „Die demokratische Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Räte ist wichtig und ich bin dankbar für das große Engagement, mit dem die Gremien-Mitglieder und die Gremienbüros sich bemühen, das optimale Ergebnis aus dem Konstrukt Rundfunkrat herauszuholen. Allerdings gilt: Die Strukturen sind alles andere als zeitgemäß“, resümiert Studienautor Stawowy.

Es brauche eine Debatte, ob die bestehenden Regelungen zur Eindämmung des parteipolitischen Einflusses ausreichen: „Es kann nicht sein, dass ehemalige Minister die Plätze zivilgesellschaftlicher Organisationen füllen, und am Ende die alte Parteipolitik und das klassische Machtdenken in die Gremien tragen“, so Stawowy. Die Studie zeigt auch, dass die finanziellen und personellen Ressourcen sowie die Struktur der Gremienarbeit zwischen den einzelnen Anstalten stark variieren. Das betrifft die Zahl der Treffen, die Höhe von Aufwandsentschädigungen und Sitzungsgeldern wie auch die Ausstattung der Büros. In der Folge zeigen sich große Unterschiede im Arbeitspensum der Aufsichtsgremien.

In vielen Gremien hapert es oftmals außerdem an der Transparenz der eigenen Arbeit und einem Austausch mit dem Publikum. So kann die wichtige Frage nach den Kosten der Gremienarbeit von Außenstehenden nicht eindeutig beantwortet werden. Die ermittelbaren Zahlen zeigen: Aufwendungen der Rundfunkanstalten für die Gremien variieren zwischen rund 100.000 Euro (Deutsche Welle) und weit über zwei Millionen Euro (WDR). „Da diese Mittel aus Gebührengeldern finanziert werden, ist hier zwingend mehr Transparenz bezüglich der Mittelverwendung geboten“, schlussfolgert Stawowy.

Um die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu stärken, gelte es insgesamt den Austausch mit dem Publikum zu erhöhen: „Wie viel Programmbeobachtungen gibt es, wie sind die Urteile ausgefallen? Was bekommen die Programmmacher aus den Anstalten von den Gremien für ein Feedback? Diese Fragen brauchen unbedingt mehr transparente und öffentliche Antworten!“

Ein Grund für die Förderung der Studie war, dass die Gremien in der aktuellen Reformdebatte oft ausgeblendet werden: „Als Otto Brenner Stiftung sind wir der festen Überzeugung, dass eine bessere gesellschaftliche Verankerung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur durch eine weitere Demokratisierung der Anstalten erreicht werden kann“, so Can Gülcü, Geschäftsführer der Otto Brenner Stiftung. „Dabei müssen – neben den Mitarbeiter*innen – reformierte Rundfunkräte eine zentrale Rolle spielen.“ Eine Demokratisierung sei zudem elementar, so Gülcü weiter, um autoritäre Angriffe auf die Unabhängigkeit des Rundfunks abzuwehren.

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4 Kommentare
  • Sandro Witt
    Februar 28, 2025

    Als Gewerkschafter und Mitglied des MDR Rundfunkrates sage ich an dieser Stelle mal öffentlich Danke. Danke für die enge Begleitung der Rundfunkratssitzungen und die entsprechende Live Berichterstattung aus diesem heraus. Als damaliger Mitantragssteller für die Öffentlichkeit der Sitzungen des MDR Rundfunkrates, die wir mit viel Überzeugungsarbeit im Rundfunkrat durchgebracht haben, wurde mir ja immer wieder gesagt, dass es sowieso Niemanden interessiere. Sie Herr Stawowy sorgen für entsprechende Transparenz und auch für Interesse. Der zweite Dank bezieht sich auf die OBS Studie, die uns in den medienpolitischen Debatten ausreichend Argumentationsstoff liefert.

    Respekt und Danke für die wichtige Arbeit.

    Sandro Witt

  • owy
    Februar 28, 2025

    Vielen lieben Dank für die Rückmeldung! Darüber freue ich mich sehr!

  • Dirk Böhme
    April 20, 2025

    Also mich interessiert das Thema auch.

    Bei meiner eigenen Recherche (ne Weile her -Nur zum MDR-Rundfunkrat) - kam ich auf 2/3 aller Rundfunkratsmitglieder, welche ich einer Partei zuordnen konnte. Als parteinah habe ich auch Vertreter von Lobby-Organisationen gewertet, wenn deren Vorsitzender oder Stellvertreter einer Partei zuordenbar war. Oder etwas anderes die Nähe deutlich zeigt.

    Auch die Berichterstattung z.b. zu den Karfreitagsdemonstrationen zeigen mir wieder das hier keine Neutralität herrscht. Entweder wird gar nicht berichtet oder es wird stigmatisiert. (Alles Nazis). Also auch der Pfarrer Jürgen Fliege, Didi Hallervorden, Ulrike Guérot, BSW, Büso, auch Linke, u.v.m.
    Was die Friedensbewegungen angeht, hat diese Berichterstattung tatsächlich Versöhnung gebracht. Versöhnung zwischen Friedensbewegten quer durch alle politischen Lager.

  • owy
    April 20, 2025

    Guten Tag, die Hahlen kann ich so nicht nachvollziehen, ich will aber darauf hinweisen: Es ist eine Fehleinschätzung zu glauben, die Verteilung von Parteizuhörigkeit in den Gremien und die Arbeiten der Redaktionen stünden in unmittelbarem Zusammenhang.

    Die Gremien dürfen sich nur nachrangig mit dem Programm befassen. Die Redaktionen arbeiten unabhängig und auf Basis von Programm-Grundsätzen.

    Sie können sich beim Gremium beschweren, wenn sie der Meinung sind, dass Programm sei einseitig und unausgewogen; sie müssen dann aber das gesamte Programm berücksichtigen und nicht nur auf ein Bauchgefühl vertrauen.

    Dazu kommt: Medien, auch der ÖRR, haben immer auch den Auftrag, Einordnungen vorzunehmen. Wenn jemand Sch*** labert, muss das auch gesagt werden können.

    Und: Wenn der ÖRR zB über einen gesellschaftlichen Vorgang berichtet und erwähnt, jemand habe den Vorwurf „Nazi“ verwendet, dokumentiert er im Zweifel den Vorwurf und die darüber laufende gesellschaftliche Diskussion. Nennt ein Kommentator jemanden Rechtsextrem oder Nazi, ist das ein Kommentar - und nicht zwingend die Meinung des ganzen Medienhauses.

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