Michael Radomski: “UKW und DAB+ werden verschwinden”

Die Funklösungsanbieter UPLINK Network GmbH aus Düsseldorf (UPLINK Gruppe) und Divicon Media Holding GmbH aus Leipzig haben Ende Februar ihre Fusion bekannt gegeben.

Die beiden Unternehmen sind führend im deutschen Sendebetrieb für UKW und DAB+.

"Die zukünftig unter der Marke UPLINK zusammengefassten Aktivitäten in den Bereichen Rundfunkbetrieb, Funktechnik und Audio-Services sollen in 2024 an den Standorten Düsseldorf, Berlin, Frankfurt und Leipzig mit 85 Mitarbeitern zusammen über 55 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Gemeinsam werden an mehr als 700 Standorten über 1.200 UKW-Sender, 9 DAB+ Multiplexe mit insgesamt 70 DAB+-Sendern und diverse andere Funklösungen wie Private 5G, LoRaWan sowie ein eigenes Rechenzentrum am deutschen Internetknoten in Frankfurt betrieben"

hieß es in der Pressemitteilung mit dem Titel: "Rundfunkbetreiber UPLINK und DIVICON fusionieren".

Im FLURFUNK-Interview beantwortet UPLINK-Geschäftsführer Michael Radomski Fragen zu der Fusion.

"Reaktion auf die Herausforderungen der Branche"

FLURFUNK: Was ist der Hintergrund der Fusion von Divicon und Uplink?
Michael Radomski: Die Konsolidierung der beiden Unternehmen ist eine Reaktion auf die absehbaren mittel- und langfristigen Herausforderungen der Radiobranche, die nicht nur die Programmveranstalter, sondern auch die technischen Dienstleister stark betreffen werden. Langfristig wird die terrestrische Radionutzung (also UKW und DAB+ gleichermaßen) durch Online-Dienste verdrängt werden – die Frage ist gar nicht ob oder wie stark, sondern nur wann.
Im Rahmen des Zusammenschlusses gibt es weitreichende Synergien, die – und das ist für uns als Dienstleister der wichtigste Punkt – keine negativen Auswirkungen auf unsere Produkte, die Kunden oder den Markt haben werden. Das Zusammenführen der beiden Unternehmen in einem sehr komplexen und engen Markt wird es sogar ermöglichen, Leistungen im Sinne unserer Kunden zu optimieren und effizienter zu gestalten.
Bei gleichbleibender bzw. steigender Qualität wollen wir auch langfristig die Kosten für den Sendernetzbetrieb konstant halten oder senken. Ca. 70 Prozent unserer Rechnungsstellung im Sendernetzbetrieb sind Vorleistungskosten. Davon liegt der größte Anteil bei der DFMG – Deutsche Funkturm GmbH sowie den verschiedenen Eigentümern der von uns gemieteten Antenneninfrastruktur. Die Marktpreisgestaltung wird dadurch im wesentlichen durch Dritte vorgenommen, darunter auch durch automatische, jährliche Preiserhöhungen. Diesen kommerziellen Herausforderungen wollen wir zukünftig besondere Aufmerksamkeit widmen.

FLURFUNK: Fusion klingt gut, aber ist es nicht eher eine Übernahme?

Radomski: Wir haben zu den Rahmenbedingungen des Zusammengehens von UPLINK und DIVICON zwischen allen Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Fakt ist aber, dass die beiden Unternehmen unter dem Dach der UPLINK Gruppe verschmelzen werden. Gesellschaftsrechtlich bleibt in der UPLINK auch alles beim Alten, es gibt praktisch keine Veränderungen bei den Anteilseignern. Dahinter führen wir das Beste aus den beiden Firmenwelten zusammen.

FLURFUNK: Welche Auswirkungen hat der Zusammenschluss auf den Markt?

Radomski: Praktisch erstmal keine. Es ändern sich an wenigen Stellen die Ansprechpartner. UPLINK war auch schon vor der Fusion der wichtigste Partner für die Radioverbreitung in Deutschland mit einer extrem hohen Kundenzufriedenheit und Produktqualität. Das können wir nun sogar noch ausbauen.

FLURFUNK: In der Pressemitteilung heißt es, die Konsolidierung sei auch eine "Reaktion auf die absehbaren Herausforderungen der Radiobranche“. Was genau ist damit gemeint? Ist UKW am Ende bzw. wie lange gibt es UKW noch?

Radomski: Langfristig wird die terrestrische Verbreitung von Radio (das gilt für UKW wie für DAB+) in der Masse durch die rückkanalfähige und damit für den Werbemarkt und den Hörer wesentlich attraktivere Online-Verbreitung abgelöst werden. Das wird in der Masse aber sicherlich noch mindestens 10 bis 15 Jahre dauern.
Das Problem ist ja eher, dass die parallele Verbreitung von UKW und DAB+ (der sog. Simulcast) erhöhte Verbreitungskosten verursacht, ohne dass deutlich mehr Menschen erreicht werden. Gleichzeitig steigen die Hörer aber auch nicht von UKW auf DAB+ um, weil DAB+ keinen echten Mehrwert bietet. Die alte Idee, politisch UKW abzuschalten um den Hörer zum Wechsel auf DAB+ zu zwingen, ist mittlerweile aber auch verworfen. Das ist nicht durchsetzbar und würde auch zu einem Technologiesprung führen - die Hörer würden von UKW direkt zu Streaming wechseln.
Unter diesem Dilemma leiden vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender. Viele private Radioveranstalter suchen sich in dieser Situation unternehmerisch den besten Weg. Entweder bleiben sie in ihren Kernmärkten in UKW und gehen nur dort in DAB+, wo sie neue Marktanteile gewinnen können. Oder sie optimieren die Reichweite ihrer Werbung über beide Wege so, dass die zusätzlichen Werbeerträge die doppelten Verbreitungskosten rechtfertigen. Probleme haben hier nur diejenigen, die eine "DAB+ only" Strategie gefahren sind in der Annahme, dass UKW früher oder später abgeschaltet wird. Diese Wette geht nicht auf, weil die Masse der Hörer noch sehr lange UKW nutzen will.

FLURFUNK: Welche weitergehenden Veränderungen für den Radiomarkt erwarten Sie noch?

Radomski: Nie wieder wird es eine so hohe Audionutzung wie bei UKW geben. Wenn die heutige Verbreitung nicht durch eine politische Reduzierung von UKW-Frequenzen künstlich beeinflusst wird, dürften die letzten UKW-Frequenzen erst in den 40er Jahren unwirtschaftlich werden. Das alte, analoge UKW-Radio ist schon eine spannende Technologie, die viele unterschätzt haben. DAB+ oder der potentielle Nachfolger 5G Broadcast werden tatsächlich auch nur noch eine reine Versorgungsrolle spielen, die Hauptnutzung und der kommerzielle Schwerpunkt werden im Online-Audio liegen.
An dieser Stelle sehen wir allerdings dann aber auch große Potentiale. Durch die günstige Realisierung von Audio-Streams, die umfassenden Informationen über den einzelnen Nutzer und seinen Interessen sowie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird es nutzerindividuelle Programme mit persönlicher Ansprache und besonders gezielter Werbung geben. Das wird die Attraktivität von Radio für die Veranstalter und die Hörer zukünftig sogar noch stärken. Allerdings glauben wir auch, dass sich hier mittelfristig die bekannten Marken, also die öffentlich-rechtlichen Sender und starken nationalen Brands etablieren werden, da die Hörer ihr Nutzungsverhalten aus der Terrestrik in die Online-Welt mitnehmen.

FLURFUNK: Wie sind Ihre langfristigen Perspektiven für den Radiomarkt und wie gehen Sie damit um?

Radomski: Die UPLINK Gruppe hat neben der Fusion mit der Divicon und einer langfristigen UKW und DAB+ Strategie bereits Anfang 2023 durch die Zusammenführung der Unternehmen Nacamar und RauteMusic den größten deutschen Streaminganbieter gebildet. Über dieses Tochterunternehmen UPLINK Digital investieren wir stark in Zukunftsthemen des Radios, u.a. auch in Künstliche Intelligenz oder Internet-Architektur.
Darüberhinaus betreiben wir mit unserer Tochter UPLINK IoT ein bundesweites, flächendeckendes Schmalbandnetz im 868MHz Bereich, über das wir unterschiedlichste Sensordaten per Funk auslesen. Weitere Aktivitäten haben wir im Bereich privater 5G Netze und Bodenlösungen für Satellitenübertragung, hier insbesondere bei dem Produkt Starlink. Unser Produktportfolio umfasst unabhängig vom Kerngeschäft Radiobetrieb die bundesweite Verantwortung besonders ausfallsicherer Telekommunikationsanlagen mit sehr hoher Verfügbarkeit und extrem schneller Wiederherstellung im Havariefall.

FLURFUNK: Vielen Dank für das Interview!

 

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1 Kommentar
  • Müller Reiner
    März 29, 2024

    Wenn Herr Radomski mit seinen kühnen Prognosen nur einmal in den letzten 10 Jahren Recht gehabt hätte, könnte man seiner neuen 10-15 Jahres-Prognose (!) etwas Realitätsnähe abgewinnen.
    Seine „Prognose“ fußen nur auf eigenem Wunschdenken, womit er offensichtlich seine betriebsinternen „Versprechen“ an seine Gesellschafter rechtfertigen möchte.
    Er kann seine „Wünsche/Träume“ nämlich nicht mit Marktdaten belegen.

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