Heute tagt der MDR-Rundfunkrat zum 216. Mal. Das besondere der Sitzung: Es ist die letzte von Intendantin Karola Wille. Wir sind wieder mit live dabei und tickern hier wichtige Ergebnisse mit.
Die Tagesordnung findet sich hier.
Im Moment läuft noch der nicht-öffentliche Teil, dabei geht es laut Tagesordnung "Antrag auf Zustimmung der Fortsetzung der Auftragsproduktion 'Die Feste mit Florian Silbereisen'". Die Tatsache, dass die Gäste (insgesamt vier) noch draußen warten müssen, lassen die Spekulation zu, dass breiter diskutiert wird...
10:33 Uhr: Okay, der nicht-öffentliche Teil dauert offenkundig länger, wir Gäste sitzen immer noch draußen.
Bericht des Rundfunkratvorsitzenden
So, nun sind wir endlich drin - mit einer Stunde Verspätung. Der "Einzug" der Gäste erfolgt fliegend, d.h. im Moment läuft schon Top 3, Bestätigung des Protokolls.
Das ist betätigt, nun folgt der Bericht des Rundfunkratsvorsitzenden.
Der Vorsitzende Dietrich Bauer berichtet. Er geht als erstes ein auf den "Rundfunkratsbrief", der auf der Seite Informationsqualitaet erschienen ist.
Bauer distanziert sich deutlich von der Seite und dem Medium und verweist - Danke dafür! - auf meinen Beitrag im FLURFUNK (vgl. FLURFUNK vom 3.10.2023: "Steile Thesen: Über eine “Studie” zur Ost-Berichterstattung von ARD, ZDF und Deutschlandfunk").
Es gab ein Treffen mit dem Freienrat, ein Termin mit dem Personalrat ist in Vorbereitung.
Die Rechnungshöfe prüfen die Leistungen an außertariflich Beschäftigte - den Rundfunkrat hat dazu ein Fragebogen erreicht, der allen Mitgliedern zur Verfügung gestellt wird.
Die Satzung des MDR-Rundfunkrat könnte im März 2024 im Gremium abgestimmt werden.
Nun berichtet Gabriele Schade, die stellvertretende Vorsitzende, über die 3. Public Value Konferenz des MDR, die im September Woche in Leipzig stattgefunden hat.
Ich gebe hier nicht alles wieder, nur Stichpunkte: Es gab verschiedene Gremiensitzungen statt, von denen sie berichtet. Die Vernetzung von ARD und ZDF-Mediathek schreitet voran (stand wohl in der Bild-Zeitung).
Nun geht es um das Herbsttreffen der Medienfrauen des MDR am 29. und 30.9., die Verwaltungsratsvorsitzende Birgit Diezel berichtet. Es war das 45. Herbsttreffen der Medienfrauen - über 300 Frauen waren anwesend. Auch hochkarätige Gremienvertreterinnen waren anwesend.
"Es war eine sehr gelungene Veranstaltung", sagt Diezel gerade - es gab eine Reihe von Resolutionen.
Bericht der Intendantin
Es folgt der Bericht der Intendantin Karola Wille: Es geht um den 4. Medienstaatsvertrag, der in Thüringen und Sachsen verabschiedet worden ist.
Es geht um zwei Themen im Medienstaatsvertrag: Mehr Transparenz und mehr Kontrolle. Genauer: Es geht um den Ausbau der Compliance-Regeln und das Berichtswesen. Wille betont, dass diese Regelungen beim MDR schon umgesetzt sind und nun auch für die übrigen ARD-Anstalten sowie dem ZDF und dem Deutschlandradio gelten sollen.
Im Staatsvertrag ist auch die Verpflichtung zu größtmöglicher Transparenz zu finden, etwas was die Gehälter und Bezüge von Intendantinnen und Intendanten betrifft. Beim MDR sind diese Dinge schon umgesetzt und auf den ARD-Transparenz-Seiten veröffentlicht.
Die Gremienaufsicht soll verstärkt werden. Das betrifft zum Beispiel die Qualifikation der Verwaltungsratsmitglieder. Auch hier muss der MDR nicht nachbessern, das ist schon umgesetzt.
Auch werden die Rundfunkratsmitglieder zu Fortbildungen verpflichtet.
Zum KEF-Verfahren gibt es noch nichts neues, berichtet Wille. Es wird auf Gesetzgeberseite auch über die Veränderung des KEF-Systems diskutiert und Anreize für die Häuser, mehr zu sparen.
Wille spricht nun kurz zum Zukunftsrat - aber auch hier gibt es noch nichts zu berichten.
Vor dem Hintergrund, dass seit der vergangenen Sitzung nicht viel Zeit vergangen ist, gibt es heute nicht so viel zu berichten.
Auch Wille geht auf die Debatte ein, ob der MDR genug über Ost-Themen berichtet.
Konkret gab es Kritik an der Nutzung der Rubrik "Mittendrin" in den Tagesthemen: 2024 gab es dort 24 Beiträge des MDR, die zweitmeiste Nutzung der Rubrik.
"In 2023 sind wir - in der Tat - derzeit bei 13 Beiträgen", sagt Wille, aber das Jahr sei auch noch nicht rum. Außerdem gäbe es auch jede Menge anderer Beiträge des MDR im bundesweiten Programm, so Wille.
Nun spricht Wille noch über die Public-Value-Konferenz, die auf den Seiten des MDR nachzuschauen ist (mdr.de/unternehmen/informationen/gemeinwohl/index.html).
Sehr beunruhigend seien die Berichte über die Medienfreiheit in Osteuropa, sagt Wille. Sollte ein europäisches Medienfreiheits-Gesetz kommen, dürften die in Deutschland geltenden Standards nicht unterboten werden.
Nun spricht Wille über die Mediennutzung: Die lineare Mediennutzung im Bewegtbild geht weiter zurück - die Menschen nutzen immer mehr nicht-lineare Medien. Das sei eine riesige Herausforderung für das Haus, die Menschen in ihren unterschiedlichen Kommunikationssituationen zu erreichen, so Wille.
MDR gründet Redaktionsvollversammlung
Es gibt demnächst eine neue "Dienstanweisung zur Lösung von Programmkonflikten und zur Wahrung der inneren Pressefreiheit", die die Geschäftsleitung verabschiedet hat und die die bisherige Regelung modernisiert, sagt Wille.
Aus dem Beitrat der Intendantin, der noch in der vergangenen Sitzung seinen Bericht vorgestellt hatte, wird eine Redaktionsvollversammlung. Dort wird ein Redaktionsrat gewählt, es wird auch einen Schlichtungsausschuss geben.
Die Redaktionsvertretung soll künftig auch intensiver einbezogen werden in Beratungsprozesse, die ARD-weite Entwicklungen betrifft.
Die Wahl zum Gremium soll schon im Oktober/November erfolgen.
Wille erwähnt das Leizpiger Dok-Festival und berichtet ebenfalls über das Herbsttreffen der Medienfrauen. Hier ein ausführlicher Bericht auf den Seiten des MDR.
Wie gesagt, ich gebe hier nicht alles wieder, was gesprochen wird, sondern nur Schlaglichter, die ich für wichtig halte.
Es gibt Nachfragen zum Bericht der Intendantin:
Zum Beispiel zu den Sportrechten, die gerade erworben worden sind. Da wünscht sich ein Rundfunkratsmitglied, dass das Thema nochmal gesondert auf die Tagesordnung kommt.
Eine Nachfrage zur Redaktionsvertretung: Gibt es da ein Statut?
Der Rundfunkrat fragt auch, ob es auch im MDR-Sendegebiet Konflikte mit den Zeitungsverlegern gibt, wie es beim SWR der Fall ist.
Antworten von Wille: Nein, ein Statut gibt es so nicht, das ist im Gesetz nicht vorgesehen.
Und ja, auch im Sendegebiet des MDR gab es Diskussionen mit dem BDZV darüber, ob der MDR gegen die Regelungen verstößt. Auch hier fand man nicht zu einer einheitlichen juristischen Auffassung.
Weiter in der Tagesordnung: Es berichtet die Verwaltungsratsvorsitzende über die jüngste Sitzung des Gremiums.
MDR verfehlt Ergebnis-Ziel
Der Verwaltungsrat hat die Intendantin für das Geschäftsjahr 2022 entlastet.
Sie spricht zur Kontrolle des Wirtschaftsplans 2023 des MDR, die turnusgemäß erfolgt: "Es ist leider zu vermerken, dass das Ergebnis einer Verschlechterung führt", sagt Diezel.
Als Gründe nennt sie den Inflationsausgleich und vor allem die Tarifabschlüsse. Die Entnahme wird aus den Rücklagen erfolgen.
Auch der KiKA ist geprüft worden, dazu gab es einen Austausch mit dem Rechnungshöfen, die Kritik geäußert haben. Sie vertreten die Meinung, dass der KiKA mehr Eigenproduktionen nutzen sollte und weniger Zukäufe. Die betrauenden Sender MDR und ZDF sehen das anders.
Auch die MDR-Beteiligungen sind geprüft worden. Auch hier haben die Tarifabschlüsse Einfluss auf die Ergebnisse. Man rechnet mit einem Überschuss von 5,4 Mio. Euro (geplant waren 6 Mio.).
Berichte der Ausschüsse
Auch hier gebe ich nicht alles wieder, sondern allenfalls nur Stichpunkte. Die Landesgruppen haben den Wirtschaftsplan 2024 diskutiert, 11,5 Mio. Euro müssen eingespart werden. Das hat auch Auswirkungen auf die Landesfunkhäuser, die ebenfalls sparen müssen.
Kritisch wurde zum Beispiel in der Landesgruppe Sachsen angemerkt, dass es keine Gesamtübersicht (das blaue Buch) gab, inzwischen sei es aber wohl verschickt worden.
Es gab außerdem wohl eine Kritik von der Handwerkskammer an der MDR-Handwerkswoche.
Die Landesgruppe Thüringen bedauert den Abschied von Boris Lochthofen (vgl. FLURFUNK vom 28.9.2023: "Boris Lochthofen verlässt den MDR"), man würde ihn wohl gern behalten.
Der Programmausschuss in Halle hat sich vorgenommen, die Präsentation des Themas "Kultur" im Mittagsmagazin zu monitoren, nachdem es darüber Diskussionen gab.
Der Programmausschuss Leipzig will ein Papier erarbeiten, wie sich Gremienmitglieder die Sportberichterstattung in Zukunft vorstellen könnten.
Die "AG zur Stärkung der regional Produzierende" tagt demnächst wieder und arbeitet an einem Maßnahmepaket. Die Thematik könnte möglicherweise am 4.12. in der Rundfunkratssitzung besprochen werden.
Der Programmausschuss wünscht sich außerdem eine Gesamtstrategie für die mögliche Streichungen in den Programmen, die man dann diskutieren kann.
Telemedienkonzept ARD-Kultur genehmigt
Transparenzhinweis: Die beiden folgenden Tagesordnungspunkte betreffen mich persönlich: Ich habe am 3-Stufen-Test zu ARD-Kultur mitgearbeitet, genauer am Gutachten über die Auswirkungen auf den Medienmarkt (Top 8).
Außerdem bin ich einer der drei Sachverständigen, die im Auftrag der ARD-GVK die Qualitätsrichtlinie und den Qualitätsleitfaden entwickelt haben (Top 9).
Nun geht es um die "Entscheidung des Rundfunkrates gemäß § 32 Abs. 6 MStV zum Telemedienkonzept ARD Kultur", den sogenannten 3-Stufen-Test.
Die Entscheidungsbegründung umfasst 77 Seiten. Man hat festgestellt: ARD Kultur schließt eine Marktlücke. Vorausgesetzt, dass sich das Angebot auf der Metaebene mit dem Thema beschäftigt und nicht selbst überwiegend Kulturbeiträge produziert.
Die Prüfung hat ergeben, so der Vorsitzende des Telemedien-Ausschuss: Das Angebot erfüllt die gesetzlichen Aufgaben und entspricht dem öffentlich-rechtlichen Auftrag.
Nun wird der Beschlussvorschlag vom Vorsitzenden vorgelesen und zur Abstimmung gestellt. Die Auszählung ergibt: Das Telemedienkonzept ist mit 34-Ja-Stimmen bei einer Nein-Stimme genehmigt.
Entwicklung der Qualitätsrichtlinie
Die Richtlinie liegt nun in zweiter, gründlicher Überarbeitung vor. Das Gremienbüro hat eine erste Bewertung vorgenommen und festgestellt, dass die Anmerkungen des MDR-Rundfunkrats umgesetzt wurden.
Der Vorsitzende Bauer merkt noch an: Der im neuen Entwurf erwähnte ARD-Kompass soll mit einem dritten Entwurf noch konkretisiert werden. Der Qualitätsleitfaden soll bald noch übermittelt werden, auch hieran wird noch gearbeitet.
Es gab ein Treffen der am Thema interessierten Gremienmitglieder, das als sehr gut beschrieben wird. Dort ist man zu dem Schluss gekommen, dass die Papiere aus Sicht des Publikums verfasst sein sollten. Außerdem hat man angeregt, dass es ein Glossar geben soll.
Es gibt aber noch weiteren Diskussionsbedarf, zum Beispiel sollen Hörfunk und Regionalität noch ergänzt werden. Außerdem hat eine Enthierarchisierung stattgefunden: Nicht die GVK bestimmt, sondern die Rundfunkräte selbst.
Am 17.10. findet ein Treffen mit dem ZDF statt, um eine Abgleichung der Richtlinien zu diskutieren, was ebenfalls Teil der Forderungen war.
Zusammenarbeit mit Osteuropa
Nun folgt Top 10: "Information über Programmaktivitäten und Zusammenarbeit des MDR mit Rundfunkanstalten in Mittel- und Osteuropa".
Zunächst berichtet Intendantin Karola Wille darüber, was aus den Kooperationsvereinbarungen der vergangenen Jahre entstanden ist.
Jetzt berichtet Sandro Viroli, Funkhausdirektor aus Sachsen, der das Thema federführend in der Geschäftsleitung betreut. Seit 10 bzw. 11 Jahren bemüht sich der MDR um eine Zusammenarbeit mit den Anstalten aus Mittel- und Ost-Europa, konkret: Tschechien und Polen.
Zwei Dutzend Journalistinnen und Journalisten sind in das Thema involviert, Viroli zählt gerade eine Reihe von Redaktionen und Namen auf. Er dankt ausdrücklich Intendantin Karola Wille, dass sie sich für das Thema eingesetzt hat.
Nun läuft ein Film, der die Zusammenarbeit dokumentiert.
Im Film wird deutlich: Aktuell gibt es wohl Verhandlungen über die Gründung eines Deutsch-Tschechischen Studios - analog zum Deutsch-Polnischen Studio in Görlitz.
Viroli berichtet nun noch über die Zusammenarbeit mit dem polnischen Öffentlich-Rechtlichen, die in den vergangenen Jahren zunehmend schwierig geworden sein: "Deutschland ist in Polen out", sagt Viroli.
Er habe in seinen acht Jahren Osteuropa-Kooperation sechs Intendantenwechsel beim polnischen Öffentlich-Rechtlichen erlebt, berichtet er. Am polnischen Rundfunk könne man sehen, was Staatsfunk bedeutet, auch wenn man sich das Deckmäntelchen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gebe. Trotzdem will man an der Kooperation festhalten.
Nun gibt es eine Nachfrage-Runde: Die Rundfunkräte finden viele lobende Worte für die Initiative an sich und die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit. Sie ermutigen den MDR, die Arbeit fortzusetzen.
Ein weiterer Rundfunkrat spricht: Es wäre toll, wenn es gelänge, ein zweites ARTE in Richtung Ost-Europa zu entwickeln.
So, zum Thema gibt es noch einen Beschlussvorschlag, dass der Rundfunkrat die Zusammenarbeit weiterhin unterstützt.
Top 11: Anfragen und Meinungen
Ein Rundfunkrat spricht einen Angriff auf ein Journalisten-Team an, dass in Berlin bei einer Demo zum Krieg in Israel erfolgt ist. Er wünscht sich eine Erklärung des Gremiums zum Thema.
Er kritisiert außerdem gerade sehr heftig die Nachrichten des MDR (und auch der ARD) zum Konflikt in Israel. Er habe sich für MDR und ARD und die Darstellung des Themas geschämt, andere Medien hätten den Konflikt sehr viel klarer dargestellt.
Eine Info: Christoph Buschow wird Ende des Monats aus dem MDR-Rundfunkrat ausscheiden, er wechselt aus beruflichen Gründen nach Hamburg (dazu zeitnah mehr im FLURFUNK).
Die nächste Sitzung findet am 4.12.2023 statt.
So, die Sitzung neigt sich dem Ende... aber im Anschluss kommt noch ein wichtiger Punkt: Die Verabschiedung von Karola Wille. Die findet unten im Foyer des Gebäudes statt. Dazu lädt der Vorsitzende Dietrich Bauer jetzt ein.
Die Sitzung ist beendet, danke für das Mitlesen. Wie gehabt: Ich freue mich über Hinweise, sollte ich etwas falsch verstanden haben.
Oktober 9, 2023
über die Streichungen im Hörfunk wurde irgendwie jetzt gar kein Wort verloren?!
Oktober 9, 2023
Nein, bis jetzt nicht.