LVZ: Vorwürfe von Leipzig Leben wegen Tauschschrank-Recherche

Screenshot eines Leipzig-Leben-Postings bei Instagram.

Heftige Vorwürfe gegen die Leipziger Volkszeitung: Adelina Horn, die das Online-Magazin Leipzig-Leben.de betreibt, wirft der LVZ vor, bei ihrer Recherche für eine Übersichtskarte mit Tauschschränken in Leipzig abgekupfert zu haben.

Die LVZ spricht von einer zufälligen Überschneidung, hat die eigene Karte aber inzwischen entfernt und sich entschuldigt.

Nahezu identische Karten

Anfang Februar veröffentlicht Horn in ihrem Online-Magazin eine Übersichtskarte mit Tauschschränken in Leipzig.

Die Standorte hat sie auch mit Unterstützung der eigenen Community recherchiert: Knapp 100 Hinweise gehen über ihren Aufruf bei Instagram ein. 25 Spots identifiziert sie über die Hinweise, die sie aber erst noch gegenprüfen will.

Also zieht sie am ersten Februar-Wochenende los: "Mit meinem Partner und seiner Tochter und fünf Kisten aussortierter Dinge bestückt, machten wir uns auf die Suche. Die ersten angefahrenen Spots verließen wir erfolglos. Die Angaben waren zu unpräzise. Trotz großflächiger Suche konnten wir viele Schränke nicht finden", erzählt sie. "Wir waren von Vormittags bis in die Dunkelheit auf Tour und haben in dieser ersten Runde nicht alle Stationen geschafft. Immerhin 16 Stationen konnte ich bestätigen – ein toller Erfolg und ein guter Start für meine Liste!"

Drei zusätzliche Spots in Stötteritz

Auf einem Schrank ist eine Webseite markiert, die drei weitere Schränke in Stötteritz verrät. Horn nimmt Kontakt auf und bekommt die Auskunft, dass die drei weiteren Schränke ebenfalls noch in Betrieb sind; die persönliche Überprüfung kommt auf ihre To-Do-Liste.

Den darauffolgenden Montag verbringt sie damit, einen Artikel mit Bildern und Google-Karte zu erstellen, den sie am Dienstag (7.2.) um 7 Uhr morgens via Facebook und Instagram verbreitet. Hier der Beitrag samt Karte in ihrem Magazin - inzwischen ist die Liste auf 32 Spots angewachsen.

Der Beitrag geht viral, erzählt sie: "Die Reaktionen waren überwältigend. Auf Instagram erhielt der Post mit der Datensammlung 1339 Likes, wurde 61 mal kommentiert und 464 mal abgespeichert. Damit gehört er zu den TOP 5 der erfolgreichsten Posts meines seit vielen Jahren geführten Accounts!"

Unter den Personen, die ein Like vergeben: LVZ-Chefredakteurin Hannah Suppa.

Überraschung nach dem Winterurlaub

Dann begibt sich Horn in den Winterurlaub. Als sie zurückkommt, glaubt sie ihren Augen nicht: Die LVZ hat eine Karte mit Tauschschränken veröffentlicht. Darauf zu finden: 19 Tauschschränke - die 16, die Horn für ihre Karte eigenhändig recherchiert und identifiziert hat plus die drei Stötteritzer Spots, die auf der Webseite angegeben sind. Die Texte variieren zwar zu denen von Horn; Adressangaben und weitere Infos sind aber identisch.

Zitat Horn: "Selbst die 'Verschenke-Kiste', ein Laden auf der Eisenbahnstraße hat es ins Listing geschafft, obwohl selbst ich zuvor sehr damit haderte, da es sich natürlich nicht um einen Schrank handelt."

Das ist aber nur ein Beispiel, dass Horn sicher sein lässt, dass die LVZ bei ihr kopiert hat.

Denn Spots wie den an der Demmering-Straße, die insgesamt zwei Kilometer lang ist und angeblich zwei Schränke vorweisen kann, kann man laut Horn nur finden, wenn man wirklich dort vorbeigefahren ist. Laut Horn sind die Angaben, die im Netz bzw. ihren Community-Hinweisen dazu zu finden sind, zu ungenau.

Erste Antwort: "Zufall"

Also sucht Horn den persönlichen Kontakt. Im Gespräch mit dem stellvertretenden Chefredakteur erfährt sie: Die LVZ habe eine eigene Recherche gestartet, es handle sich um einen Zufall. Das Angebot, mit ihrer Seite verlinkt zu werden, lehnt sie ab - vielmehr fordert sie ein Recherche-Honorar oder eine Löschung des Artikels.

Also macht sie den Vorgang in ihren Kanälen publik und mobilisiert erneut die Community - die das Vorgehen der LVZ heftig kritisiert.

Am frühen Nachmittag dann nimmt die LVZ die Geschichte vom Netz. Begleitet von dem Hinweis, diese habe "in Teilen nicht den journalistischen Standards" entsprochen, die man an die eigene Berichterstattung habe - und einer Entschuldigung für die Unannehmlichkeiten.

Statement der LVZ-Chefredakteurin

Von FLURFUNK um eine Stellungnahme gebeten, antwortet LVZ-Chefredakteurin Hannah Suppa:

"Die LVZ beschäftigt sich seit Monaten journalistisch mit dem Thema Tausch-Schränke in Leipzig - unter anderem war beispielsweise der Tausch-Schrank und dessen Vermüllung im Lene-Voigt-Park immer wieder Thema, aber auch die zahlreichen Initiativen in den Stadtteilen zum Aufstellen neuer Schränke. Eine Übersicht der Tausch-Schränke in der Stadt sollte diese journalistische Berichterstattung serviceseitig ergänzen. Das Stück orientierte sich jedoch in der Aufbereitung und Übersicht der Tausch-Standorte in Teilen zu stark am Leipziger Blog 'Leipzig leben' - was die Autorin zu Recht kritisiert. Daher haben wir das Stück wieder offline genommen, weil es nicht unseren journalistischen Standards entspricht. Gleichwohl werden wir weiter über das Thema Tausch-Schränke berichten. Wir haben uns bei der Autorin entschuldigt. Wir schätzen die Arbeit anderer Medien in der Stadt."

 

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