Der Freistaat Sachsen wird in der Bundesratssitzung am 8.7.2022 eine Initiative zum Erhalt der Pressefreiheit einbringen. Das hat das sächsische Kabinett heute beschlossen. Konkret geht es um die Unterstützungen von Zeitungen.
Die Initiative erfolgt zusammen mit dem Land Niedersachsen.
In der Pressemitteilung ist Sachsens Chef der Staatskanzlei und gleichzeitig Medienminister Oliver Schenk zitiert:
"Presseerzeugnisse geraten durch Kostensteigerungen zunehmend unter wirtschaftlichen Druck, den sie nicht mehr allein abfedern können. Mit der Bundesratsinitiative wollen wir dieser Situation entgegenwirken und den für unsere Demokratie so wichtigen Prozess der öffentlichen Meinungsbildung durch Stützung der Medienvielfalt auch weiterhin gewährleisten."
Nachrichtenwüsten drohen vor allem in Ostdeutschland
Ziel der Initiative ist, die Zeitungen zu unterstützen, die gerade in den ländlichen Räumen wirtschaftlich massiv unter Druck stehen.
Hintergrund sind die seit Jahren sinkenden Abo-Zahlen bei gleichzeitig steigenden Papier-, Energie- und Kraftstoffkosten. Auch der Mindestlohn macht den Verlagen die Verteilung der Zeitungen zunehmend schwer.
Es droht die Unwirtschaftlichkeit der Zustellung und damit das Verschwinden des Mediums - ohne gleichwertigen Ersatz. Allgemein werden in der Branche sogenannte "News-Deserts" befürchtet, also Gebiete komplett ohne lokales Nachrichtenangebot.
Eine Studie in den USA, wo es schon Regionen ohne Lokalzeitung gibt, kam
"2019 zu dem Ergebnis, dass in den 'Nachrichtenwüsten' die Wahlbeteiligung sinke und die lokale Steuerlast steige, weil die Kontrolle durch die vierte Gewalt fehle und der öffentliche Diskurs über politische Entscheidungen dadurch eingeschränkt sei."
(Zitat hier entnommen: FR vom 10.5.2022: "Pressefreiheit in den USA: Wüsten ohne Nachrichten").
Diskussion seit 2019, Widerstand von Online-Medien
Schon seit 2019 wird in Deutschland diskutiert, ob Zeitungen wirtschaftlich unterstützt werden können, ohne die redaktionelle Hoheit zu beeinträchtigen. So wird den Zeitungen in der Kommunikationswissenschaft – gerade im Konzert der lokalen Medien – die zentrale Rolle zugeschrieben.
Ende April 2021 sagte die Bundesregierung die geplante Presseförderung allerdings wieder ab (zum Hintergrund vgl. taz vom 28.4.2021: "Presseförderung wird verschoben: Hilfspaket ade").
Sachsens Medienminister Schenk in der Pressemitteilung von heute:
"Mit der Initiative soll die Bundesregierung aufgefordert werden, schnellstmöglich Maßnahmen zu ergreifen, damit Presseerzeugnisse auch weiterhin in allen Teilen unseres Landes ihre Nutzer erreichen können. Das Förderkonzept muss dabei eine unabhängige journalistische Tätigkeit der Medienhäuser auch zukünftig gewährleisten.«
Die Presseförderung ist auch im Koalitionsvertrag der amtierenden Bundesregierung festgehalten. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte auf einem Zeitungskongress Anfang Juni erklärt, dass Bundeswirtschaftsministerium prüfe entsprechende Fördermöglichkeiten (vgl. Horizont.net vom 1.6.2022: "Wirtschaftsressort prüft Fördermöglichkeiten für Pressezustellung").
Im Freistaat Sachsen wird außerdem - im Rahmen der Diskussion um das Sächsische Privatrundfunkgesetz (vgl. FLURFUNK vom 3.7.2022: "Sächsisches Privatrundfunkgesetz: Koalition streitet über SLM-Struktur") - die massive finanzielle Unterstützung von Lokalfernsehen diskutiert.
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