PM: Erste Studie zur Medienkompetenz in Sachsen erschienen

Pressemitteilung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung vom 8. Oktober 2021

Erste Studie zur Medienkompetenz in Sachsen erschienen: Geringes Wissen über Medien – Desinteresse ist größtes Problem

Rund ein Drittel der Sachsen verfügen nur über ein geringes Wissen über Medien. Das ist der zentrale Befund der von der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung (SLpB) herausgegebenen Studie „Medienkompetenz in Sachsen. Auf dem Weg zur digitalen Gesellschaft“.  https://www.slpb.de/fileadmin/media/Publikationen/Ebooks/Medienkompetenz-in-Sachsen.pdf

Die Studie ist die erste repräsentative Studie zu diesem Thema und analysiert, wie Medien in Sachsen genutzt werden, über welches Wissen und welche Medienkompetenz die sächsische Bevölkerung verfügt und mit welchen Maßnahmen der kompetente Umgang mit Medien gefördert werden kann.“ Es handelt sich um die Ergebnisse einer Untersuchung des Pilotprojektes Medienpädagogisches Zentrum+ (MPZ+), die im Jahre 2020 durchgeführt wurde.

Medienkompetenz ist auch Demokratiekompetenz“, so der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Dr. Roland Löffler. „Denn nur wer Quellen, Akteure und deren Interessen erkennen und kritisch hinterfragen kann, kann selbstbestimmt am demokratischen Diskurs teilnehmen.“

Für die Autoren der Studie, Dr. Benjamin Bigl und Markus Schubert, ist Medienkompetenz eine elementare Schlüsselkompetenz im digitalen Zeitalter, die zunehmend Freizeit, Ausbildung, Beruf und Arbeitsleben betrifft. „Auch im Kontext der jüngsten Wahlergebnisse sind unsere Befunde problematisch“, so Dr. Benjamin Bigl. „Gerade im ländlichen Raum verfügen die Menschen über deutlich geringere Kenntnisse über Medien sowie deren Strukturen, auch digitale Kommunikationsdienste und Tools werden deutlich weniger genutzt als in den urbanen Gebieten.“

Der Studie zufolge sind zwischen 30 und 40 Prozent der sächsischen Bevölkerung grundlegende journalistische Arbeitsweisen und -prinzipien nicht bekannt. Die größten Wissenslücken bestehen bei den Befragten unter 35. „Rund 20 Prozent der jungen Erwachsenen sind davon überzeugt, dass die meisten Medien Eigentum des Staates sind.“, so Bigl.„Fast 40 Prozent der über 65jährigen etwa sind davon überzeugt, dass Medien die Funktion haben, die Meinungsbildung in der Bevölkerung zu lenken.“, so Dr. Benjamin Bigl weiter.

Positiv ist, dass jeder Zweite in Sachsen ein grundsätzliches Interesse an Weiterbildungsangeboten über Medien hat. Für die derzeitig existierenden Angebote lassen sich jedoch nur etwa 15 Prozent begeistern. Dr. Benjamin Bigl: „Es ist enorm wichtig, den individuellen Lebens- und Erfahrungshorizont der Menschen zu berücksichtigen und niedrigschwellig mit den Bürgerinnen und Bürgern über und mit Medien ins Gespräch zu kommen“. Vor allem Senioren benötigen Unterstützung in der Medienwelt, diese haben jedoch das geringste Weiterbildungsinteresse.

Medienabhängigkeit und -sucht sowie Ausgrenzung und Mobbing im Netz erleben vor allem Jugendliche in Sachsen als herausfordernd. Sie fordern deutlich mehr Unterstützung, um Orientierung in der Medienwelt zu bekommen. „Die Ergebnisse sind auch ein Hilferuf der Heranwachsenden, der uns alle zum Handeln auffordert“, so Markus Schubert. Die größte Chance, einen kompetenten Umgang mit (digitalen) Medien zu erreichen, sehen die Sachsen folgerichtig im schulischen Bereich.Zwei Drittel der Sachsen halten die Einführung eines speziellen Schulfachs für relevant oder sehr relevant. „Der Staat steht in der Verantwortung, um die Gesellschaft auf das digitale Zeitalter vorzubereiten.“ resümiert Dr. Benjamin Bigl. „Der Weg hin zur digitalen Gesellschaft erfordert daher ein Neudenken der Daseinsfürsorge des Staates insgesamt. Das betrifft nicht nur die digitale Infrastruktur, sondern insbesondere auch den schulischen Bereich.“

Auch das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK), das die Studie mitfinanzierte, unterstreicht die Bedeutung der Medienbildung und verweist auf Lehrplanänderungen. Mit dem Ziel die Medienkompetenz stärker zu verankern, wurden alle Fachlehrpläne der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen überarbeitet. Die neuen Lehrpläne sind seit dem Schuljahr 2019/2020 Grundlagen für den Unterricht. Zudem ermöglicht das SMK in Zusammenarbeit mit der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) den Schulen fachübergreifend die Durchführung eigener ergänzender Angebote zur Medienbildung. Im außerschulischen Bereich hat das Kultusministerium 2019 die Landesstrategie „Medienbildung in Sachsen“ (MESA) veröffentlicht. Die SLM flankiert die Maßnahmen des SMK zusätzlich mit zielgruppenorientierten Maßnahmen für Erwachsene.

"Die Studie macht deutlich, dass viele Erwachsene mehr Orientierung und Hintergrund benötigen, um sich in dem täglichen Überangebot an medialen Informationen zurechtzufinden. Die SLM greift dies gezielt und flächendeckend für ganz Sachsen auf. Seit Juli 2021 fördert sie mithilfe unterschiedlicher Träger in 15 regionalen Wirkungskreisen möglichst passgenaue lokale wie regionale Medienkompetenzangebote. Dabei sollen vor allem die Informations- und Nachrichtenkompetenzen gestärkt werden. Die Anregungen aus der Studie sind dabei sehr hilfreich", hebt Eva Brackelmann, Vizepräsidentin des Medienrates der SLM, hervor.

Hintergrund

Die Studie „Medienkompetenz in Sachsen. Auf dem Weg zur digitalen Gesellschaft“ wurde 2020 im Auftrag des Landkreises Nordsachsen im Pilotprojekt MPZ+ in zwei Teilstudien vom Marktforschungsunternehmen CONOSCOPE (Leipzig) durchgeführt. Das MPZ+ wurde bis Ende 2020 als eine Kooperation des Landkreises Nordsachsen, des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus (SMK) sowie der Sächsischen Landesanstalt für Rundfunk und Neue Medien (SLM) betrieben.

Zunächst wurden 50 Teilnehmende in 12 Fokusgruppen qualitativ befragt. Darauf aufbauend wurden sachsenweit 2.500 repräsentative Interviews telefonisch und online zu den Themen Medien- und Gerätenutzung, Internetnutzung und Probleme der Nutzung, Wissens- und Kompetenzfelder, Funktionszuschreibungen, Einstellung zu Journalismus, Weiterbildungsinteresse und -bedarfe durchgeführt.

Die Studie enthält außerdem relevante Zahlen und Fakten sowie eine Beschreibung ausgewählter Projekte guter Praxis und gibt Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Medieninteressierten Anregungen zur Gestaltung von Medienweiterbildungsangeboten an die Hand und ist kostenfrei über die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung erhältlich:
https://shop.slpb.de/pub_online/catalogsearch/result/?q=medienkompetenz

Im Rahmen regionaler Veranstaltungen der SLpB wird die Studie nach aktuellem Stand in den kommenden Wochen an folgenden Orten vorgestellt und öffentlich diskutiert:

  • 04.11.2021 im Torgauer Schloss
  • 18.11.2021 im Steinhaus Bautzen
  • 02.12.2021 in der VHS Leipzig
  • Januar 2022 in Dresden

 

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