Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) hat einen Aufruf an die sächsischen privaten Lokalfernsehveranstalter veröffentlicht, Projektanträge für eine Verbreitung ihrer jeweiligen Programme und eines Gemeinschaftsprogramms über Satellit (Astra) einzureichen.
Für das Projekt, das zunächst auf drei Jahre angelegt ist, stellt die SLM 1 Mio. Euro jährlich in Aussicht. Das Geld soll den Satellitenplatz finanzieren. Vom Projektträger des Gemeinschaftsprogramms wird erwartet, einen Eigenanteil in Höhe von 10 Prozent aufzubringen.
Der Aufruf wurde bereits am 30.6.2021 veröffentlicht. Einreichungen durch "interessierte in Sachsen lizenzierte private Veranstalter" sind bis zum 6.8. erwünscht.
In der Branche wird allerdings erwartet, dass es wohl nur einen Anbieter gibt, der für das Gemeinschaftsprogramm ein Angebot abgibt. Sofern eine Einigung mit den anderen Programmanbietern hergestellt werden kann. Denn die ist zwingend Voraussetzung.
Sollte das klappen, könnten im 1. Quartal 2022 die Programme dann über Astra zu empfangen sein.
Mantelprogramm gefordert
Für die Förderung der Satelliten-Verbreitung stellt die SLM einige Bedingungen:
So soll das via Satellit ausgestrahlte "Gemeinschaftsprogramm" für alle Sachsen relevant sein und die gesamte Vielfalt der sächsischen Lokalfernsehlandschaft abbilden.
Wörtlich heißt es:
"Die SLM erwartet ein abgestimmtes Konzept sächsischer lokaler und regionaler Fernsehveranstalter für die gemeinsame Nutzung einer Satellitenkapazität."
In dem einzureichenden Projektantrag soll dargestellt werden, wie ein Mantelprogramm für ganz Sachsen realisiert werden kann (konkret: eine 15-minütige Nachrichten und Informationssendung von Montag bis Freitag) - also mit Inhalten aus allen Regionen.
Darüber hinaus sind Fensterplätze für einzelne Programme vorzuhalten. Zu Beginn des Projektes müssen mindestens sechs, nach spätestens einem Jahr müssen Programme aus allen acht sächsischen Kulturräumen vertreten sein.
Heißt also: Die Lokalfernsehmacher müssen sich einig sein. Der Hinweis, dass "nicht mehr als fünf Einzelprogramme (Mantel- und Fensterprogramme) (...) einem Unternehmen zuzurechnen sein" dürfen, soll wohl verhindern, dass es zu einer Marktkonzentration oder einem Verdrängungswettbewerb durch Neugründungen kommt.
Hier findet sich der SLM-Aufruf als PDF.
Sachsen-Fernsehen drängt auf Einigung
Aktuell wird erwartet, dass der Veranstalter von Sachsen-Fernsehen mit den drei Programmen in Chemnitz, Leipzig und Dresden ein entsprechendes Angebot für das Mantelprogramm abgeben wird - nach Verständigung mit den anderen lokalen Fernsehbetreibern.
Die ist, wie aus der Branche zu hören ist, aber noch keineswegs sicher. Denn es gibt einige Vorbehalte von verschiedenen Programmanbietern aus dem ländlichen Raum.
So ist die Sorge groß, in Abhängigkeit des ohnehin schon wesentlich finanzstärkeren Sachsen-Fernsehen zu geraten. Auch ist die Sorge groß, die eigenen Werbekunden an den Anbieter des landesweiten Mantels zu verlieren.
Demgegenüber steht das Argument, dass die deutliche Steigerung der möglichen Reichweiten den Werbemarkt ordentlich erweitern könnte.
Anlieferung an Kopfstationen
Hinzu kommt: Die Satellitenverbreitung soll auch zur Signalzuführung an die sogenannten Kopfstationen in Kabelanlagen dienen. "Damit wird die stellenweise sehr aufwändige Zuführung in einigen ländlichen Räumen effektiver", so die Mitteilung der SLM.
Die Anlieferung der Programme an die Kopfstationen in die teils sehr kleinteiligen Kabelnetze kostet die ländlichen Sender aktuell erhebliche Summen an Leitungskosten - die derzeit auch von der SLM gefördert werden.
Die Summen würden dann für den Satellitenplatz verwendet werden.
Satelliten-Programm nur Übergangslösung?
Aus der Ausschreibung geht aber auch hervor, dass man die Satelliten-Verbreitung erst einmal nur als Übergangslösung sieht.
Wörtlich heißt es:
"Jedenfalls für eine Übergangszeit verspricht die direkte Programmverteilung über Satellit die größtmögliche Reichweitensteigerung im Vergleich zu sonstigen Maßnahmen."
Perspektivisch könne der Verbreitungsweg dann durch IP-basierte Verbreitung abgelöst werden, heißt es weiter.
Kritik/Meinung
Die Summe von 1 Mio. an Fördermitteln ist ein klares Bekenntnis zum Medium Lokalfernsehen.
Dabei irritiert allerdings, warum auf lineare Verbreitung der Programme gesetzt wird - das entspricht nicht dem Branchentrend.
Auch irritiert, dass die Förderung für ein Instrument eingesetzt wird, das niemals durch die bestehenden Finanzierungsmodelle der Branche (Werbung und Auftragsarbeiten) gegenfinanziert werden kann.
Hinweis: In unserer aktuellen Podcast-Folge besprechen wir das Projekt kritisch. Hier entlang: "FLURFUNK Podcast 82: Das neue sächsische Privatrundfunkgesetz".
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