Die Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanäle (SAEK) sind ab 30.6.2021 Geschichte. Dann nämlich enden die laufenden Verträge zum Betrieb der insgesamt neun SAEK-Angebote im Freistaat Sachsen.
Die Verträge werden auch nicht verlängert, wie den Betreibern mitgeteilt worden ist.
Die zuständige Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) will ihre Medienkompetenzförderung in Zukunft komplett neu aufstellen.
Man will dann, so zumindest der aktuelle Planungsstand, vor allem auf Förderung bestehender Initiativen und Projektpartnern wie Volkshochschulen und Soziokulturelle Zentren setzen.
Noch im Januar soll eine entsprechende Fördersatzung fertig werden.
Insgesamt neun SAEKs betroffen
Geschlossen werden zum 30.6.2021 die SAEKs in Bautzen, Chemnitz, Dresden, Görlitz, Leipzig, Plauen, Riesa und Zwickau. Das neunte Angebot ist SAEK mobil, das bislang für Schulungen gebucht werden konnte, die mindestens 35 Kilometer von einem der anderen acht Standorte entfernt geplant waren (das Angebot ruht aktuell wegen der Corona-Einschränkungen – s. Korrekturhinweis in den Kommentaren, 1.12.2020, owy).
Die SAEK Förderwerk für Rundfunk und neue Medien gGmbH, die bislang Auftraggeber zum Betrieb der SAEKs ist, trägt schon auf der Webseite den Zusatz "i.L.". Das "i.L." steht für "in Liquidation".
Betrieben wurden die SAEKs von privaten Anbietern und Initiativen, die sich in regelmäßigen Abständen in einem europaweiten Ausschreibungsverfahren beworben hatten.
Kommerzielle Radio-Anbieter wollten nicht mehr
Den Stein ins Rollen gebracht haben die drei großen kommerziellen Radio-Anbieter aus Sachsen, die BCS Broadcast Sachen (Hitradio RTL Sachsen und Stadtradios), Privater Sächsischer Rundfunk GmbH (Regiocast, u.a. R.SA und PSR) sowie die Netzwerk Programmanbietergesellschaft mbH Sachsen & Co. Betriebs KG (Energy Sachsen).
Die hatten im Frühjahr diesen Jahres angekündigt, sich spätestens zum 31.12.2021 aus der SAEK-Förderwerk zurückzuziehen.
In einem gemeinsamen Schreiben an die SLM hatten sie vor allem rückläufige Werbeeinnahmen während der ersten Corona-Phase angeführt, weswegen sie das finanzielle Engagement bei der SAEK Förderwerk beenden wollten. Damit zogen sie den SAEKs sprichwörtlich den Stecker.
Medienkompetenz in Sachsen steht vor Neuanfang
Die Sächsische Medienkompetenzförderung steht damit vor einer kompletten Umgestaltung.
Markus Heinker, Präsident der SLM, führt im Gespräch mit FLURFUNK eine ganze Reihe von Gründen an, das bestehende System so nicht fortzuführen. Der Gesetzgeber setze der SLM enge Grenzen für den Betrieb einer Tochtergesellschaft – die Fortführung der Förderwerk ohne andere Gesellschafter sei schlicht nicht erlaubt. Darüberhinaus nennt er es auch umständlich und finanziell viel zu aufwändig, über die SAEK-Förderwerk die Fördermittel der SLM, jährlich bislang immerhin 1,5 Mio. Euro, zu verteilen. "Die Mittel sollen schließlich bei den Bürgern ankommen", so Heinker.
Heinker stellt darüberhinaus auch die Effektivität des bestehenden Systems in Frage: "Es gibt keine gleichmäßige Versorgung mit Medienkompetenzförderung", stellt er mit Blick auf die Standortverteilung der SAEKs fest.
Eine Studie des Medienkomptenz-Zentrums Plus (vgl. FLURFUNK vom 7.1.2020) zum Bedarf für die Vermittlung von Medienkompetenz habe darüberhinaus ergeben, dass nur 11 Prozent der Befragten Sachsen den SAEK als Ansprechpartner für Medienkompetenzangebote wahrnehmen.
Die Studienergebnisse sind allerdings bislang nicht öffentlich zugänglich.
Gerade in den ländlichen Regionen gebe es erhebliche Defizite. "Eine Reform war unausweichlich", so Heinker.
Inhalte vor Technik
Ein internes Eckpunktepapier der SLM, das FLURFUNK vorliegt, argumentiert in die gleiche Richtung.
Dort ist zu lesen:
"Die damalige Gründung der SAEK-Förderwerk gGmbH hatte ursprünglich auch den Zweck, eine Basis für eine Bündelung von Medienkompetenzaktivitäten von vielen Akteuren zu schaffen. Diese Zielstellung konnte nicht erreicht werden".
Und, quasi als Auftrag für die Zukunft:
"Von der SLM geförderte Angebote sollten nicht Technik und Handwerk des Medienmachens vermitteln, sondern vorrangig dazu dienen, zum reflektierten Umgang mit Medien als wichtiger Quelle für die Grundlage der politischen und gesellschaftlichen Willensbildung zu befähigen. Eine Variante, um dies inhaltlich aufzugreifen, wäre, Angebote/Formate zur Stärkung von Informations- und Nachrichtenkompetenzen in den Vordergrund zu rücken."
Das soll dann, so das Papier, über die gezielte Förderung von Projektpartnern erfolgen, die schon Strukturen vorhalten. Dies könnten Volkshochschulen, Landkreise/Landratsämter, Medienpädagogische Zentren MPZ bzw. MPZ+, Mehrgenerationenhäuser, Soziokulturelle Zentren, Familienzentren und andere medienpädagogisch tätige Einrichtungen.
"Wir wollen das System flexibilisieren, um eine größere Anzahl an Akteuren zu bekommen", so SLM-Präsident Heinker.
Offener Brief fordert Weiterentwicklung
Die SLM verfolgt die Umbaupläne schon länger, jetzt aber erst taucht das Thema in den Medien auf (vgl. LVZ.de vom 24.11.2020: "Medienkompetenz: Alle SAEK-Standorte in Sachsen stehen vor dem Aus"; welt.de vom 24.11.2020: "SAEK-Medienkompetenzzentren vor ungewisser Zukunft").
Grund ist ein offener Brief des Vereins Medienpädagogik e.V. aus Leipzig, den über 100 Institutionen und Privatpersonen unterzeichnet haben - darunter die Landeszentrale für politische Bildung, der Volkshochschulverband und die Jugendpresse Sachsen.
In dem Brief heißt es:
"Mit ihrem bisherigen Engagement für die SAEK trägt die SLM ganz wesentlich zur Medienbildung in allen Regionen Sachsens bei. Die Unterzeichner fordern die Sächsische Landesmedienanstalt dazu auf, die erfolgreichen und etablierten Strukturen der SAEK nicht zu zerschlagen, sondern adäquat weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung sollte auf breiter gesellschaftlicher und politischer Basis diskutiert und unter Einbindung von Expertinnen und Experten im Bereich Medienbildung gestaltet werden."
Der vollständigen Brief ist hier zu lesen (PDF).
Maicher: "Die Pläne sind nicht haltbar"
Auch auf politischer Ebene ist das Thema inzwischen angekommen. Claudia Maicher, medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, hat ihren Widerstand gegen die Pläne der SLM angekündigt.
In einer Pressemitteilung teilt sie mit:
"Ich appelliere eindringlich an den Medienrat, die SAEK nicht blindlinks über die Klippe zu schieben, sondern für eine Übergangsphase zu erhalten und ihre Weiterentwicklung offen mit den Akteurinnen und Akteuren zu diskutieren."
Gleichzeitig hat sie ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie ihre Einschätzungen zum Vorgehen des SLM-Medienrats als treibende Kraft hinter dem Umbau-Prozess wiedergibt. Ihr Positionspapier ist hier nachzulesen.
Maicher ist Mitglied in der Versammlung der SLM - das ist allerdings das Gremium, dass gewöhnlich nur die Vorgehen des Medienrats zur Kenntnis nehmen darf.
November 30, 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
die im Text angeführte Information, dass der SAEK mobil derzeit ruhe, entspricht nicht der Realität. Wir führen nach wie vor medienpädagogische Praxisprojekte, Fortbildungen und Informationsveranstaltungen, in Abhängigkeit der Corona-Beschränkungen in Präsenz oder online durch. Der SAEK mobil bleibt weiterhin und gerade jetzt für alle Einrichtungen, Vereine und Organisationen, für junge und ältere Menschen Ansprech- und Kooperationspartner in Sachen Medienbildung im ländlichen Raum.
Mit besten Grüßen
SAEK mobil