Heute (12.10.2020, 10 Uhr) tagt mal wieder der MDR-Rundfunkrat öffentlich - wie gewohnt habe ich in der Gästereihe Platz genommen, um wichtige Punkte hier festzuhalten.
Soeben wurde die Sitzung von der Vorsitzenden Frau Prof. Gabriele Schade eröffnet, die Tagesordnung findet sich hier.
Witzig: Ausnahmsweise darf heute mal in der Anfangsphase der Sitzung ein Kamera-Team ein paar Aufnahmen machen - das ist von MEDIEN360G - richtig, Kollegen von mir (Transparenzhinweis).
Heute wird es hier kein Minutenprotokoll geben, sondern ich werde nur Schlaglichter wiedergeben.
Top 3: Bericht der Rundfunkratsvorsitzenden
Frau Schade berichtet von verschiedenen Sitzungen der GVK, in denen es u.a. um die Zukunft des KiKA geht. Der gehört zu den Big Five, die die ARD aktuell massiv nach vorn bringen will (dafür haben die fünf auch besondere Mittel bekommen). Die GVK hat dazu mit den Chefinnen von Ki.KA und Tagesschau.de gesessen und sich Bericht erstatten lassen.
Ein weiterer Punkt in der Arbeit des Gremiums die ARD-Mediathek (die wie die Audiothek ebenfalls in die Big5 gehört, fünftes Angebot im Bunde ist sportschau.de), die mehr als der digitale Videorekorder des linearen Programms werden soll. Zielgruppe sind die 30 bis 40-Jährigen, dafür müssen aber grundsätzliche Planung des Programms und auch die Bewerbung (Social-Media) verändert werden.
In Vorbereitung sind außerdem zwei 3-Stufen-Tests, einer für den KiKA, einer für das MDR-Angebot allgemein.
Ein Thema der Gremienvorsitzendenkonferenz, was die Intendanten wohl etwas überrascht hat, war der Zusammenhalt innerhalb der ARD. Es habe dafür verschiedene Anlässe gegeben, das Thema anzusprechen (KEF-Anmeldung, Abwicklung des Instituts für Rundfunktechnik GmbH (IRT)). Der Zusammenhalt wird von dem Gremium angemahnt, dazu gibt es konkrete Hinweise an die Anstalten.
Ein weiteres Thema der GVK: mehr Nachhaltigkeit innerhalb der ARD. Auch dazu führt Frau Schade einiges aus - sie schlägt vor, dass sich auch der MDR-Rundfunkrat mit dem Thema befasst. Im November soll es wohl eine politische Initiative geben, das Thema auch in den Staatsvertrag zu verankern.
Aus den Nachfragen geht hervor: Der Ausbau der Mediathek wird durch Umschichtungen finanziert. Das Jugendangebot FUNK und das Kinderangebot Ki.KA sollen zeitnah eigene Channels in der Mediathek bekommen.
Top 4: Bericht der Intendantin
10:28 Uhr: Jetzt spricht die Intendantin Karola Wille. Sie startet mit Hinweisen auf Programmerfolge, u.a. die Dokumentationen zu 30 Jahre Wiedervereinigung - dazu wurde gerade ein kurzer Trailer gezeigt, der einen Eindruck von den Programmpunkten wiedergibt.
Nun referiert die Intendantin über das Thema Hass im Netz - und die gemeinsam mit Sächsischer Staatsregierung, Sächsischer Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien gestartete Initiative "Gemeinsam gegen Hass" (vgl. FLURFUNK vom 30.9.2020: "MDR, Staatsregierung und SLM: 'Gemeinsam gegen Hass im Netz'").
Zur Einordnung werden gerade eine Reihe sehr heftiger Kommentare eingespielt, die sich so in den Kommentarspalten im Netz sammeln. "Nein, das Projekt schränkt die Meinungsfreiheit nicht ein, sie schützt die Meinungsfreiheit im Netz", sagt die Intendantin. Es gehe darum, sich ein Stück weit den Diskussionsraum wieder zurückzuerobern, denn der Hass schränke die Meinungsfreiheit ein. Das Netz sei aber kein rechtsfreier Raum, so Wille.
10:40 Uhr: Nun geht es um ARD-Personalien, etwa die neue Programmdirektorin Christine Strobl und den künftigen ARD-Chefredakteur Oliver Köhr, der vom MDR kommt und derzeit noch als stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtstudios sowie stellvertretender Chefredakteur Fernsehen arbeitet. Sie hoffe, dass der ostdeutsche Blick im Programm weiter Berücksichtigung findet. Dritte Personalie: Die Neubesetzung der FUNK-Chefetage.
Weitere Themen von Karola Wille: Die Sportrechte - hier gibt es einen Hinweis auf das Wettbewerbsrecht, was die Transparenz der Finanzen einschränkt – offenbar sind vertrauliche Informationen an eine Zeitung aus dem Sendegebiet gegangen.
Außerdem gibt Frau Wille einen Hinweis auf den Nachhaltigkeitsbericht des MDR, den sie in der kommenden Sitzung ausführlicher erläutern will.
Weitere Themen: Der Stand der Diskussion um die Beitragserhöhung, der derzeit in den Landtagen diskutiert wird - Thüringen ist noch offen, Sachsen-Anhalt ebenfalls, aus Sachsen gibt es klare Signale in Richtung Zustimmung.
Nun referiert die Intendantin das KEF-Verfahren und die Anmeldung des ARD-Finanzbedarfs bei der KEF - Ziel ist, den Rundfunkräten das Verfahren transparent zu machen. Das geht gerade sehr schnell: Ich schaffe das nicht, die Folien, die gezeigt werden, hier wiederzugeben. Im Moment prasseln eine Reihe von Argumenten auf die Zuhörenden ein, etwa, dass die ARD keine zusätzlichen Projekte gestartet und auch kein zusätzliches Geld für Digitalisierung eingestellt habe (was schon von Gremienmitgliedern wieder hinterfragt wurde). Die Zahlen würden zeigen, man sei reformfähig und -willig, sagt Wille. Zumal die KEF deutlich an den ursprünglich angemeldeten Bedarfen ordentlich gekürzt hat. Weil aber die Steigerung des Beitrags unter der allgemeinen Preissteigerung liegt, müsse der MDR im zweistelligen Mio.-Bereich sowieso sparen. Ihr gehe es gerade vor allem darum, die Dimensionen und das Verfahren transparent zu machen.
Top 5: Berichte der Vorsitzenden der Ausschüsse und der Landesgruppen
Es gab eben längere Wortbeiträge von Rundfunkratsmitgliedern über die Programminhalte zu 30 Jahre Wiedervereinigung (Titel: Einheit 90) und die Darstellung des jüdischen Lebens im Programm (mehr dazu auf mdr.de). Jetzt referieren die Vorsitzenden der Ausschüsse - hier haben alle Gremienmitglieder schriftliche Berichte vorgelegt bekommen, deswegen geben die einzelnen Personen nur Schlagworte wieder. Ich höre erstmal nur zu.
11:21 Uhr: Sicherlich keine Nebensache: Der Wirtschaftsplan des MDR stößt offenbar bei den verschiedenen Ausschüssen weitestgehend auf Zustimmung.
Wir sind immer noch bei Top 5, Top 6 wird der Bericht aus dem Verwaltungsrat sein.
Eingangs wurde schon angekündigt: Bei Top 7 und 8, da geht es um die Zustimmung zur Berufung von zwei Direktoren (Landesfunkhaus Sachsen und Betriebsdirektor), müssen die Gäste raus. Mindestens beim Direktor des Landesfunkhaus Sachsen meine ich das Verfahren zu kennen: Die Intendantin schlägt vor, die Landesgruppe bestätigt (oder auch nicht), der gesamte Rundfunkrat muss dann noch zustimmen (nach meinem Kenntnisstand eher eine Formsache). Die vorgeschlagenen Namen stehen auch hier in der Tagesordnung - ich warte aber mal ganz höflich auf die Zustimmung des Gremiums, bevor ich hier was verbreite. Nur die Andeutung: Es ist nicht mit Überraschungen zu rechnen ;-)
Spannend: Der MDR befindet sich bei den Vergütungsniveau, anders wie andere ARD-Anstalten, unterhalb bis ebenbürtig in der Nähe des Niveaus des öffentlichen Dienstes ("unterdurchschnittlich", so Karola Wille). Es sei aus Sicht des MDR-Rundfunkrats schwerlich möglich, auf das Gehaltsniveau beispielsweise des Hessischen Rundfunks einzuwirken.
Das Problem liegt wohl auch beim Vorgehen der KEF, die mehr differenzieren müsse. Sie habe zwar benannt, welche Anstalten beim Vergütungsniveau nach oben ausreißen würden. Aber die pauschale Einsparzahl, die die KEF genannt habe, benachteilige dann wieder den sparsamen MDR. Es sei aber sicher nicht das Ziel, einen Beitrag pro Anstalt zu bekommen.
Eine weitere Nachfrage aus dem Gremium: Ob wirklich das Filmmagazin eingestellt werden würde? Die Programmdirektorin Katja Wildermuth antwortet: Ja, das rein lineare Ausspiel von Produktionsstudios zur Verfügung gestellten Filmschnipseln werde eingestellt, aber es werde weiter Berichterstattung über die regionale Filmlandschaft geben - etwa in den digitalen Angeboten und bei MDR Kultur.
Top 6 - der Bericht aus dem Verwaltungsrat
Der Verwaltungsrat hat sich mit dem KEF-Verfahren befasst - das soll reformiert werden, dazu ist von der KEF ein Gutachten in Auftrag gegeben worden. Was bei den Beratungen klar wurde: Wenn der MDR spart, ist er doch immer mit im Topf mit anderen Anstalten und wird an den gemeinsamen Fortschritten gemessen.
Wir Gäste waren eben für 20 Minuten draußen - in der Zeit sind im nicht-öffentlichen Teil Sandro Viroli für vier Jahre und Ulrich Liebenow für weitere fünf Jahre in ihren Direktorenposten (Landesfunkhaus Sachsen und Betriebsdirektor) bestätigt worden. Schon in den vorangegangenen Sitzungen hat sich der Rundfunkrat mit der Corona-Berichterstattung befasst. Daraus soll ein Bericht einschließlich Handlungsempfehlungen ("eine Zwischenbilanz") entstehen, den der Rundfunkrat auch veröffentlichen will. Es gibt eine Wortmeldung dazu: Der im Moment einzige AfD-Vertreter im Rundfunkrat, Jens Dietrich aus Thüringen, hat gerade kurz erläutert, warum er dem Bericht nicht zustimmen wird. Ihm war die Berichterstattung nicht ausgewogen genug und ihm fehlen Aspekte, das hat er an einzelnen Beispiele erläutert. Er bekommt eine Gegenrede - es kommt zur Abstimmung, der Bericht ist mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen. Jetzt stellt die Intendantin den MDR-Produzentenbericht 2019 vor. Der wird auch auf den Seiten des MDR veröffentlicht (vermutlich hier). Die Vorstellung geht schnell: Die größte Zahl der Aufträge geht an unabhängige Produzenten. 47 Prozent der Aufträge gehen an Firmen aus dem Sendegebiet. Der Rundfunkrat nimmt den Bericht einstimmig zur Kenntnis. Es spricht Jens-Ole Schröder, der Juristische Direktor des MDR. Er war in der vergangenen Woche in einem Ausschuss des Rundfunkrats, die dort gehaltene Präsentation will er jetzt nicht wiederholen, sondern dem Protokoll anhängen. Er referiert nun zu Kooperationen des MDR mit Dritten, etwa Festivals oder anderen Kulturanbietern. Die Zahl der Gewinnspiele ist dagegen rückläufig - die werden zunehmend aus eigenen Mitteln finanziert und nicht mehr mit Partner finanziert. Es gibt ein Kooperationsmanagement und eine AG Kooperationen. Im Kooperationsbericht sind einzelne Kooperationen abgebildet. Den Bericht soll es künftig jährlich geben. Es wird Stephan Schwarze, Rundfunkdatenschutzbeauftragter des MDR, hereingebeten. Er ist einst vom MDR-Rundfunkrat gewählt worden, es ist sein erster Bericht. Der Bericht beginnt mit Aufnahme seiner Tätigkeit, dem 1.8.2018 und endet am 31.12.2019. Schwarze: "Die gute Nachricht: Es ist im Berichtszeitraum kein schwerwiegender Verstoß festgestellt worden." Man nehme es mir nicht übel - ich verzichte auf weitere Ausführungen zum Thema. Es kommt zur Abfrage: Der Rundfunkrat hat soeben dem Bericht zur Kenntnis genommen. Es berichtet Kai Ostermann, selbst Mitglied im Rundfunkrat, der auch in der Jury war. Der Preis wird wird seit 1995 vergeben, das Preisgeld von 4.000 Euro stammt aus Spenden der MDR-Gremienmitgliedern. Uff, wir sind fast durch, die vorab rumgeschickten Pressemitteilungen werden abgenickt (es gibt keine anderen Vorschläge). Es gibt Kritik! Eine Rundfunkrätin kritisiert, dass die Berichterstattung über das Gedenken in Halle in der ARD Punkt 18 Uhr abgebrochen worden und im Anschluss eine Rateshow gezeigt worden ist. Genau in der Zeit lief die Rede des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt. Die Intendantin Karola Wille erklärt: Die Veranstaltung sei bis 17.50 Uhr geplant gewesen, sich aber drastisch verzögert - leider hatte man im Vorfeld in der ARD keine weitere Sendezeit angefragt haben, das bedauere man sehr. Im MDR-Programm und Live-Stream sei die Veranstaltung aber weiter zu sehen gewesen. So, das war's für heute, vielen Dank für die Aufmerksamkeit!Top 9 Befassung mit der Corona-Berichterstattung des MDR
Top 10 - MDR-Produzentenbericht
Top 11 - MDR Kooperationsbericht 2019
Top 12 - Tätigkeitsbericht des Rundfunkdatenschutzbeauftragten des MDR
Top 13 - Goldener Spatz und Verleihung des vom Rundfunkrat vergebenen Kinderfilm-/Fernsehpreises
Top 14 - Vorschläge zu Pressemitteilungen des Rundfunkrats
Top 15 - Anfragen und Meinungen
Oktober 13, 2020
DANKE Peter für die Berichterstattung.
Sicherlich ist das Lesen dieses Artikels nicht halb so dröge wie das Dabeisein bei der kompletten Sitzung. Rückblickende (Tätigkeits-)Berichte dienen leider oftmals nur zur Selbstdarstellung von Personen oder Ämtern bzw. werden dafür genutzt. Insofern möchte ich wirklich nicht mit Dir Peter tauschen.
Trotzdem ist und bleibt es wichtig, dass Bürger bzw. Außenstehende den Entscheidern (und beim Rundfunkrat geht es immerhin um viel Geld, Einfluss und somit auch um Deutungshohheit - ich wollte "Macht" vermeiden) auf die Finger gucken.
Eigentlich wäre dies die Aufgabe der Rundfunkräte selber, hier die Protokolle oder Entscheidungen der Öffentlichkeit kurzfristig zukommen zu lassen. Leider funktioniert dies weder im Rundfunkrat, aber auch genauso schlecht in vielen kommunalen Parlamenten.
Zurück zum Rundfunkrat: Diskussionen über Sportrechte (und deren Kosten), Beitragserhöhungen und das Gehaltsniveau verschiedener ARD-Anstalten sind genau so wichtig, wie anscheinend bröckelndes Vertrauen innerhalb verschiedener ARD-Anstalten.
Dies alles zu besprechen und zu veröffentlichen, wäre eigentlich die Aufgabe des Rundfunkrates selber. Solange dies nicht passiert, ...
DANKE Peter