Bezahlung freier Journalist*innen: „Das Wort Taschengeld wäre angemessener“

22,73 Euro verdienen freie Journalist*innen laut dem Berufsverband Freischreiber im Durchschnitt pro Stunde. Bei den knapp 23 Euro handelt es sich um den Brutto-Lohn, Steuern oder die Kosten von Arbeitsmitteln sind also noch nicht abgezogen. Seit 2018 ermittelt der Berufsverband die Durchschnittslöhne für freie Journalist*innen.

Auf Grundlage von 2.064 anonymen Datenspenden wurden deutschlandweit Angaben von freien Journalist*innen über die Website wasjournalistenverdienen.de gesammelt. In diesem Jahr liegt zudem ein besonderer Schwerpunkt auf dem Honorar von Journalist*innen, die für Tageszeitung arbeiten.

Besonders hohe Schwankungen gibt es bei den Zeichenhonoraren. Für 1.000 Zeichen zahlen unterschiedliche Medien zwischen acht und 200 Euro.

Unterirdische Löhne bei Tageszeitungen

Bei Lokaljournalist*innen sieht es in Sachen Bezahlung ganz besonders übel aus. Hier liegt der Mittelwert der Befragten bei 18,64 Euro brutto pro Stunde. 26,2 Prozent davon verdienen maximal 10 Euro. Zum Vergleich: 22,4 Prozent sind es bei den überregionalen Blättern.

Für unter fünf Euro Stundenlohn arbeiten 4,8 Prozent der Freien bei den regionalen Tageszeitungen. Bei den überregionalen sind es 8,1 Prozent. Freischreiber sagt daher, dass bei dieser katastrophalen Lage eigentlich nicht mehr von „Honorar“ gesprochen werden könne. Vielmehr wäre das Wort „Taschengeld“ angemessen.

Der Berufsverband betont dabei auch die Wichtigkeit des Lokaljournalismus. Regionale Zeitungen lebten aber – wie der gesamte Journalismus in Deutschland – von der Arbeit der Freien. Diese werden aber nicht nur schlechter bezahlt, sondern meist auch schlechter behandelt. Zudem müssten sie oftmals auch höhere Ansprüche erfüllen (Stichwort: eierlegende Wollmilchsau).

Den Honorarreport in voller Länge finden Sie hier, die Pressemitteilung von Freischreiber  hier.

7 Kommentare
  • Thomas Hansen
    Juni 27, 2020

    Ich bin grad etwas "angesäuert" !!!!!

    Ich und viele andere Arbeitnehmer verdienen noch deutlich weniger !!!!

    Ich, Kraftfahrer(tägliche Arbeitszeit ca 12 Std.) verdiene (BRUTTO) 2100.-EUR (20Arbeitstage/Monat)
    Das kann jetzt gern mal jeder nachrechnen...…………

    Aber ich freue mich insofern, dass Sie hier, auf hohem Niveau jammern können...……..

  • Thomas
    Juni 28, 2020

    Lieber Herr Hansen, Ihre Schilderung klingt extrem fatal - wöchentlich 12 Stunden mehr Arbeitszeit als maximal zulässig ist schon ziemlich weit über allem was akzeptabel ist.

    Bitte bedenken sie bei allem verständlichen Frust aber, dass die Summen oben sich auf Freiberufler beziehen, die also von dem Geld noch alles bezahlen müssen: Krankenkasse, Sozialversicherung, Arbeitsmittel, Fahrtkosten usw. usf. Grob überschlagen bleibt dann noch etwa 1/3 als das übrig, was beim normalen Arbeitnehmer als Nettolohn bezeichnet wird.

    Das macht also - wenn man ihre 240 Arbeitsstunden pro Monat als Grundlage nimmt und mit dem Durchschnitt von 22,73€ rechnet - dann also 1820€ "Nettogehalt". Wenn man mal lieber die für angestellte Mitarbeiter zulässigen 48h/Woche annimmt (=192h) bleibt noch ein Netto von 1455€ übrig.

    Gleiches für die Lokalzeitungen (18,64€) ergibt dann 1492€ bzw. 1193€.

    Natürlich alles ohne Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit und ohne Anspruch auf einen freien Ausgleichstag an solchen Tagen. Und halt mit vollem Risiko, das mit der Selbstständigkeit als freiberuflicher Einzelunternehmer einher geht.

    Also: Wenn man etwas genauer hinschaut nicht wirklich prickelnd. Dafür aber mit dem vollen Risiko eines Unternehmers. Nö, da will ich lieber nicht tauschen.

  • Karl-Heinz Kahnt
    August 14, 2020

    Lieber Thomas (Juni 28, 2020), ich bin von Ihrer mathematischen Begabung fasziniert und durchaus auch beeindruckt. Das muss man erst einmal hinbekommen: Ihre Annahme von 240 Arbeitsstunden pro Monat mit dem von Ihnen angenommenen Durchschnitt von 22,73 Euro - führen bei mir immerhin zu einem Bruttogehalt von 5455 Euro. Und bei allem Respekt für die beklagte Lage sollten Sie doch wenigstens wissen, dass auch "normale Arbeitnehmer als Nettolohn" schließlich nur das erhalten, was nach ABZUG von Steuern und den von Ihnen zitierten Ausgaben für "Krankenkasse, Sozialversicherung, Arbeitsmittel, Fahrtkosten usw. usf. " übrigbleibt. Das heißt konkret: Der erste Teil der Ausgaben wird gleich per Lohnabrechnung einbehalten, während der Arbeitnehmer den zweiten Teil wie der Freiberufler nach Bedarf bezahlt: Also die Fahrt - wenn er fährt, das Arbeitsmittel - wenn er dessen bedarf. Dies allerdings lässt sich im Verfahren der Einkommenssteuererklärung teilweise zurückerlangen (je nach Steuersatz; man bekommt also nicht alles retour). Nicht anders bei jedem freiberuflichen Einzelunternehmer ...

    Mit Zuschlägen darf dser Arbeitnehmer in den meisten Fällen übrigens auch nicht rechnen. Bei uns im Baugewerbe zum Beispiel werden sie seit Jahrzehnt nicht mehr gezahlt. Insofern: Ja, man sollte wohl doch genauer hinschauen. Und da bleibt der Selbstständigkeit doch noch immer ein gewisser Vorzug. Das sehe ich JEDEN Tag bei meiner Frau - die im "Homeoffice" arbeitet, während ich mich morgens schon vor ihr aus dem Bett quäle, um zur Arbeit zu fahren auf einer weiter entfernten Baustelle.

    Und ja: Da würde ich oft liebend gern tauschen. Aber es ist nun mal, wie es ist. Wir können uns eben nicht nur die Rosinen rauspicken ...

  • Helga Wissing
    Januar 30, 2021

    Jammern auf hohem Niveau? Diese angegebenen 22,73 Euro sind ein Durchschnittswert. Viele freie Journalisten, vor allem wenn sie für kleinere Lokalzeitungen arbeiten, kommen da nicht dran. Ich erhalte beispielsweise nur für Kulturtermine, also Theater- und Konzertrezensionen, eine halbwegs ordentliche Pauschale. Diese Aufträge sind natürlich auch sehr beliebt. Ansonsten schlägt man sich mit Zeilenhonoraren durch, was bei mir exakt 18 Cent pro Zeile (ein durchschnittlicher Zeitungsartikel hat etwa 100 Zeilen) beträgt. Und 18 Euro pro Bild. Sind es mehr als zwei Bilder, werden ab dem dritten Bild nur noch fünf Euro vergütet. Ich zahle die Benzinkosten selbst, ebenso wie meine Krankenversicherung. Dazu kommen natürlich ganz normal die Steuern. Es gibt Termine, da bleiben mir unterm Strich drei Euro pro Stunde (brutto!), wenn ich die Fahrzeit, Telefonate, Sendeprozesse und die Recherche mitrechne. Ich habe ein abgeschlossenes Studium und eine Ausbildung (Volontariat) als Redakteurin. Und ich bin beileibe kein Einzelfall. Wer sich nicht rechtzeitig nach lukrativen "Kunden" umschaut oder Aufträge in der Wirtschaft annimmt (was ich auch manchmal tue, obwohl ich das nicht ganz richtig finde) der arbeitet für diese Hungerlöhne, um sich und vielleicht auch die Familie durchzubringen, weil er genau weiß, dass, wenn er es nicht tut, der Nächste schon in der Tür steht. Wir "Freien" leisten gute Arbeit, wir sind in der Regel hervorragend ausgebildet und lieben unseren Job. Wir haben aus verschiedenen Gründen keine Festanstellung, vielleicht weil wir uns irgendwann für die "Freiheit" entschieden haben, vielleicht weil es vor Ort keinen passenden Job gab, vielleicht, weil wir erst mal Kinder bekommen haben und zu Hause gelieben sind. Es gibt viele Gründe. Übrigens: Die meisten von uns können sich auch keine private Krankenzusatzversicherung leisten. Während ein Angestellter seinen Schnupfen sieben Tage lang ohne finanzielle Einbußen auskurieren kann, kostet uns jeder Tag, den wir daheim bleiben und nicht arbeiten, bares Geld. Wir kriegen nämlich nichts im Krankheitsfall. Und daher sind wir auch so selten krank. Ein wirklich gesunder Job, könnte man meinen. Wenn wir uns nicht endlich mal alle zusammentun und gemeinsam bessere Bedingungen fordern, nach Corona natürlich, denn momentan werden wir ja ohnehin kaum gebraucht), dann wird sich vermutlich auch nichts ändern. Ich möchte einschränkend sagen, dass es die kleineren Zeitungsverlage schon seit einer Weile auch nicht mehr so leicht haben, dennoch wäre etwas mehr Wertschätzung absolut angebracht.

  • Helga Wissing
    Januar 30, 2021

    Ich habe noch etwas vergessen: Wir arbeiten auch am Abend, am Wochenende, an Feiertagen. Ohne entsprechende Zuschläge.

  • Alexander Walther
    August 4, 2021

    Sehr geehrte Damen und Herren,
    ich bin freier Journalist und verdiene fast nichts, obwohl ich für Radio und Printmedien ununterbrochen arbeite. Aber man beschäftigt sich heutzutage lieber mit ehrenamtlichen Mitarbeitern. Mit Gerechtigkeit hat das alles nichts mehr zu tun. So bin ich gezwungen, auf andere Berufe auszuweichen. Eine traurige Angelegenheit.
    Mit freundlichen Grüßen
    Alexander Walther

  • Ditti
    November 19, 2021

    Liebe Menschen,
    ich bin seit kurzem freie Mitarbeiterin einer kleinen lokalen Zeitung und Gottseidank auf dieses Einkommen nicht angewiesen. Es ist wirklich jedes Mal verblüffend, wie gering die Entlohnung für diese durchaus zeitintensive und mit großer Recherchearbeit verbundenen Aufgabe ist. Das kann man eigentlich nur als Hobby betreiben. Leben kann man davon nur, wenn man Tag und Nacht arbeitet, aber dazu müsste es ja auch erst einmal genügend Angebote geben. Zumal man ja heutzutage scheinbar nicht nur den Reporterjob bekleidet, sondern auch gleichzeitig noch Fotograf sein muss. Waren das nicht einmal zwei Berufe?
    Nicht, dass jetzt jemand denkt, ich nehme hier jemandem die Arbeit weg. Seit Jahren suchen Sie hier nach festen Mitarbeitern und können keine bekommen. Mir hat man als Quereinsteigerin sogar direkt einen Job angeboten, was ich aber ablehnte, da ich einen anderen Hauptberuf habe. Noch freue ich mich also über dieses winzig kleine Taschengeld. Ich kann aber jeden verstehen, der sich über diese Art von Ausbeutung beklagt, weil er davon leben muss.

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