Vor 10 Jahren, genauer: am 7.4.2010, startete Nicole Czerwinka das Projekt elbmargarita.de - Dresdens Onlinemagazin für Kultur (vgl. FLURFUNK vom 2.7.2010: "'Elbmargerita': neues Online-Nachrichtenangebot für Dresden").
Anlässlich des 10. Geburtstag haben wir Nicole zu ihren Erfahrungen mit dem eigenen Medium, Höhe- und Tiefpunkten der Berichterstattung sowie der Veränderung der kulturjournalistischen Landschaft in Dresden gefragt.
"Elbmargarita war eine der besten Entscheidungen meines Lebens"
FLURFUNK: Herzlichen Glückwunsch zu 10 Jahre Elbmargarita! Was war vor 10 Jahren Deine Motivation, so ein Projekt aufzusetzen?
Nicole Czerwinka: Ich habe damals im Studium schon regelmäßig für die beiden Dresdner Tageszeitungen und einige Magazine gearbeitet. Was mir dort gefehlt hat, war Platz zum Ausprobieren. Bitte nicht falsch verstehen: Mir hat die journalistische Arbeit bei SZ und DNN immer sehr viel Freude gemacht, aber man ist da schon sehr eng an die täglichen Redaktionsabläufe und üblichen Formate gebunden. Da gab es damals wenig Raum für Experimente. Diese Routine wollte ich mit meinem eigenen Projekt durchbrechen. Mein Vorbild war die Hochschulzeitung „ad rem“, bei der ich mich zuvor munter quer durch alle Ressorts geschrieben und auch stilistisch viel ausprobiert hatte.
FLURFUNK: Was ist rückblickend dein Höhepunkt, was dein Tiefpunkt in der Geschichte von Elbmargarita?
Nicole: Da gab es viele. Höhepunkte sind die Momente, in denen oft ganz unerwartet eine Rückmeldung kommt, die mir zeigt: Die Mühe lohnt sich. Auch mein Bloggerstammtisch, den ich seit 2015 lange organisiert habe (und übrigens auch wiederbeleben will) und die ganzen schönen Begegnungen mit Gleichgesinnten, die dadurch zustande kamen, hätte es ohne Elbmargarita nie gegeben. Als Tiefpunkt würde ich die Phasen bezeichnen, in denen ich merke: Es gäbe so viel zu schreiben, aber die Zeit fehlt gerade einfach. Das tut auch nach zehn Jahren immer noch weh. Ich weiß aber, dass es allen so geht – und das tröstet mich dann.
FLURFUNK: Ist das Projekt für Dich relevant für Dein Einkommen? Oder Marketing? Oder Hobby?
Nicole: Ich sage immer: Es ist meine Visitenkarte im Netz. Und tatsächlich erzählen mir viele meiner Kunden, dass sie durch elbmargarita.de auf mich aufmerksam geworden sind oder zumindest zunächst die Texte auf der Seite gelesen haben, bevor sie mich kontaktierten. Insofern ist es sicher auch Marketing, ja. Ich betrachte es aber lieber als ernstzunehmendes Hobby. Der Spaß sollte bei so einem Projekt immer der wichtigste Motor sein, sonst wirkt es irgendwann verkrampft.
FLURFUNK: Wie hat sich aus Deiner Sicht die kulturjournalistische Landschaft in den letzten 10 Jahren in Dresden verändert?
Nicole: Tatsächlich sind – nicht nur in Dresden – in der Kultur sehr viele Onlineportale aus dem Boden geschossen, die – mehr oder weniger monetarisiert – meist vom Herzblut vieler freier Autoren leben. „Klassik begeistert“ ist so ein Beispiel, „IOCO“ oder „Mehrlicht“ von meinem Kollegen Alexander Keuk. Das bereichert die Landschaft sehr. Dabei konnten bislang zum Glück auch die klassischen Kulturseiten in SZ und DNN sowie die Stadtmagazine wie Dresdner und Sax überleben, was ich für sehr wichtig halte. Was schade ist: Als freier Journalist kann man seine Brötchen allein mit Kulturberichterstattung nur schwer verdienen, von Aufträgen bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vielleicht abgesehen. So steigt mit der Anzahl der Onlineportale und Blogs zwar die Vielfalt, aber die Qualität wird damit nicht zwingend höher …
FLURFUNK: Würdest Du das heute noch mal so machen?
Nicole: Immer wieder! Ich würde sogar sagen, Elbmargarita war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Was ich durch den Blog über Onlinejournalismus teils spielerisch gelernt habe, hätte ich so in den Redaktionen und auch bei meinen anderen Auftraggebern nicht vermittelt bekommen.
FLURFUNK: Was würdest Du jemand mit auf dem Weg geben, der heute darüber nachdenkt, so ein Projekt auf die Beine zu stellen? Oder würdest Du abraten?
Nicole: Ich würde unbedingt zuraten, das habe ich bei Freunden und Kollegen oft schon getan. Allerdings muss man dazu sagen: Es steckt viel, viel, viel unbezahlte Arbeit und Herzblut in so einem Projekt. Das muss man wissen. Ich möchte die Stunden, die ich in den zehn Jahren in Elbmargarita investiert habe, wirklich nicht zusammenzählen … Dennoch bereue ich keine einzige.
FLURFUNK: Und wo siehst Du das Projekt in 10 Jahren?
Nicole: Gute Frage! Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn es dann immer noch lebendig ist. Vielleicht ist Elbmargarita bis dahin Teil eines größer angelegten Online-Journalismus-Portals oder hat einen eigenen Podcast? Wer weiß? Aber darüber können wir ja dann später reden.
FLURFUNK: Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!
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