Vorsicht vor Nachrichten, die per WhatsApp kommen!
Das Sächsische Staatsministerium für Kultus (SMK) hat aktuell mit einer Falschmeldung zu tun, in der die Einstellung des Lehrbetriebs an Schulen ab dem 16.3.2020 bis zum Ende der Osterferien (19.4.) verkündet wird.
Die WhatsApp-Meldung, die massenweise unter Eltern aus Sachsen Verbreitung gefunden hat (und uns auch weitergeleitet wurde), ist mit "Offizielle Mitteilung vom Bildungsministerium" betitelt.
Die WhatsApp-Meldung liest sich so, als ob Schulen und Kitas ab Montag komplett geschlossen wären - mit Ausnahme für Kinder von Eltern, die in einem Bereich arbeiten, "der für die Aufrechterhaltung der wichtigen Infrastrukturen notwendig ist" und für die "diese Eltern keine Alternativ-Betreuung ihrer Kinder organisieren können" (Zitat aus der Nachricht).
Entscheidung erst kommende Woche
Richtig ist: "Eine Entscheidung, ab wann Schulen und Kitas bis zum 17. April komplett geschlossen werden, wird im Laufe der kommenden Woche getroffen". Das ist auf sachsen.de nachzulesen (vgl. medienservice.sachsen.de vom 13.3., 13.45 Uhr: "Schließungen von Schulen werden vorbereitet").
Das sächsische Kultusministerium hat also vorerst "nur" die unterrichtsfreie Zeit verkündet - ohne einen Zeitraum zu benennen, wie lange die Regelung dauern wird. Die Entscheidung zur Schließung von Schulen (die allgemein tatsächlich erwartet wird) kann aber nur durch oder in Abstimmung mit dem sächsischen Gesundheitsministerium erfolgen kann.
Das bestätigt ein Sprecher des SMK auf FLURFUNK-Nachfrage.
MDR Sachsen verbreitete Falschmeldung
Die Falschmeldung hatte offenbar auch den MDR Sachsen erreicht, der sie ungeprüft weiterverbreitet und inzwischen wieder zurückgezogen hat.
Unter einem Beitrag auf mdr.de/sachsen (Titel: "Wegen Corona: Unterrichtsfrei für Schulkinder ab Montag") ist zu lesen:
"Anmerkung der Redaktion: Aufgrund einer Fehlinformation hatten wir zwischenzeitlich über Einschränkungen bei der Betreuung von Kita- und Schulkindern und Schließungen von Einrichtungen in der kommenden Woche berichtet. Es hat sich herausgestellt, dass diese Hinweise für ein anderes Bundesland gelten. Auf einem für uns nicht nachvollziehbaren Weg wurden sie auch an Eltern in Sachsen verteilt. Richtig ist, dass in Sachsen kommende Woche eine Betreuung für alle Kita- und Schulkinder angeboten wird."
Meldung ursprünglich aus Schleswig-Holstein
Die Suche mit vollständigen Sätzen aus der WhatsApp-Nachricht über Google ergibt, dass es sich im Wortlaut um eine Meldung aus Schleswig-Holstein handelt. Dort ist der vollständige Text auf den Seiten der Staatsregierung Schleswig-Holstein zu finden (vgl. schleswig-holstein.de vom 13.3.2020: "Informationen für Schulen, Hochschulen und Kultur zum Corona-Virus").
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt auch betroffen
Die Suche ergibt auch, dass das Bildungsministerium in Mecklenburg-Vorpommern mit dem gleichen Problem zu kämpfen hat.
Der Nordkurier berichtet unter der Überschrift "Fake News zu Schulschließungen auf WhatsApp":
"Diese Nachricht ist für Mecklenburg-Vorpommern nicht richtig, heißt es aus dem Schweriner Bildungsministerium. Nach jetzigem Stand fällt nur der Unterricht an Schulen in der Hansestadt Rostock und im Landkreis Ludwigslust-Parchim aus."
Auch das Ministerium für Bildung in Sachsen-Anhalt hat mit der Falschmeldung zu kämpfen (s. Tweet).
Bildung ist Ländersache
Dass die Meldung aus Schleswig-Holstein über die Grenzen in andere Bundesländer schwappt, ist ausgesprochen bemerkenswert. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Vermutlich ist vielen, die die Meldung weiterverbreitet haben, nicht klar, das Bildung ein Thema ist, dass in der Entscheidungshoheit der Bundesländer liegt.
Verschiedene Formulierungen in der Nachricht hätten Eltern aus Sachsen tatsächlich misstrauisch machen können: So ist die Rede vom "Lehrbetrieb ab Klasse 7" und von "Klasse 1-6". Tatsächlich starten in Sachsen die weiterführenden Schulen ab der 4. Klasse.
Aber auch schon die Überschrift "Offizielle Mitteilung vom Bildungsministerium" hätte stutzig machen müssen: Sachsen hat ein Kultus-, aber kein Bildungsministerium.
Nur geringer Schaden
Der Schaden, der durch die Falschmeldung entsteht, dürfte am Ende gering sein - tatsächlich ist für kommende Woche mit einer vergleichbaren Entscheidung aus der sächsischen Staatsregierung zu rechnen. Aber nicht nur das Beispiel zeigt:
Vorsicht vor Nachrichten, die per WhatsApp kommen.
Mit Dank an die Hinweisgeberin!
Disclaimer: Das SMK gehört zu den Kunden von STAWOWY Agentur und Verlag (Herausgeber von FLURFUNK).
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