Bedrohte Journalistinnen und Journalisten in Europa sollen künftig einfacher und schneller Unterstützung erhalten.
Zu diesem Zweck finanziert die EU-Kommission mit 1,4 Millionen Euro einen sogenannten "Rapid Response-Mechanismus" (Schneller Reaktions-Mechanismus, RRM). Koordiniert wird die Hilfe vom Europäischen Zentrum für Presse und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig.
ECPMF-Geschäftsführer Lutz Kinkel ist in einer Mitteilung wie folgt zitiert:
"Es ist höchste Zeit, den Schutz von Journalistinnen und Journalisten und die Prävention auf europäischer Ebene zu stärken."
Als Belege nannte er die Morde an der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia und am slowakischen Journalisten Ján Kuciak.
Weiter hieß es in der Mitteilung:
"Die Implementierung des Mechanismus ist eine Reaktion auf den aktuellen Niedergang der der Presse- und Medienfreiheit in einigen EU-Mitgliedstaaten und Beitrittskandidatenländern."
Beratung, Rechtshilfe, Trainings
Bedrohte Medienschaffende sollen künftig unmittelbar Beratung, Rechtshilfe und Trainings bekommen.
Das Programm richtet sich nach Angaben des ECPMF unter anderem gegen Online-Belästigungen von JournalistInnen und rechtliche Einschüchterungsversuche von Medienschaffenden.
Unterstützung soll es auch bei der juristischen Verfolgung von Tätern geben, die Medienvertreter angegriffen haben.
Beobachtung und Dokumentation
Zweiter Ansatzpunkt des RRM ist die Beobachtung und Dokumentation von Verletzungen der Pressefreiheit in der EU und in Beitrittsländern. Alarmmeldungen und detaillierte Berichte sollen künftig auf der Plattform mappingmediafreedom.org veröffentlicht werden.
Um Verstöße gegen die Pressefreiheit auf der Seite schneller und umfassender zu melden, soll das Institut für Angewandte Informatik der Universität Leipzig die Plattform verbessern. Dabei ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz und automatischer Texterkennung geplant.
Interessanter Aspekt: Die Seite mappingmediafreedom.org gibt es bereits seit 2014. Bislang pflegte die britischen Presserechtsorganisation "Index on Censorship" die Plattform. Nachdem Brexit kann die mit EU-Fördergeldern bezahlte interaktive Karte nun aber nicht mehr von Großbritannien aus betreut werden.
Sechs Organisationen kooperieren
Am Projekt sind neben dem ECPMF noch fünf weitere Organisationen aus anderen europäischen Staaten beteiligt, unter anderem die Europäische Journalisten‑Föderation (EFJ) mit Sitz in Brüssel und International Press Institute aus Wien. Initiiert wurde es vom Europäischen Parlament.
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder zahlreiche Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten in Europa. Erst vergangene Woche sorgte die Attacke von mutmaßlichen Rechtsextremisten auf einen Videojournalisten auf Lesbos für Schlagzeilen (vgl. Tagesspiegel vom 1.3.2020: "'Da braut sich ein Pogrom zusammen'").
In der Woche zuvor offenbarte eine Anfrage der Linken-Fraktion an das Bundesinnenministerium (hier als PDF), dass in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren mindestens 197 Straf- und Gewalttaten gegen Medien registriert wurden. In den meisten Fällen ging es um Volksverhetzung, Beleidigungen und Bedrohungen. Alexander Laboda
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