Das Ende der Zusammenarbeit des Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) mit Uwe Steimle (vgl. Süddeutsche.de vom 5.12.2019: "MDR trennt sich von Uwe Steimle") erregt im Netz und auch im richtigen Leben die Gemüter.
Mini-Demo vor dem MDR Sachsen
Am Freitagnachmittag (6.12.2019) kam es zu einer "Demo" vor dem MDR-Landesfunkhaus in Dresden. Dort versammelten sich laut Augenzeugen zwischen 30 und 50 Personen, um für Uwe Steimle und die angeblich unterdrückte Meinungsfreiheit zu demonstrieren.
Rund 15 Personen hielten dagegen.
Ein bei Twitter kursierendes Foto zeigt rund 10 Demonstrierende direkt vor dem Eingang des MDR-Landesfunkhaus in Dresden. Auf dem Transparent steht:
"Meinungsfreiheit abgeschafft, Demokratie am Ende".
Eine Frau am linken Rand hält einen schwarzen Kranz mit dem Schriftzug: "Unvergessen Uwe 'Steimles Welt'".
Ein weiteres Foto, das bei Twitter kursiert, zeigt eine Gruppe Gegendemonstrantinnen und -demonstranten. Auf deren Transparent steht der Spruch:
"OK. Boomer. Es gibt kein Recht auf rumhitlern und aluhutscheiz."
Das "OK. Boomer" bezieht sich auf ein bekanntes Internet-Meme (Wikipedia dazu).
Fragen und Antworten vom MDR
Der MDR Sachsen selbst berichtet über die Demonstration, in der behauptet wird, die Meinungsfreiheit sei durch die Absetzung einer TV-Sendung eingeschränkt (vgl. MDR vom 6.12.2019: "Protest gegen Aus für Uwe Steimle beim MDR").
Unter dem Beitrag aus dem Landesfunkhaus Sachsen ist auch ein Link zu einer "Fragen & Antworten"-Seite von der MDR-Unternehmenskommunikation zu finden. Darin ist u.a. Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi mit einem Audio-O-Ton zu finden, in dem er seine Entscheidung begründet.
Jacobi argumentiert dort, dass Steimle nie in seinen Sendungen eingeschränkt oder gar zensiert worden sei. Vielmehr habe das Vertrauen für die Zusammenarbeit nicht mehr gestimmt.
Hier zu lesen und zu hören: "Fragen und Antworten zur Absetzung von 'Steimles Welt'".
Online-Petition für Steimle
Schon seit Mittwoch gibt es eine Online-Petition auf der Plattform openpetition.de mit dem Titel: "Wir sind Steimles Welt".
Zur Stunde (7.12., 0:09 Uhr) sind hier 21.734 Unterstützende aufgeführt.
Im Petitionstext heißt es:
"Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) hat die Sendung 'Steimles Welt' abgesetzt und die Zusammenarbeit mit Uwe Steimle für beendet erklärt. Diese Entscheidung der Verantwortlichen eines gebührenfinanzierten Fernsehsenders missachtet den Willen der Zuschauer und Beitragszahler. Wir fordern daher, dass der MDR diese Entscheidung zurücknimmt und wie bisher 4 Folgen Steimles Welt pro Jahr produzieren lässt und ausstrahlt."
Und unter "Zur Begründung" ist zu lesen:
"Steimles Welt ist ein einzigartiges Format, das auf unterhaltsame Weise die Menschen und das Leben in Mitteldeutschland dokumentiert. Steimles Welt ist unsere Heimat und soll es auch bleiben."
Der Aufruf, die Online-Petition zu unterzeichnen, ist u.a. auch vom Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke bei Twitter weiterverbreitet worden.
Online-Petitionen leicht manipulierbar
Dazu angemerkt: OpenPetition ist eine offene Online-Plattform, auf der jede und jeder mit einer gültigen E-Mailadresse unterzeichnen kann. Die Registrierung oder gar Identifizierung als reale Person ist nicht zwingend erforderlich, um dort mitgezählt zu werden.
Grundsätzlich besteht also die Möglichkeit, dass einzelne Personen mit mehreren Mail-Adressen dort mehrfach unterzeichnet haben. Auch können theoretisch Personen aus der ganzen Welt dort mitzeichnen, wenn sie eine Postleitzahl aus Deutschland angeben.
Kommentar: Warum immer wieder Dresden?
Es ist so traurig und bitter: Da versammeln sich tatsächlich Leute, um öffentlich zu behaupten, die Meinungsfreiheit sei nicht gegeben. Das ist so absurd! Schließlich hindert niemand diese Leute oder gar Uwe Steimle daran, weiterhin die eigene Meinung öffentlich kundzutun!
Oder anders gesagt:
Auch die Online-Petition ist hochgradig albern: Das Instrument selbst ist als Messgröße für eine öffentliche Meinung einfach nicht ernst zu nehmen, sind solche Unterschriftenlisten doch viel zu leicht zu manipulieren.
Eine richtige Abstimmung oder noch besser Meinungsumfrage wäre mal spannend...
Der Witz: MDR Sachsen gar nicht zuständig
Dass der MDR Sachsen mit Sitz in Dresden (mit eigenem Direktor!) mit der Produktion der Sendung "Steimles Welt" so gar nichts zu tun und auch keinen Einfluss darauf hat, scheint für die Demonstrierenden völlig unerheblich zu sein. Die Entscheidung für das Aus der Sendung hat Programmdirektor Wolf Jacobi in der Zentrale in Leipzig gefällt; das Landesfunkhaus Sachsen hat auf die Entscheidung aus Leipzig überhaupt keinen Einfluss.
So bleibt (mal wieder) das Bild von der krakeelenden Gruppe aus Dresden, die sich trotz kleiner Zahl in der Mehrheit wähnt, aber außerhalb der Stadt kaum Unterstützung finden würde. Die offenkundig weder die Zuständigkeiten, noch die Bedeutung des Begriffs Meinungsfreiheit richtig verstanden haben.
Das ist in etwa genauso unzutreffend, wie wenn Steimle selbst von "Berufsverbot" spricht – ist sein Beruf schließlich nicht "MDR-Mitarbeiter", sondern Kabarettist. Damit und mit seinen (komischen) Meinungsäußerungen hat er bisher Säle gefüllt, das wird ihm sicherlich auch weiterhin gelingen.
Vielleicht fangen er und seine Unterstützerinnen und Unterstützer ja aber doch mal irgendwann an, so wichtige Begriffe wie Meinungsfreiheit korrekt zu benutzen.
Dezember 7, 2019
Oh, wie armselig.
Auch noch in der Adventzeit.
Eine "gute" Nachricht zum Nikolaus.
Mein Vorschlag, der MDR sollte sich doch für die Ausbürgerung des Herrn Steimle
einsetzen, so wie man es damals mit Herrn Biermann gemacht hat.
Diese Entscheidung , den Liebling unzähliger Sachsen aus dem Programm
zu nehmen wird sich bitter rächen.
Dezember 7, 2019
Das Ganze fängt an wie 1933. Wer das System kritisiert, den stellt man offensichtlich kalt.
Und dann die Kriegstreiberei und der Hass auf Russland.
Die Parallelen sind da und wer dagegen angeht ist offensichtlich ein Regimgegner!
Und das Ganze nennt man auch noch Demokratie!
Glauben Sie mir, mein Alter gestattet solche Vergleiche.
Dezember 8, 2019
Oh weia, Ihr Geschichtswissen lässt fundamentale Unkenntnis erkennen. Der Vergleich mit 1933 ist faktisch falsch - damals haben eben die, die vorher das System (die Demokratie) kritisiert haben, die Macht übernommen. Die Folgen sind Ihnen ja vielleicht bekannt.
Glauben Sie mir, Alter schützt vor Unwissenheit nicht.
Dezember 9, 2019
Und was war mit Hanitzsch in der SZ?
Dezember 9, 2019
Die Entscheidung gegen steimle rächt sich irgendwann. Satire versteht eben nicht jeder. Aber lästern über Andere ist ja einfacher. Herr steimle ist ein toller Künstler!
Dezember 16, 2019
@ owy. Sie posten geschichtsklitternden Unsinn. Wissentlich? Der Vorposter hat inhaltlich jedenfalls keinen Zweifel daran gelassen, daß er mit "System" nicht die Demokratie meint, sondern ein System, das sich zwar "demokratisch" nennt, aber - wie weiland die sich ebenfalls "demokratisch" nennende DDR - längst nicht (mehr) demokratisch ist.
Glauben Sie mir, auch Ihr Alter schützt vor Unwissenheit nicht. Oder sollte ich es ob der hier zutage tretenden Borniertheit gleich als "Torheit" bezeichnen?
Dezember 16, 2019
Orrr, ihre Verdrehungen der Tatsachen fangen an weh zu tun. Der Vergleich des Vorkommentierers mit 33 hinkt so gewaltig, dass er schlicht nicht statthaft ist.
Zu ihrer Information, weil Sie es offenbar auch ausblenden: Nach 1933 wurde man abgeholt, wenn man das damalige System kritisiert hat – und tauchte im schlimmstem Falle nicht mehr auf.
Heutzutage ist es so, dass man öffentlich totalen Mist und Unsinn verbreitet und in der Folge vielleicht einen Auftraggeber verliert (s. Steimle). Aber man darf weiterhin öffentlich auftreten und weiterhin Mist und Unsinn verbreiten! Erkennen Sie den Unterschied?!
Man darf sogar öffentlich und ohne Konsequenzen behaupten, unsere Demokratie sei keine Demokratie mehr - selbst wenn das ebenfalls totaler Unsinn ist und im Zweifel übrigens die Position eines Extremisten (Staatsfeind!) erkennen lässt. Auch das ist durch die Meinungsfreiheit gedeckt, die sowohl im System nach 33 wie auch in der DDR eben nicht mehr galt. In der sich "demokratisch" nennenden DDR hätte man dafür übrigens ebenfalls harsche Konsequenzen in Kauf nehmen müssen.
Also: Dass Uwe Steimle seinen Auftraggeber verliert, nachdem er den Auftraggeber immer wieder öffentlich schlecht gemacht hat, ist kein Zeichen dafür, dass diese Demokratie keine mehr ist.