“Leipziger Impuls”: Debatte über Gemeinwohlbeitrag des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks gewünscht

In Leipzig haben heute (3.12.2019) MDR, ZDF, WDR und Deutschlandradio, SRF (Schweiz) und ORF (Österreich) gemeinsam mit der Handelshochschule Leipzig (HHL) den "Leipziger Impuls" auf den Weg gebracht.

Darin geht es darum, in Deutschland mehr über den Public Value zu diskutieren. Der Leipziger Impuls wurde im Rahmen der der Europäischen Public Value Konferenz des MDR (3./4.12.) veröffentlicht.

Wikipedia definiert Public Value wie folgt:

"Public Value (englisch wörtlich für 'öffentlicher Wert') bezeichnet den Wertbeitrag und Nutzen, den eine Organisation für eine Gesellschaft erbringt. Public Value beantwortet die Frage, was eine Organisation wertvoll für eine Gesellschaft macht. Entscheidend ist dabei das neue Verständnis von 'Wert'-Schöpfung, welche erst durch Wertschätzung und gesellschaftliche Akzeptanz entsteht."

Sechs Handlungsfelder definiert

In dem Papier (den vollständigen Text des Impulses dokumentieren wir am Ende des Beitrags) sind konkret sechs Handlungsfelder benannt, "auf denen insbesondere im digitalen Zeitalter die öffentlich-rechtlichen Medien neu denken müssen, wie ein Gemeinwohlbeitrag in diesem Zusammenhang entsteht und geleistet wird, der nachweisbar alle Bürgerinnen und Bürger anspricht – ob digital, analog oder am besten ganzheitlich."

Die sechs Handlungsfelder sind:

  1. Innovationen für die öffentliche Meinungsbildung generieren: Sprich: Es sollen "neuartige mediale Brücken" gebaut werden, "die den Dialog zwischen unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen unterstützen und damit das Recht auf freie Meinungsäußerung auf verantwortungsvolle Weise kultivieren."
  2. Qualität sichern und weiterdenken: Wörtlich heißt es im Impuls: "Unsere Aufgabe sehen wir darin, Qualitätskriterien so weiterzuentwickeln, dass sie den aktuellen Entwicklungen standhalten und das Öffentliche auch als eigene Qualität sichtbarer machen." Dazu gehöre auch, Vielfalt für alle Angebote und in allen Bereichen zu forcieren.
  3. Gemeinwohlnetzwerke schaffen: Damit sind Partnerschaften gemeint, etwa, indem Mediatheken vernetzt, Inhalte geteilt und mit Start-ups kooperiert wird. Damit ist auch gemeint, für alle "Teilhabe am öffentlichen Diskurs" zu ermöglichen.
  4. Verantwortung für Transparenz übernehmen: Die öffentlich-rechtlichen Medien wollen ihr publizistisches und wirtschaftliches Handeln nachvollziehbarer und überprüfbarer machen. Daraus leite sich Vertrauen ab, so das Papier.
  5. Unabhängigkeit durch Einbindung sichern: Zitat: "Unsere Aufgabe sehen wir darin, unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen und Perspektiven in allen Bereichen und Prozessen einzubinden. Eine allumfassende
    Einbindung sichert unsere Unabhängigkeit."
  6. Gemeinwohlorientierte Führung vorleben: Gemeinwohlorientierung soll in allen "internen Prozessen und Abläufen noch stärker zum Maßstab guter Führung" werden. "Dazu gehören auch die Personalführung und vor allem die Förderung einer Wertschätzungskultur, in der wir vorleben, was wir fordern."

Einbeziehung der Öffentlichkeit per E-Mail

In der Pressemitteilung ist MDR-Intendantin Karola Wille zitiert:

"Wir alle haben gelernt, dass es nicht nur ausreicht, über große Reichweite zu verfügen, sondern die Nähe zu den Menschen ist ebenso wichtig wie der Nachweis des Public Value gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Und:

"Wir müssen für die Gesellschaft und für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger einen Wert darstellen - demokratische, kulturelle, soziale Bedürfnisse befriedigen."

Zur Diskussion des Themas auch mit der allgemeinen Öffentlichkeit ist eine E-Mail-Adresse eingerichtet worden, an die Gedanken, Anregungen und Impulse geschickt werden können: public-value@mdr.de.

Alle Vorträge und Panels der Public-Value-Konferenz werden aufgezeichnet und stehen zeitnah unter www.mdr.de zur Verfügung (Link tragen wir dann nach).

Hinweis: Wir werden auch in der kommenden Ausgabe des FLURFUNK-Podcasts über das Thema sprechen. Dafür haben wir u.a. ein kurzes Interview mit MDR-Intendantin Karola Wille geführt.  

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Hier der komplette Text des Leipziger Impuls mit dem Titel:

Leipziger Impuls – Gemeinwohl als Auftrag, Chance und Herausforderung

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens, er ist eine tragende Säule unserer Gesellschaftsform, der Demokratie. Er übernimmt Mitverantwortung für die öffentliche Meinungsbildung und erfüllt wichtige Funktionen, die das demokratische Gemeinwesen stärken.

Der Gemeinwohlbeitrag (Public Value) des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist gerade jetzt besonders relevant. Diskussionen um den sozialen Zusammenhalt, neue Formen der kollektiven Willensbildung über das Internet, der Strukturwandel der Öffentlichkeit und nicht zuletzt die rasanten technologischen Neuerungen führen zu einer weiter ausdifferenzierten Medienlandschaft, in der die Integrationsfunktion einen neuen Stellenwert bekommt. Dazu gehört auch das Bewusstsein für das Verbindende und Gemeinsame in einer sich pluralisierenden Gesellschaft.

Der Gemeinwohlbeitrag definiert die Schlüsselrolle öffentlich-rechtlicher Medien und muss durch aktive Führung und Steuerung in unseren Medienhäusern weiter gestärkt und immer wieder neu umgesetzt werden. Nur so werden wir unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger erhalten.

Wir Unterzeichnenden sehen sechs Handlungsfelder, auf denen insbesondere im digitalen Zeitalter die öffentlich-rechtlichen Medien neu denken müssen, wie ein Gemeinwohlbeitrag in diesem Zusammenhang entsteht und geleistet wird, der nachweisbar alle Bürgerinnen und Bürger anspricht – ob digital, analog oder am besten ganzheitlich.

1. Innovationen für die öffentliche Meinungsbildung generieren: In einer vernetzten Welt werden wir als Medienmacherinnen und Medienmacher den Gemeinwohlbeitrag in eine interaktive Diskurswelt übersetzen und integrieren. Unsere Aufgabe sehen wir darin, neuartige mediale Brücken zu bauen, die den Dialog zwischen unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen unterstützen und damit das Recht auf freie Meinungsäußerung auf verantwortungsvolle Weise kultivieren.

2. Qualität sichern und weiterdenken: Die journalistische Qualität misst sich an den etablierten professionellen Standards. Unsere Aufgabe sehen wir darin, Qualitätskriterien so weiterzuentwickeln, dass sie den aktuellen Entwicklungen standhalten und das Öffentliche auch als eigene Qualität sichtbarer machen. Mehr denn je gehört dazu, Vielfalt für alle Angebote und in allen Bereichen als Gemeinwohlqualität verantwortungsvoll zu gestalten und dafür einen entsprechenden Zugang zu ermöglichen.

3. Gemeinwohlnetzwerke schaffen: Die neue Medienwelt macht eine partnerschaftliche Vernetzung immer notwendiger. Unsere Aufgabe sehen wir darin, gemeinwohlorientierte Kommunikationsräume zu entwickeln, in dem wir zum Beispiel unsere Mediatheken vernetzen, unsere Inhalte teilen und mit Start-ups kooperieren. In der Kooperation mit anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Partnern schaffen wir effiziente und effektive Angebote für die Bevölkerung und sichern damit Teilhabe am öffentlichen Diskurs.

4. Verantwortung für Transparenz übernehmen: Die öffentlich-rechtlichen Medien sind Teil einer offenen Gesellschaft und tragen zu dieser wesentlich bei. Unsere Aufgabe als Anstalten öffentlichen Rechts bzw. öffentliche Unternehmen sehen wir darin, unser publizistisches und wirtschaftliches Handeln nachvollziehbar und überprüfbar zu machen. Eine entsprechende Transparenz ist die Grundlage für das in uns gesetzte Vertrauen.

5. Unabhängigkeit durch Einbindung sichern: Unabhängigkeit ist das Grundversprechen und Fundament der gesellschaftlichen Akzeptanz öffentlich-rechtlich finanzierter Medien. Der gesetzliche Auftrag setzt uns hierfür den Rahmen. Unsere Aufgabe sehen wir darin, unterschiedlichste gesellschaftliche Gruppen und Perspektiven in allen Bereichen und Prozessen einzubinden. Eine allumfassende Einbindung sichert unsere Unabhängigkeit.

6. Gemeinwohlorientierte Führung vorleben: Jeder Führungsansatz ist nur so gut, wie er in der Organisation gelebt wird. Wir sehen unsere Aufgabe darin, die Gemeinwohlorientierung in allen internen Prozessen und Abläufen noch stärker zum Maßstab guter Führung zu machen. Dazu gehören auch die Personalführung und vor allem die Förderung einer Wertschätzungskultur, in der wir vorleben, was wir fordern.

Die Unterzeichnenden sehen in den sechs Handlungsfeldern ein Potenzial zur gemeinwohlorientierten Zukunftsgestaltung öffentlich-rechtlicher Medien und laden zur Debatte ein – nach innen und außen.

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