Für Samstag, den 23.11.2019, haben Neonazis eine Demonstration in Hannover gegen Journalisten angemeldet.
Das ist in der Form ein Novum und eine neue Stufe im Versuch, die Medienfreiheit einzuschränken und einzelne Akteurinnen und Akteure einzuschüchtern.
Alle Hintergründe zu dem Vorgang haben die Kolleg*innen von Belltower-News aufgeschrieben: "Rechtsextreme Demo gegen Journalisten in Hannover".
Zur Unterstützung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen veröffentlichen wir hier den Aufruf, den eine Gruppe von freien Journalist*innen erstellt hat, die im Bereich Rechtsextremismus/Neonazismus recherchieren und darüber publizieren.
Aufruf: Schützt die Pressefreiheit
Angriffe sind trauriger Alltag
Rechtsextreme hassen Menschen, die über ihre Veranstaltungen, Vereine, Parteien und Straftaten berichten. Die Kollegen Julian Feldmann, David Janzen und André Aden arbeiten seit über zehn Jahren als freie Journalisten und sind, wie so viele, ins Fadenkreuz der braunen Szene geraten.
Der Hass auf die Kollegen geht so weit, dass sie regelmäßig Morddrohungen erhalten. Ein hochrangiger Neonazi-Kader sprach auf mehreren Veranstaltungen über Julian Feldmann und erwähnte dabei einen Revolver, der schon bereit liege.
David Janzen wurde von einem bekannten Braunschweiger Neonazi mit den Worten “Heute Walter [Lübcke, Anm. d. V.], morgen Janzen” bedroht. Diesen Drohungen folgen Taten, auf Janzens Privatwohnung gab es dieses Jahr bereits mehrere Anschläge.
Von zahlreichen Rechtsextremismus-Expert*innen sammeln Neonazis derzeit Bilder, öffentliche sowie private Daten. In Telegram-Gruppen der Szene wurde ein entsprechender Aufruf verbreitet. Offenbar wird ein breit angelegtes Doxxing vorbereitet, zum Schaden der Kolleg*innen.
Angriffe auf Journalist*innen und Eingriffe in deren Privatleben sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Bei Szene-Veranstaltungen werden Journalist*innen regelmäßig Opfer rechter Gewalt. Die NPD-Demonstration in Hannover ist der nächste Schritt, um Kollegen das Leben zur Hölle zu machen.
Auch neurechte Kleinstgruppen organisieren Angriffe auf die freie Berichterstattung. In zahlreichen Texten werden Journalist*innen verächtlich gemacht und denunziert. Kritische Journalist*innen werden mit kostenintensiven Unterlassungserklärungen, Klagen und Anzeigen überzogen. Fotos von Kolleg*innen werden über Szene-Medien gezielt verbreitet und zur Markierung potentieller Angriffsziele benutzt.
Mit Falschinformationen wird zusätzlich versucht, den Ruf der Kolleg*innen zu schädigen. Redaktionen sollen davon abgehalten werden, denunzierten Journalist*innen Aufträge zu geben. Innerhalb der Szene sind die Texte dafür da, Informant*innen von Gesprächen mit szenekundigen Reporter*innen abzuhalten.
Der Rechtsweg gegen solche Veröffentlichungen ist häufig aussichtslos, mit hohen Kosten verbunden und zeitraubend. Ziel der extremen Rechten ist es, Journalist*innen fertig zu machen, bis sie ihre Arbeit aufgeben.
<h3Maßnahmen ergreifen!
Vom Presserat, allen demokratischen Verleger*innen und Redaktionen sowie den Landesmedienanstalten erwarten wir, dass sie sich mit den von Hass und Drohungen betroffenen Kolleg*innen solidarisch zeigen und ihnen ihre Unterstützung anbieten.
Von den demokratischen Parteien und ihren Abgeordneten erwarten wir, dass sie Gesetze auf den Weg bringen, um Journalist*innen bei ihrer Arbeit besser zu schützen.
Wir fordern:
- Vereinfachte Verfahren für Auskunftssperren beim Einwohnermeldeamt für Journalist*innen
- Neuregelung der Impressumspflicht, um Privatadressen von Journalist*innen und Blogger*innen besser zu schützen
- Bundesweit verpflichtende Schulungen von Polizist*innen für den Umgang mit Medienvertreter*innen
- Ein Bekenntnis aller Polizeibehörden zu den Verhaltensgrundsätzen für Presse/Rundfunk und Polizei zur Vermeidung von Behinderungen bei der Durchführung polizeilicher Aufgaben und der freien Ausübung der Berichterstattung von 1993
- Sensibilisierung von Staatsanwaltschaften und Gerichten für Angriffe auf Journalist*innen und konsequente Anwendung aller rechtlichen Möglichkeiten
- Die Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten durch die Versammlungsbehörde, um Hass und Hetze gegen unsere Kollegen am 23.11.2019 in Hannover zu verhindern
Wir als Journalist*innen und Medienschaffende verurteilen die geplante Demonstration in Hannover, die Drohungen und Angriffe gegen unsere Kollegen.
Wir rufen dazu auf, sich an den Protesten gegen die pressefeindliche Demonstration zu beteiligen.
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