Presseinformation femMit - Konferenz für mehr Frauen in Medien und Politik, 12./13.04.2019 media city Leipzig
Was muss sich in Politik und Medien verändern, damit mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herrscht? Dieser Frage widmete sich gestern und heute in Leipzig die femMit - Die Konferenz für mehr Frauen in Medien und Politik.
In hochkarätig besetzten Panels und Hintergrundgesprächen kamen die unterschiedlichsten Themen zur Sprache: der Umgang mit Stereotypen, ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Quotenregelungen und vieles mehr.
Aus der ersten Ausgabe der femMit nehmen Veranstalterin Romina Stawowy und die Teilnehmenden mit: Es gibt noch viel zu tun.
"Frauen müssen sich noch besser vernetzen, um ein Umdenken in der Gesellschaft bewirken zu können. Immer wieder das Gespräch suchen, sich durchsetzen und mit Kompetenz überzeugen – in den Medien ebenso wie in der Politik. Das braucht einen langen Atem und wir stehen erst ganz am Anfang. Das sieht man auch daran, dass so wenige Männer unter den Teilnehmenden waren. Aber der erste Schritt ist getan", sagte Stawowy am Ende der zweitägigen Konferenz und kündigte an, die femMit fortzusetzen: "Das nächste Mal wird es um Frauen in der Wirtschaft gehen."
Aus dem Panel "Achtung, Stereotype! Über den Umgang mit Rollenbildern"
Mit dem Satz "Wir müssen nervig bleiben!" von Carline Mohr (Leiterin SPD-Newsroom), der gleichsam als Aufforderung an die Teilnehmenden zu verstehen ist, lässt sich die Situation in Sachen Geschlechtergerechtigkeit beschreiben.
Handlungsbedarf sahen die Speaker*innen auf verschiedensten Feldern. MDR-Intendantin Prof. Dr. Karola Wille stellte beispielsweise mit Nachdruck die Frage: "Wie kann es sein, dass Frauen immer noch schlechter bezahlt werden als Männer?", und stellte fest: "Wir haben die reale Gleichstellung von Mann und Frau, wie sie im Grundgesetz verankert ist, noch nicht erreicht." Das sei aber nur gemeinsam zu schaffen – umso bedauerlicher sei es, dass so wenige Männer an der femMit teilnehmen. "Unter uns Frauen zu bleiben, löst die Probleme nicht. Wir müssen miteinander diskutieren", forderte Wille.
Schauspielerin und Initiatorin der MaLisa-Stiftung Maria Furtwängler konstatierte, dass es eine permanente Anstrengung brauche, eine Welt zu schaffen, in der Männer und Frauen ihr Potenziale gleichermaßen entwickeln und ausleben können, und Vorurteile abzubauen. "Natürlich nehmen wir Männern etwas weg, wenn wir mehr Macht wollen, und das erzeugt immer eine Gegenreaktion. Es müsste gelingen, den Männern zu vermitteln, dass auch sie davon profitieren", sagte Furtwängler.
"Es braucht Frauen und Diversität, um institutionalisierte Strukturen aufzubrechen", stellte Unternehmerin und Autorin Diana Kinnert heraus, "50 Prozent der besseren Ideen kommen von Frauen. Deshalb wäre es blöd, da wegzuhören."
Deutlich machte sie auch, dass bei Gleichberechtigung in der Gesellschaft nicht nur in Form von Gerechtigkeit zwischen Männern und Frauen gedacht werden dürfe. "Feminismus ist für mich die systematische Abschaffung von jeglicher Diskriminierung, unabhängig von Attributen wie Geschlecht, Glaube oder körperlichen Einschränkungen", so Kinnert.
Aus dem Panel „Frauen in den Medien und was sich daran ändern muss“
"Wir werden ohne ganz klare Vorgaben nichts verändern", plädierte Barbara Rohm von ProQuote Film für die Einführung und Ausweitung von Quotenregelungen, "freiwillig werden sich Männer nicht bewegen."
Rohm wies aber darauf hin, dass der Gender Pay Gap im Kulturbereich nirgendwo so hoch sei, wie bei freischaffenden Kameraleuten. 70 Prozent weniger verdienen freie Kamerafrauen als ihre männlichen Kollegen.
Wichtig im Diskurs sei auch das Thema Führungskultur, sagte Teresa Bücker (Chefredakteurin Edition F). Sie nahm die Unternehmen als Teil der Gesellschaft in die Pflicht, sich der Lebensrealität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht zu verschließen. "Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben darf nicht bei Eltern aufhören. Wer Vielfalt und Gleichberechtigung als Wert begreift, ist auch bereit, seine Organisation umzustrukturieren", so Bücker.
Aus dem Panel „Geschafft - Frauen berichten über ihre Karrierewege“
"Erfahrungsfeministin" sei sie im Laufe der Jahre geworden, gestand Dorothee Bär (CSU), Digitalisierungsbeauftragte der Bundesregierung. "Ich fand am Anfang meiner politischen Karriere diese Frauenthemen sehr anstrengend. Irgendwann merkt man aber doch, dass man als Frau anders behandelt wird, dass es schwerer ist, weiterzukommen. Deswegen habe ich schon sehr früh angefangen, Frauen in den Hintern zu treten, zu ermutigen, andere Gehaltsforderungen zu stellen", so Bär,
"Wichtig ist, dass man ein Bewusstsein schafft und auch zu widersprechen, wenn Frauen sagen, ich kann das nicht, ich schaff das nicht." Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesfamilienministerium, äußerte ebenfalls den Wunsch, "dass sich Frauen noch mehr unterstützen und vernetzen, gerade wenn man in der Minderheit ist, ist das wichtig".
Aus dem Panel "50/50? Wie sich politisch etwas bewegen lässt"
"Alles Reden hilft nicht, es braucht Parität", forderte Sachsens Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD). Gerade einmal 15 Prozent der sächsischen Bürgermeisterämter seien von Frauen besetzt, Landrätinnen gebe es derzeit gar keine.
Ulrike Nimz, Mitteldeutschland-Korrespondentin für die Süddeutsche Zeitung, rief die Medien dazu auf, bewusster Frauen in der Kommunalpolitik als Vorbilder zu zeigen: "Es ist auch unsere Verantwortung als Journalisten, Frauen sichtbarer zu machen."
Und der FDP-Bundestagsabgeordnete Thomas Sattelberger, seit über 20 Jahren ein überzeugter Kämpfer für die Gleichberechtigung, mahnte, man dürfe die Chancengleichheit von Frauen nicht unter der Überschrift "Diversity" abhandeln: "Frauen machen 50 Prozent der Gesellschaft aus und sind keine Minderheit."
Marion Horn, Chefredakteurin der Bild am Sonntag, plädierte nachdrücklich für Quotenregelungen. "Ich könnte keine Partei ernst nehmen, die ihre Liste nicht paritätisch aufstellt. Und ich bin dafür, Führungskräfte danach zu bezahlen, wie viele Frauen sie aus der Elternzeit zurück in ihren Job holen."
Dieses Thema unterstrich am Abend auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): "Es muss für eine Frau genauso möglich sein, Karriere und Familie miteinander zu vereinbaren, wie für Männer. Da sind überall praktische Lösungen gefragt."
Aus dem Panel "Machen Frauen anders Politik?"
Sie wolle Frauen ermuntern, selbst in der Politik aktiv zu werden und nicht nur zu jammern, dass da immer nur Männer sind, sagte Serap Güler (CDU), Staatssekretärin für Integration in Nordrhein-Westfalen. "Und ich möchte auch nicht darauf reduziert werden, dass ich 'jung, weiblich, bunt' bin oder welches Kleid ich trage. Auch Frauen machen Politik mit Inhalten und vertreten wichtige Themen", so Güler.
"Frauen werden anders begutachtet", bestätigte auch Katharina Schulze, Grünen-Landtagsabgeordnete in Bayern. Frauen dürften sich dem nach wie vor männerdominierten politischen System nicht klaglos anpassen – vielmehr müsse sich das System verändern.
"Wir haben seit 100 Jahren das Frauenwahlrecht, aber noch keine Parität in den Parlamenten. Sorry, da läuft was schief! Es ist Zeit, verbindliche Regeln einzuführen, weil Freiwilligkeit nichts bringt", plädierte auch sie für Quotenregelungen.
Das würde auch dazu führen, dass Parteien gezwungen wären, talentierte Frauen zu finden, zu ermutigen und zu fördern.
"Wenn Männer Listen deshalb nicht paritätisch besetzen, weil sie denken, das zieht bei den Wählern nicht, dann habe ich damit ein Problem", betonte Eisenachs Oberbürgermeisterin Katja Wolf (Die Linke).
"Ich halte Frauen nicht von Geburt für die besseren Menschen, aber ich finde es hochgradig ungerecht, wenn sie unterrepräsentiert sind. Wie oft sitze ich als einzige Frau in Männerrunden. Und keiner der Herren findet, dass da was schief läuft."
Hier finden Sie eine Auswahl an Presseberichten: "femMit 2019: Das berichten die anderen".
Fotos: Benjamin Jenak
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