Bei den Demonstrationen gestern (15.2.2019) in Dresden gab es erneut Beschwerden von Journalisten über das Verhalten der Polizei.
Konkret sind bislang bei der Polizei sechs Beschwerden bekannt (Stand: 16.2., 17.30 Uhr) – in den sozialen Netzwerken sind aber bisher (nach unserem Kenntnisstand – wir freuen uns über Hinweise!) nur ein Video von sächsische.de/Sächsische Zeitung sowie die Schilderungen eines weiteren Kollegen des gleichen Mediums bei Twitter zu finden, die solche Situationen dokumentieren.
Das Sächsische.de-Video ist bei Twitter zu finden:
Die @PolizeiSachsen behindert auch SZ-Journalisten bei der Arbeit. #DD1502 #Dresden pic.twitter.com/HlIL4INDPh
— sächsische.de (@saechsischeDE) 15. Februar 2019
In dem Video, dass von einem uns bekannten Journalisten aus der Redaktion von Sächsische.de angefertigt wurde, fordert ein nicht zu sehender Polizist den Filmenden auf, weiterzugehen.
Als dieser sagt, er sei von der Presse, antwortet der Polizist: "Ich auch."
"Hören Sie auf mich zu schubsen!"
Auch die Ankündigung des Journalisten, seinen Presseausweis zu zeigen und den Polizeisprecher Geitner zu rufen, kaschiert der Polizist jeweils mit Ironie - bis der Medienvertreter schließlich sehr laut und deutlich sagt: "Jetzt hören Sie endlich auf mich zu schubsen!"
Woraufhin der Polizist sagt: "Ich schubse nicht" - eine Aussage, die sich allerdings nicht mit dem Wackelbild der Kamera deckt.
Der filmende Journalist sagt später am Telefon auf die FLURFUNK-Frage, wie er den Vorgang bewerte, dass der Polizist ihn schon sehr deutlich bei der Arbeit behindert hätte.
"Mehr als Behinderung"
Ein ebenfalls anwesender Kollege von Sächsischer Zeitung/Sächsische.de schildert seine Erfahrungen bei Twitter:
Polizei reagierte bei Twitter
Die Polizei reagierte direkt unter dem Video-Tweet von Sächsische.de:
"Die Situation konnte umgehend gelöst werden: Unser Pressesprecher hat mit den Journalisten und den vor Ort befindlichen Kräften gesprochen. #d1502 *pz"
Außerdem veröffentlichte die Polizei bei Twitter ein Sharepic mit dem Hinweis, dass sich im "Verlauf des Einsatzes wiederholt Medienvertreter beschwert hätten, in ihrer Arbeit behindert worden zu sein."
Die beigefügte Stellungnahme des Einsatzleiters René Demmler erschein später auch im Rahmen der Pressemitteilung über den Einsatz ("Polizeieinsatz in der Dresdner Innenstadt"):
"Die Polizei hatte es heute mit einer konfrontativen Versammlungslage zu tun. Die stellte auch für die Einsatzbeamten eine spezielle Situation dar. Dennoch darf es aber nicht zu Behinderungen der Pressefreiheit kommen. Medienvertreter, die sich in Arbeit behindert gesehen haben, bitten wir, sich an die Polizeidirektion Dresden zu wenden. Wir werden Vorwürfen nachgehen und diese aufarbeiten."
Nach unserem Kenntnisstand soll es bereits am Montag ein Auswertungsgespräch zwischen den SZ-Journalisten und der Polizei geben.
Grüne kritisieren Polizei
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, kritisierte das Verhalten der Polizei auf Twitter.
Die Polizei habe "beim Schutz der Pressefreiheit offenbar nichts gelernt", schrieb er in einem Tweet.
Lippmann spielt damit auf den sogenannten Hutbürger-Vorfall im Sommer 2018 an: Damals hatten Polizisten die Personalien eines ZDF-Kamerateams aufgenommen und die Kollegen 45 Minuten von der Arbeit abgehalten.
Der Fall hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, die Polizei hatte sich später entschuldigt (vgl. FLURFUNK vom 18.8.2018: "Am Rande einer Demonstration: Polizei nimmt Personalien von Journalisten auf").
Rechtsextreme nutzen falsche Presseausweise
Zu dem ganzen Vorgang passt ein vor wenigen Tagen bei der ZEIT veröffentlichter Beitrag: Die ausführliche Recherche zum Thema Journalistenausweis zeigt, dass es eine Reihe von Presseausweisen gibt, die leicht zu erwerben sind, und die zunehmend von Rechtsextremen und Reichsbürgern genutzt werden.
In dem Text mit dem Titel "Betrug mit dem Journalistenausweis" heißt es u.a.:
"Auf Demonstrationen und Veranstaltungen fallen Rechtsextreme mit Ausweisen der Organisationen DVPJ und GNS. auf. Sie geben sich als Journalistinnen aus, fotografieren und provozieren politische Gegner und werden von überforderten Polizisten an Absperrungen vorbeigelassen. So bewegten sich Rechtsextreme in Chemnitz mit den Ausweisen an Polizeiabsperrungen vorbei."
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