"Tageszeitungen in Thüringen werden nicht eingestellt" - so lautet eine kurze Meldung auf der Internetseite der Thüringer Allgemeinen, die am Freitag (9.2.2019) veröffentlich worden ist.
In der Meldung ist zu lesen:
"Die Thüringer Allgemeine, die Ostthüringer Zeitung und die Thüringische Landeszeitung werden neben dem bereits jetzt von vielen Lesern genutzten E-Paper-Angebot weiter als Print-Titel erscheinen. Von einem radikalen Umbruch ausschließlich auf Digital-Angebote, wie es der MDR falsch gemeldet hat, kann nicht die Rede sein."
Anlass für die Richtigstellung ist ein Bericht des MDR Thüringen mit dem Titel: "Thüringer Zeitungslandschaft vor Umbruch".
MDR berichtete über Pläne
In seinem Beitrag hatte der MDR berichtet, dass die Funke-Mediengruppe (Mutterhaus der Mediengruppe Thüringen MGT, die die drei Zeitungen herausgibt) den Umstieg auf ausschließlich digitale Zeitungen prüfe.
In der Meldung ist auch die Aussage des Unternehmenssprechers erwähnt, dass eine Entscheidung für die Zeitungen in Thüringen noch nicht gefallen sei.
Die ursprüngliche MDR-Meldung würde später dann auch um den Hinweis ergänzt, dass bislang "nur" Szenarien durchspielt würden.
Die Funke Mediengruppe reagierte außerdem bei Twitter (s. Screenshot).
Nur: Dass der Wechsel sofort und radikal erfolgen würde, hatte der MDR tatsächlich so nicht behauptet.
Und was ist jetzt Sache?
Hintergrund für die MDR-Meldung ist das Sparpaket (neudeutsch: Restrukturierung), dass das Mutterhaus Funke mit Sitz in Essen Mitte vergangener Woche verkündet hatte. Tenor: "Konsequente Ausrichtung auf digitale Produkte bei gleichzeitiger Stabilisierung der Printtitel, Schaffung von Freiräumen für Investitionen in neue Produkte durch Kosteneinsparung und Nutzen von Wachstumschancen im Newsmarkt".
In der Funke-Pressemitteilung hatte sich auch dieser Satz gefunden (den wir auch bei FB geteilt hatten):
"Für die Thüringer Titel werden laut Funke Szenarien erarbeitet, wie eine Versorgung der Abonnenten in ländlichen Gebieten mit dem E-Paper gewährleistet werden kann."
Branche im Transformationsprozess
Grundsätzlich stehen alle Zeitungstitel in Deutschland vor mehr oder weniger großen Veränderungen - das bisherige Geschäftsmodell, über Abo-Gebühren und Werbung Journalismus zu finanzieren, funktioniert zunehmend nicht mehr. Abzulesen ist dies u.a. an den beständig sinkenden Auflagen (vgl. FLURFUNK vom 4.2.2019: "Print auf dem Rückzug: IVW-Auflagen 4/2018").
Dazu kommen steigende Papierpreise, der Mindestlohn für Austräger, der Kostendruck in den Redaktionen – über kurz oder lang wird jeder Verlag reagieren müssen.
Noch hohe Auflagen und Umsätze
Allerdings muss man auch sagen: Noch (!) verkauft die MGT täglich fast 229.000 Zeitungen – der größte Teil davon geht an Abonnenten. Bei Einnahmen von vielleicht rund 300 Euro pro Abo pro Jahr (die Abogebühr der TA ist bspw. 33,90 Euro - dazu kommen Vergünstigungen etc.) ist das immer noch eine Menge Umsatz.
Gleichzeitig meldet die MGT immer mal neue Umsatzmöglichkeiten. Erst Anfang Februar verkündete die Mediengruppe Thüringen (MGT), dass man ab sofort sämtliche Werbeflächen im Erfurter Steigerwaldstadion (Spielstätte desFC Rot-Weiß Erfurt) vermarkte.
Bevor Thüringen also das erste Bundesland ohne flächendeckende gedruckte (!) Tageszeitung wird, dürfte noch einiges Wasser Ilm und Unstrut hinunterfließen. Hinzu kommt: Längst sind nicht alle ländlichen Regionen im Freistaat mit schnellem Internet versorgt.
Nachtrag 10.2.2019, 17.27 Uhr: Die FAZ hat die politischen Reaktionen aus Thüringen eingesammelt. Die Zeitung schreibt:
"In einem offenen Brief an die Geschäftsführung des Konzerns, der am Nachmittag in Erfurt veröffentlicht wurde, schrieb Vize-Ministerpräsidentin Anja Siegesmund (Grüne): 'lch wünsche mir ein klares Bekenntnis zur gedruckten Zeitung.'"
Der FAZ-Beitrag trägt den Titel: "Thüringen will nicht auf gedruckte Zeitungen verzichten".
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Hinweis 1: Wir haben uns mit dem Thema auch in unserer aktuellen FUNKTURM-Podcast-Folge (16) befasst. Hier hören.
Hinweis 2: In FUNKTURM-Ausgabe Nr. 6 (3/2017) finden Sie ein ausführliches Interview mit MGT-Chef Michael Tallai. Darin antwortet er u.a. auf die Frage, ob es seiner Meinung nach in 20 Jahren noch gedruckte Tageszeitungen geben wird. Mehr Infos zu der Ausgabe hier.
Hinweis 3: In der aktuellen FUNKTURM-Ausgabe Nr. 9 (3/2018) beschäftigen wir uns auch mit der Frage, welche Auswirkungen die Entwicklung von Social Media auf den Medienmarkt hat. Mehr zur aktuellen Ausgabe unseres gedruckten (!) Magazins hier.
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