Die vergangenen Tage mehren sich Hinweise, nach denen die Ausstrahlung von Radio-Programmen über UKW gefährdet sei - auch in Mitteldeutschland. Hintergrund ist der Streit zwischen den Programmanbietern und den Antennen-Eigentümern. Es geht um die Nutzungsentgelte für die Antennen.
Von der Abschaltung wären die Programme von MDR und diversen privaten Anbietern betroffen.
Zur Einordnung: Im Frühjahr 2017 hatte die Media Broadcast, damals noch Monopolist beim Betrieb der Sendenetze und der Sendeantennen, angekündigt, das UKW-Geschäft aufzugeben (vgl. FLURFUNK vom 15.2.2017: "Digitalisierung: Media Broadcast stößt UKW-Geschäft ab").
Inzwischen hat die Media Broadcast die Antennen bundesweit an fünf Anbieter verkauft; im Markt der Sendenetze (Netze und Antennen sind bekanntlich nicht das gleiche!) sind bereits seit 2015 zwei Wettbewerber neben der Media Broadcast am Markt: Divicon und Uplink.
Ohne Einigung keine Ausstrahlung
Die neuen Eigentümer der Antennen verlangen nun laut Branchenkreisen um die 25 bis 30 Prozent mehr Geld von den Sendenetzbetreibern für die Ausstrahlung der Programme. Ab 1.4.2018! Bei jährlichen Kosten im Mio.-Bereich geht es also gleichmal um ziemlich große Summen, die in der Folge von den Radio-Stationen bzw. den Netzbetreibern aufgebracht werden müssten.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, so heißt es, hätten die Antennen-Inhaber damit gedroht, die Programme nicht mehr auszustrahlen - es sei dann ja keine rechtliche Handhabe mehr vorhanden. So geht es zumindest aus der Darstellung der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunkanbieter APR hervor, also einer der betroffenen Parteien, für die sich die Kosten drastisch erhöhen könnten.
Auf der APR-Internetseite findet sich ein Bericht von einem informellen Runden Tisch mit den Landesmedienanstalten. Wörtlich heißt es da in dem Text vom 14.3.2018 ("Bericht vom 'runden Tisch' bei den Landesmedienanstalten"):
"Um es vorweg zu nehmen: Was das Ergebnis am Ende war, ist ganz schwer zu sagen. Anlass des Gesprächswunschs war ja, dass Erwerber von Antennen früh mitgeteilt hatten, zum 1. April 2018 würde die Programmabstrahlung unterbrochen, wenn nicht ihre Konditionen akzeptiert würden. Dieser - heute nicht anwesenden - Erwerber hatte an Uplink geschrieben, da dieser Betreiber die gestellten Forderungen nicht erfülle, sondern seinerseits Konditionen vorschlage, seien die Gespräche beendet, außerdem sei die Bonität von Uplink gering - zur allgemeinen Verblüffung CC an die technischen Leiter derjenigen Programmanbieter, die auf den Antennen dieses Eigentümers senden."
Kommt es also zur Abschaltung?
Inzwischen hat laut einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung – endlich – auch die Politik reagiert: Demnach sei das Thema bei einem Treffens der Chefs der Staatskanzleien in Brüssel besprochen worden.
Der MZ-Bericht vom 17.3.2018 trägt den Titel: "Furcht vor der Funkstille: Droht Radiomachern von MDR & Co eine Sendepause?"
Reagieren muss die Politik tatsächlich: Sollten die Betreiber der Antennen etwa den MDR bei UKW einfach "abschalten", wäre das eine medienpolitische Blamage – die vom Gesetzgeber vorangetriebene Privatisierung hätte dann zur Katastrophe geführt.
Laut dem MZ-Text ist die Abschaltung aber zunächst vom Tisch: Man habe sich beim runden Tisch informell darauf geeinigt, noch weiter zu verhandeln. Schriftlich gibt es zu dieser Vereinbarung allerdings nichts.
Strategisches Manöver oder böses Gerücht?
Im MZ-Bericht sind auch Hinweise auf andere, spannende Hintergründe enthalten: So handle es sich bei einigen Käufern der Antennen 'um Personen aus dem Umfeld von Freenet'", heißt es da. Der dahinterliegende Vorwurf: Die zu Freenet gehörende Media Broadcast – vorher als Monopolist stark durch die Bundesnetzagentur reguliert – würde sich auf diesem Wege der Preisregulierung entziehen.
Tatsächlich hätte das Szenario aus Sicht der Media Broadcast seinen strategischen Reiz: Erst ist das Unternehmen streng in den Preisen reguliert. Dann kommt die Privatisierung und die Netze und die Antennen gehen in den Verkauf. Bei den Sendenetzbetreibern entstehen zwei neue Wettbewerber, die inzwischen viele Programmanbieter unter Vertrag haben. Beim Erwerb der Antennen kommen diese allerdings nicht zum Zuge – den Zuschlag erhalten ehemalige Manager und "Verbündete" des MB-Mutterkonzerns Freenet.
Für dieses Szenario spricht ebenfalls, dass die neuen Besitzer der Antennen angeblich den technischen Betrieb als Dienstleistung von der Media Broadcast einkaufen würden.
Sollten sich also die Preise durchsetzen, könnte das die neuen Wettbewerber im Netzbetrieb gleich wieder in die Knie zwingen. Und die ehemaligen Freenet-Verbündeten würden sich eine goldene Nase verdienen.
Die Bundesnetzagentur hat wohl schon signalisiert, dass durch den vermeintlichen Wettbewerb auf Bundesebene – jetzt also fünf Antennen-Betreiber statt früher einem – keine Möglichkeit mehr besteht, die Preise für den Betrieb zu regulieren. Nur: In Sachsen beispielsweise gehören alle Antennen einem Anbieter - von Wettbewerb im auf Länderebene regulierten Radiomarkt also keine Spur.
Das alles sind aber wohlgemerkt nur Gerüchte – eine solche Lesart spielt den Programmanbietern in die Karten, die gern auf Preissteigerungen verzichten würden. Media Broadcast widerspricht dann auch dementsprechend in der Mitteldeutschen Zeitung der Darstellung: "Es gebe keine wirtschaftlichen Beziehungen zu den Erwerbern."
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