Von Alexander Laboda
Der Medienstandort Leipzig ist offenbar bald um eine Attraktion reicher. Die Anzeichen verdichten sich jedenfalls, dass an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) noch dieses Jahr eine Stiftungsfakultät mit dem fachlichen Schwerpunkt "Digitale Transformation" entstehen wird.
Finanziert wird die Neugründung zu großen Teilen von der Deutschen Telekom. Parallel dazu gibt der Konzern seine Hochschule für Telekommunikation (HfTL) in Leipzig auf. "Wir sind in den Gesprächen so weit, dass wir davon ausgehen können, neue Studierende bereits zum Wintersemester 2018/19 an der neuen Partnerhochschule einschreiben zu können", sagte Peter Kespohl, Sprecher der Telekom, auf Anfrage von FLURFUNK Dresden.
Keine Neu-Immatrikulationen
Die HfTL nimmt vor diesem Hintergrund bereits keine neuen Studierenden mehr an, bestätigte Kespohl entsprechende Berichte der Leipziger Volkszeitung ("Qualität zu schlecht: Leipziger Telekom-Hochschule nimmt keine neuen Studenten mehr auf") und der Bild-Zeitung ("Leipziger Hochschule zu schlecht").
Anders als von den beiden Zeitungen nahegelegt, hänge dieser Immatrikulationsstopp aber nicht mit einer aktuellen Entscheidung des Deutschen Wissenschaftsrates zusammen. Das Gremium, das Bund und Länder wissenschaftspolitisch berät, hatte der HfTL vorgestern (29.1.2018) die institutionelle Akkreditierung als private Hochschule versagt.
Wissenschaftsrat kritisiert fehlende Unabhängigkeit
Die Experten waren nach mehr als dreijähriger Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die HfTL den "wissenschaftlichen Maßstäben einer Hochschule nicht entspricht." Sie monieren in ihrer Stellungnahme vor allem eine nicht "hinreichende akademische Eigenständigkeit" der Hochschule gegenüber ihrer Betreiberin, also der Telekom. Zudem sei das wissenschaftliche Personal so sehr mir Lehraufgaben überlastet, dass die Forschung zu kurz komme.
Dieser Bericht habe die Leitung der HfTL und die Deutsche Telekom lediglich in ihrem bereits eingeschlagenen Weg bestätigt, sagt Konzernsprecher Kespohl: "Die Prüfung dauert ja schon länger. Wir wussten ungefähr, was auf uns zu kommt. Wir haben selbst gespürt, dass es so nicht mehr passt."
HfTL-Personal soll bleiben
Der Einschreibestopp sei den Mitarbeitern der Hochschule auch bereits am 16.1., also vor der Entscheidung des Wissenschaftsrates, bei einer Versammlung mitgeteilt worden.
Ziel sei es nun, dass die Mehrzahl der HfTL-Mitarbeiter eine neue Anstellung an der Stiftungsfakultät bekommen.
"Jeder, der dorthin mitgehen kann und will, wird dort auch einen Arbeitsplatz finden", sagte Kespohl. Dies sei Teil der Gespräche mit der HTWK Leipzig und dem Sächsischen Wissenschaftsministerium (SMWK).
Gut möglich ist sogar, dass die Mitarbeiter ihre Büros behalten können. Das HfTL-Gebäude liegt direkt gegenüber der Fakultät für Medien der HTWK.
Studierende genießen Vertrauensschutz
Die 1.600 Studierenden der HfTL können ihr Studium derweil in jedem Fall in ordnungsgemäß beenden, und zwar mit einem "staatlich anerkannten Hochschulabschluss", wie die Bildungseinrichtung selbst heute (31.1.2018) mitteilte.
In der Stellungnahme betont die Hochschule außerdem, dass der Wissenschaftsrat keine Kritik an der "Lehrkompetenz bezüglich der Studiengänge und Lehrenden" geäußert habe. Die Qualität der Lehre sei durch erfolgreiche Akkreditierungen der einzelnen Studiengänge belegt.
Die HfTL bietet aktuell vier Bachelor- und zwei Masterstudiengänge an. Auch berufsbegleitende und duale Studienformen werden angeboten. Der inhaltliche Fokus liegt auf Informations- und Kommunikationstechnik sowie Informatik.
Impulse für IT-Standort Sachsen
Die neue Fakultät für "Digitale Transformation" wird vermutlich einen ähnlichen Studien- und Forschungsschwerpunkt setzen.
In der Mitteilung der Partner zu Aufnahme der Gespräche heißt es: "Mit der HTWK Leipzig und der HfTL betreiben der Freistaat Sachsen und die Deutsche Telekom AG in Leipzig akademische Einrichtungen mit sich ergänzenden Studienangeboten und Forschungsgebieten. Von einer Bündelung dieser Kompetenzen können nach ersten Bewertungen weitere starke Impulse für die IT-Entwicklung Leipzigs und Sachsens erwartet werden."
April 15, 2018
> Studierende genießen Vertrauensschutz
> Die 1.600 Studierenden der HfTL können ihr Studium derweil in jedem Fall in
> ordnungsgemäß beenden (...)
Ganz so einfach ist die Antwort leider nicht.
Im Memorandum of Understanding steht u.a.:
> https://kleineanfragen.de/sachsen/6/12271
> Die DTAG hat im Vertrauen auf das beschriebene gemeinsame Vorhaben auf die
> Ausübung der Verlängerungsoption des Mietvertrages für das Gebäude, das den
> Lehrbetrieb der HfTL sichert, verzichtet. Damit wird ab 2020 die HfTL keinen
> Hochschulbetrieb anbieten können. Die aktuell dort Studierenden wären bei
> planmäßigem Studium auch ausgeschieden.
Mit dieser Planung wird mindestens den berufsbegleitenden Studenten vor den kopf gestoßen, denn deren Regelstudienzeit beträgt 9 Semester und dauert folglich bis zum Ende des WiSe 2021/2022 an!
Auch sei die Frage in den Raum geworfen, ob an einer in-Schließung-befindlichen Hochschule, das Maß an Lehrqualität erreicht werden kann, dass Studenten nicht notgedrungen um mindestens 1 Semester verlängern müssen und somit den HfTL-Schließtag überreizen.
Eine offensichtliche Ursache sollte dabei die Doppelbelastung der Professoren sein, sollten sie dem Rat der DTAG folgen und sich an der Stiftungsfakultät bewerben, welche bereits im WiSe 2018/2019 immatrikulieren soll.
> Ziel sei es nun, dass die Mehrzahl der HfTL-Mitarbeiter eine neue Anstellung
> an der Stiftungsfakultät bekommen.
> https://www.htwk-leipzig.de/studieren/vor-dem-studium/bewerbung/
Am 1. Mai 2018 beginnt die Bewerbungsphase für die Studienangebote an der HTWK. Ich bin gespannt, ob bis dahin Informationen zum Studienangebot für die "Digitale Transformation" existieren...