Terminhinweis: Am 26., 27. und 28.1.2018 jeweils von 18 bis 22 Uhr findet die Kunst-Installation Kami auf dem Dresdner Neumarkt, direkt vor der Frauenkirche, statt. Es geht um die Wahrnehmung von Demonstrationen und Protesten, die immer auch gefiltert durch Medien erfolgt.
In der Pressemitteilung ist zu lesen:
"Fünf Demonstranten werden in einem ganz speziellen Herstellungsverfahren lebendig. Sie schweben in einer Nebelwolke über den Neumarkt vor der Dresdner Frauenkirche und liefern den Grund für die Diskussion."
Der Künstler Sven Sauer, der sich seit zehn Jahren mit der Entwicklung von Demonstrationen auf der ganzen Welt befasst, hat das Projekt in Kooperation mit dem Dresdner Sound Artist Bony Stoev umgesetzt. Gemeinsam hinterfragen sie, wie die Medien die eigene Wahrnehmung von Demonstrationsgeschehen färben.
Wir haben den beiden Künstlern vorab eine Reihe von Fragen gestellt.
"Können wir dem trauen, was wir sehen?"
FLURFUNK: Was ist der Hintergrund für die Kami?
Sven Sauer: Bei den Kamis dreht sich alles um verfälschte Wahrnehmung. Um die Bilder, die wir täglich in den Medien sehen. Die Kamis stellen die Frage, ob wir dem trauen können, was wir sehen. Zwischen der Momentaufnahme eines Demonstranten und dem Rezipienten, der vor der Zeitung/dem Bildschirm sitzt, gibt es zahlreiche Filter: etwa den Fotografen, die Agenturen, die Redakteure und vor allem mich selbst. Sie stellen also in Frage, ob das, was wir sehen, überhaupt noch etwas mit der Realität zutun hat.
FLURFUNK: Wie kommt man dazu, sich damit künstlerisch zu befassen?
Sauer: Die Welt wird von Jahr zu Jahr immer komplexer. Wir Menschen vereinfachen aber gern. Da bleiben oft wichtige Inhalte auf der Strecke. Es ist nicht mehr alles schwarz oder weiß. Es gibt keine einfachen Antworten. Wir lernen gerade mit dieser neuen Komplexität der Welt umzugehen und das ist harte Arbeit, jeden Tag. Einfache gesellschaftliche Aussagen zu treffen, fällt immer schwerer. Das hat uns fasziniert.
FLURFUNK: Soll die Kami-Ausstellung also zur Medienkompetenz beitragen?
Bony Stoev: Nein. Kunst hat nicht die Funktion zu erziehen. Wenn die Kami-Ausstellung zur Medienkompetenz beitragen wollte, dann wäre sie keine Kunst, sondern Politik. Die Kamis sind sehr ambivalent. Je mehr wir uns selbst mit ihnen beschäftigt, desto mehr verschwimmt sogar für uns die vermeintlich klare Aussage. Genau an der Stelle wird es interessant.
FLURFUNK: Was könnten "die Medien" denn anders machen?
Stoev: Wir glauben, dass Kunst diese Frage nicht beantworten kann. Dazu ist sie einfach das falsche Medium. Die Berechtigung der Kunst beginnt dort, wo die Erklärungsversuche aller anderen Medien nicht mehr greifen. Könnten wir diese Frage einfach beantworten, dann würden wir einen Aufsatz darüber schreiben.
FLURFUNK: Wenn ich an einem Abend nun zur Frauenkirche komme - was erwartet mich genau?
Sven Sauer: Wenn ich auf den dunklen Neumarkt trete, dann werde ich vom grellen Nebel erst einmal angezogen. Komme ich näher, umhüllt mich der Sound. Ich fühle mich, als würde ich selbst mitten in einer Demonstration stehen. Erst dann sehe ich die Kamis. Wie bei einem Bullet-Time-Effekt, laufe ich um ein in der Zeit eingefrorenes Objekt herum. Ich werde zum stillen Beobachter einer, in der Realität, sehr chaotischen Situation.
FLURFUNK: Vielen Dank für das Interview
Die Kunstinstallation wird begleitet vom Kulturhauptstadtbüro der Landeshauptstadt Dresden. Das lädt am 26.1. um 17 Uhr zum Künstlergespräch den Künstlern und der Kuratorin Clara Cremer in die Unterkirche der Frauenkirche. Die Moderation übernimmt Oliver Reinhardt von der Sächsischen Zeitung. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss an die Veranstaltung wird "Kami" um 18 Uhr eröffnet.
Mehr Informationen über die Kami hier: kami-exhibition.com. Die Kami ist außerdem bei Facebook, Twitter und Instagram zu finden.
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