Heute gingen sie los: die Jugendmedientage 2016 in Dresden. Bis zum Sonntag sind mehrere hundert junge Medieninteressierte in der Landeshauptstadt. In verschiedenen Workshops oder Podiumsdiskussionen können sich die Teilnehmer ausprobieren und natürlich auch viel diskutieren. Weitere Infos gibt es hier auf der offiziellen Website oder hier im Flurfunk vom 25.9.2016.
Für den Flurfunk werden Nadine Faust und Benjamin Kutz über die Veranstaltung berichten.
Hier im Liveblog dokumentieren wir die Auftaktveranstaltung. Viel Spaß dabei!
19.22 Uhr: Es geht los. Yasmin Lairum und Jonas Kunze aus dem Bundesvorstand der Jugendpresse Deutschland eröffnen die Veranstaltung. "Wir als Jugendliche machen manchmal einfach. Und das macht uns doch auch aus".
19.26 Uhr: In einem Video stellt sich das Team der Jugendpresse noch einmal vor. Und erklärt für alle Teilnehmer, die noch nicht dabei waren: Was machen wir hier eigentlich bei den Jugendmedientagen?
19.31 Uhr: Fazit des Videos: "In den Jugendmedientagen steckt so viel Herzblut, so viel Energie, so viel Leidenschaft. Das lohnt sich einfach, das kennenzulernen." Wir sind gespannt.
19.33 Uhr: Nach einer kurzen Einführung des Moderators folgt ein episches Vorstellungsvideo der Brake-Dance-Gruppe "The Saxons", dem ersten Act des Abends.
19.41 Uhr: Hier sind die guten Herren. Titel: Brakedance oder Gruppenkuscheln?
19.44 Uhr: Es spricht Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain. Er dankt im Namen der Stadt, dass die Medientage dieses Jahr in Dresden stattfinden. Außerdem gilt sein Dank allen Teilnehmern: "Sie alle leisten einen wichtigen Beitrag dafür, dass dieses Land so ist, wie es ist. Demokratisch, engagiert, offen. Machen Sie weiter so, vielen Dank!"
19.48 Uhr: Nächster Redner ist Filmemacher und Journalist Hubertus Koch. Für seine Doku über Syrien, "Süchtig nach Jihad", hat er verschiedene Preise gewonnen. Er spricht zum diesjährigen Leitmotiv "Medien- oder Märchenland".
19.52 Uhr: "Hintergrundanalysen werden oft von den Medien verschwiegen, weil es die Masse nicht sehen will."
19.54 Uhr: "Im Zustand des emotionalisierten Publikums geben Medien oft ihre Freiheit ab, um den Erwartungen der hysterischen Zuschauern zu genügen. Gerade da sollten Medien lieber einmal innehalten."
19.58 Uhr: "Die Welt im Politikjournalismus ist schwarz und weiß. Jeder Journalist schafft seine eigene journalistische Wahrheit."
19.59 Uhr: "Lügenpresse schreien nur Leute, die keine Ahnung haben, wie Medien funktionieren."
20.03 Uhr: Die Keynote ist vorbei. Nahtlos geht es weiter mit der Podiumsdiskussion. Thema: Wie frei die Medien in Deutschland wirklich? Neben Hubertus Koch werden Dirk Benninghoff, Chef bei der Agentur fischerAppelt, Robert Kuhne von tag24 und Morgenpost Sachsen und Boris Eichler, Kommunikationsleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung auf dem Podium.
20:10 Uhr: Eine Video-Umfrage unter den Teilnehmern kam zum Ergebnis, dass die Presse in Deutschland sehr frei ist. "Dann können wir ja hier aufhören", fasst Moderatorin Prof. Barbara Pfetsch von der FU Berlin den Clip zusammen. Die Diskussion möchte aber in eine andere Richtung. Die (doch sehr steile) These: Die Presse ist intransprent, einseitig, verharmlosend.
Free Media=Free Minds. Kommunikationschef der @FNFreiheit auf Podium der #jugendmedientage#jmt16 in #Dresden@jugendpresse@JPSachsenpic.twitter.com/eGxfkUgAzj
— Yulivee (@Joyulivee) 27. Oktober 2016
20.18 Uhr: Frage in die Runde: Wie frei ist die Presse in Deutschland? "Es gibt Zwänge durch das Publikum, ganz klar. Aber was ist das für ein blödes Publikum, was nur irrelevanten Mist anklickt?", fragt Robert Kuhne von tag24.de.
20.22 Uhr: Hubertus Koch: "Ich bin kein freier Journalist, wenn ich irgendwo verbandelt bin. Klar dürfen die Leute dann trotzdem darüber schreiben, aber das ist dann kein wirklich freier Journalismus."
20.27 Uhr: Kuhne: "Man ist aktuell total fehleranfällig. Wir fragen uns: wie wahrhaftig und wie richtig können wir noch berichten, wenn wir so schnell sein müssen? Wir bringen das dann raus und hoffen, dass wir den richtigen Ton getroffen haben."
20.30 Uhr: Benninghoff: "Das geschriebene Wort ist heute nichts mehr wert. Fürs Schreiben von Agenturmeldungen bekommt ein Journalist heute oft mehr als für aufwendig recherchierte Geschichten."
20.32 Uhr: Das Podium diskutiert darüber, was aus Medien denn geworden ist. Kuhne: "Heute kann sich jeder sein Handy schnappen, einen Facebook-Livestream starten und schon ist er ein Medium." Koch: "Dadurch, dass jeder Medium sein kann, sollte es ja eigentlich einfach sein, über Probleme wie den Syrien-Konfikt zu berichten. Diese Menschen werden aber selten als Quelle genutzt. Da fehlt die Courage der großen Medienhäuser, einfach mal auf diese Leute zuzugehen. Es war nie einfacher als jetzt."
20.39 Uhr: Filmemacher Koch: "Den Zuschauern war es bei meinem Film eine Wohltat, dass sie ein Gesicht zu einer Meinung hatten. Für viele sind 'die Medien' ein großes Geflecht, bei dem alle unter einer Decke stecken. Stattdessen sollten die Journalisten Gesicht zeigen und klar sagen, wo sie inhaltlich stehen."
20.41 Uhr: Benninghoff: "Wer kritisiert denn die Freiheit der Medien? Menschen mit totalitären Gesellschaftsvorstellungen! Wo würden wir als Journalisten denn stehen, wenn wir aufgrund solcher Meinungen unsere Stellung ändern würden?"
20.43 Uhr: Prof. Pfetsch öffnet das Podium für Fragen.
Podiumsdiskussion #JMT16. Ich höre nur: Journalisten machen alles super, die Leute konsumieren Medien falsch. #sehrselbstkritsch
— Sabrina Winter (@1994SW2009) 27. Oktober 2016
20.50 Uhr: Es kommt zum Streit auf dem Podium. Benninghoff (ehemals Bild-Mann) meint, man solle sich mehr auch das einstellen, was das Publikum will. Koch hält das für gefährlich.
20.55 Uhr: Die Moderatorin mag in der Fragerunde keiner so recht aussprechen lassen. Das macht es nicht gerade leichter, der Diskussion zu folgen.
21.09 Uhr: Frage aus dem Plenum: "Kann man auch die Medien für Terroranschläge mitverantwortlich machen?" Benninghoff: "Die Lösung ist aber auch nicht, nicht darüber zu berichten. Dann dürfte man auch nicht mehr über den Nationalsozialismus berichten, nicht mehr über die die AfD, nicht mehr über Pegida. Dann dürfte ich über alles, was ich für schlecht halte als Journalist, nicht mehr berichten." Eichler sieht das anders: "Es gibt Aggrements, über bestimmte Dinge nicht mehr zu berichten. Zum Beispiel bei Suiziden gab es oft Wellen der Nachahmung. Deswegen wird das nicht mehr in aller Ausführlichkeit gebracht. Zumindest in Bezug auf den Umfang sollten wir auch bei anderen Dingen darüber nachdenken."
21.11 Uhr: "Viele Medien schüren allein durch die Form der Berichterstattung Angst. Warum muss die ARD bei den Anschlägen in München gleich einen Terrorexperten einladen. Das spricht doch für sich."
21.15 Uhr: Ein Flüchtling aus Syrien aus dem Publikum beklagt sich über die Berichterstattung: "Es gibt keine positive Berichterstattung über Flüchtlinge. Alte Menschen akzeptieren uns nicht, weil sie ihr Wissen nur aus Zeitungen haben und Vorurteile haben." - Koch: "Normalitäten sind keine Meldungen. Das Problem ist, dass im Gegensatz dazu jeder eventuelle sexuelle Übergriff gleich eine Meldung ist." Benninghoff möchte eine Lanze für die Medien brechen. Im Vergleich zu den 90ern sei das Bild in den Medien deutlich positiver. "Wir als Medien haben einfach nicht mehr die Macht wie früher, die Leute zu beeinflussen und zu zeigen, dass Flüchtlinge nicht per se böse sind."
21.23 Uhr: Als letzte Frage nochmal ein komplett anderes Thema auf dem Podium: Was ist ihre Meinung zum Fall Böhmermann? Koch: "Direkt danach dachte ich: Der arme Böhmermann. Der ist davon ausgegangen, dass jeder versteht, worum es geht. Aber natürlich ist er ein bisschen übers Ziel hinausgeschossen". Kuhne: "Er hat alles bekommen, was er wollte und hat das gut ausgeschlachtet und ausgekostet. Ich habe da kein Mitgefühl. Der hat sich nunmal auf ein gefährliches Feld begeben." Benninghoff: "Super Lyrics. Mehr kann man nicht sagen!" Und schließlich Eichler: "Der hat uns auf einen Paragraphen aufmerksam gemacht, den jeder schon vergessen hatte. Das war super. Als Journalist denke ich mir: Wir haben auch noch einen Gotteslästerungspraragraph - lasst uns dagegen anschreiben. Es gibt noch viele fragwürdige Gesetze."
21.25 Uhr: Die Podiumsdiskussion ist beendet. Und irgendwie trotzdem alle Fragen offen. Der Moderator übernimmt. Sein selbst ernannter Auftrag (Zitat): "Ich bin heute hier, um euch auf den Keks zu gehen."
21.28 Uhr: Und damit beenden wir für heute auch unsere Live-Berichterstattung. Danke für Ihr und Euer Interesse!
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