In diversen Telefonaten und Chats gestern (24.8.2016) bin ich aufgefordert worden, folgende Einschätzung doch mal ins Blog zu bringen. Es handelt sich dabei um meine völlig subjektive Einschätzung. Aber die Tatsache, dass diverse Personen in meinem medialen Umfeld am frühen Morgen – genau wie ich – verzweifelt versucht haben, mehr über die DNN-Meldung zu Frank Richter in Erfahrung zu bringen, bestärkt mich in folgender Einschätzung: Ziemlich versemmelt.
Zur Einordnung mein chronologischer Ablauf zur Nachricht:
Heute morgen höre ich im Auto, das Kind zur Schule bringend, die Nachrichten von MDR Radio Sachsen (ja, ich bin schon so alt ;-)). Da sagt die Sprecherin (sinngemäß): "Frank Richter will die Landeszentrale für politische Bildung verlassen. Er wechselt zur Stiftung Frauenkirche. Das berichten die Dresdner Neueste Nachrichten."
Bitte was?! Erster Gedanke: Das kann nicht sein! Nicht, weil es nicht sein darf – sondern weil es mir so unwahrscheinlich erscheint. Zumal wir gestern noch – in gemütlicher Runde – miteinander gesprochen haben… da hörte sich das nicht so an! Zweiter Gedanke: Das muss eine Ente sein. Dritter Gedanke, ohne zögern: So eine Ente in der DNN? Extrem unwahrscheinlich… eigentlich ausgeschlossen.
Also will ich mehr wissen. Sofort! Das Kind schnell an der Schule abgeworfen und noch vor der Schule das Smartphone gezückt: DNN.de eingeben, gucken, staunen: nix. Noch nicht mal ein Teaser mit Link zur bezahlten Ausgabe. Kein Wort.
Ah, verstehe, muss ich mich wohl einloggen – endlich lohnt sich die Abogebühr mal! Eingeloggt, wieder staunen, dieses Mal schon leicht irritiert: Da kann man ja nur seine Profileinstellungen bearbeiten!? Den Nachrichten-Button gefunden, draufgeklickt – häh, die gleichen Meldungen auf der Startseite wie vorher? WTF!?
Okay, dann noch mal ganz anders, jetzt über Google: frank+richter+dnn. Ergebnis: nix. Noch nicht mal die MDR-Meldung!
Irritation. Ist es doch eine Ente? Oder eine Falschinterpretation durch die Radio-Redaktion?
Also mdr.de. Da steht dann tatsächlich, versteckt in den Nachrichten, was das Ohr eben gehört hat. Richter will gehen. Kleine Abweichung zur gehörten Meldung: „Das meldet die Leipziger Volkszeitung.“ Nun gut, ist ja eh ein Haus… Wie hieß es gleich noch bei der Strategie Madsack 2018: „in der Region stark…“
Also ab ins Büro, den Rechner angeschmissen, den Online-Auftritt und dort das ePaper geladen. Da steht es dann tatsächlich, groß auf Seite 1, einschließlich etwas unentschlossenem Kommentar auf Seite 4.
Erstes Fazit: Die DNN haben eine – in meinen Augen – hochkarätige Exklusiv-Meldung in der Zeitung – und diese online einfach verschenkt!
Eine Stunde später habe ich meine Meldung für den Flurfunk fertig, habe mir ein "Kein Kommentar" aus der Landeszentrale und eine erste, indirekte Bestätigung über das Kultusministerium geholt. Ein befreundeter Journalist wird später am Telefon zu mir sagen: Stimmt, das hat mich auch sehr gewundert: Du warst der erste, der die Meldung online hatte.
Ich hätte übrigens, werte Kollegen von der DNN, tatsächlich auch einfach retweetet, euren Teaser geteilt, was auch immer – ich bin ja eh immer der Meinung, man muss nicht alles zweimal aufschreiben. Da war nur nix!
Um 10.39 Uhr dann ist man auch bei der DNN wach. Es erscheint der Zeitungsbericht auf DNN.de. Und wird vermutlich auch über die entsprechende Online-Kanäle verbreiten. Da ist die Meldung – online zumindest – aus meiner Sicht längst durch.
Auch, das muss ich zugestehen, wenn sich alle anderen Medien nach wie vor auf die DNN beziehen (wir auch) – so fair ist man dann doch in der Branche.
Noch etwas später realisiere ich: Ich hätte mir ja auch einfach die DNN-App aufs Smartphone runterladen, mich dort einloggen und das ePaper anschauen können. Blöd, dass ich wie ein ziemlich großer Teil der Netznutzer eher ein App-Muffel bin.
Andere sind dafür halt eben Online-Muffel. Ihr offenbar. Jeder wie er will.
Nachtrag I: Heute (25.8.) ist die Meldung von gestern bei DNN.de eine der Aufmacher-Meldungen.
Nachtrag II: Die DNN legt heute in der gedruckten Ausgabe noch mal nach. Wörtlich steht da am Anfang: "Gestern Morgen war die Nachricht in der Welt, gegen Mittag kam die offizielle Bestätigung". Unterzeile der Meldung: "Job-Wechsel von Frank Richter sorgt für Aufsehen". Stimmt.
September 2, 2016
Nach unserer Ungarnreise erfuhren wir von der uns regelrecht umhauenden Meldung zum geplanten Weggang des von uns so hoch geschätzten Direktors der Landeszentrale für Politische Bildung.
Wir haben Herrn Dr. Richter mehrfach bei Veranstaltungen in der Landeszentrale erlebt und seine ausgesprochen liebenswürdige, menschliche Art schätzen gelernt. Man kann sich kaum vorstellen, einen Nachfolger für ihn zu finden, der solche Qualitäten in sich vereint. Uns beeindruckt besonders seine mutigen Entscheidungen zur Gesprächsführung mit PEGIDA und sind uns sicher, dass er damit einen Beitrag gegen die gelegentlich anzutreffende Verteufelung ihrer Anhänger geleistet hat, ähnlich so, wie auch der SPD-Vorsitzende Gabriel.
Dr. Elke und Ernst-Dietrich Frey