Mit Lügen gegen “Lügenpresse”: Anonyme Postwurfsendung warnt vor “SZ” und “DNN”

Kann man wirklich so dämlich sein, die "Lügenpresse" mit Lügen bekämpfen zu wollen?

Eine Leserin der "Dresdner Neueste Nachrichten" fand heute morgen das im Bild dokumentierte zweiseitige Schreiben im Briefkasten und leitete es an die Redaktion weiter. Ihr Briefkasten sei eindeutig als der eines "DNN"-Abonnenten zu erkennen, so die Leserin. Unklar ist, wie oft das Flugblatt verteilt worden ist oder ob es sich um einen Einzelfall handelt.

In dem Papier warnt ein unbekannter Absender vor der angeblich einseitigen Berichterstattung durch "Dresdner Neueste Nachrichten" ("DNN") und "Sächsische Zeitung" ("SZ"). Und legt dabei selbst eine ziemlich einseitige Vorgehensweise an den Tag.

Wörtlich ist da zu lesen:

"Sehr geehrter Leser (generisches Maskulinum), vielleicht ist Ihnen in den letzten Monaten auch schon einseitige Berichterstattung aufgefallen bei der die Neutralität der Medien eindeutig verletzt wird. Es werden sogar gezielt Lügen und Verleumdungen verbreitet, um geplante politische Ziele durchzusetzen. Dies ist auch kein Wunder, denn die großen Zeitungen sind im Besitz der Parteien und somit natürlich politisch gelenkt."

Gleich hier der Hinweis: Es gibt zwar Zeitungen in Deutschland, an denen Partei-Organisationen wirtschaftlich beteiligt sind - das ist aber die absolute Ausnahme. Die Aussage: "die großen Zeitungen sind im Besitz der Parteien" stimmt also so schon mal nicht.

Als vermeintliche Belege für die These, die Zeitungen seien politisch gelenkt, solle man "Reportagen über die Ukraine, Russland oder die aktuelle 'Flüchtlings'-krise" lesen. Konkrete Belege oder Artikel, die die Verleumdungen oder die "Verletzung der Neutralität" belegen könnten, liefert das Papier allerdings nicht.

Es geht aber noch weiter: Die Berichterstattung würde deutlich machen, so das Flugblatt,

"dass keine andere Meinung (trotzdem sie gesetzeskonform ist und angeblich das Recht auf freie Meinungsäußerung besteht) geduldet wird. Stattdessen werden kritische Stimmen, welche sich für die Wahrung des Friedens und der Gesetze stark machen als Nazis, Pack oder Dumpfbacken beleidigt."

Puh, eine ganz schön schräge Argumentation. Denn selbst wenn die Berichterstattung so einseitig wäre wie behauptet, besteht ja trotzdem noch nach wie vor die Möglichkeit, anderer Meinung zu sein oder diese kundzutun (zum Beispiel über ein Flugblatt?).

Auch an anderer Stelle hinkt die Argumentation gewaltig: Das Wort "Dumpfbacken" haben wir bislang in keiner Zeitungsmeldung gelesen. Selbst wenn wir etwas übersehen haben: Es taucht sicher nicht häufiger auf, so dass man von der Unterdrückung anderer Meinung sprechen könnte.

Auch die Worte "Nazis" und "Pack" gehören nach unserer Wahrnehmung nicht unbedingt in das tägliche Repetoire der beiden Zeitungen. Die wir hier fast täglich lesen. Aber gut.

Mit fetten Lettern wird dann auf die wirtschaftlichen Besitzverhältnisse hingewiesen:

"Die SPD unterhält 100% Medienbeteiligung bei der DNN und 40% bei der SZ/Mopo."

Eine glatte Lüge. Tatsächlich ist die SPD-Medienholding ddvg an dem Mutterhaus der "DNN" beteiligt - "mit rund 23,1%", wie das Unternehmen auf seiner eigenen Internetseite transparent macht. Wikipedia verrät außerdem die übrigen Gesellschafter. Ein Minderheitsgesellschafter, der eine Zeitung "politisch lenkt"? Da hat offenbar jemand keine Ahnung von Gesellschaftsrecht und schon gar nicht von den Abläufen innerhalb von Zeitungsredaktionen. Oh weh.

Woher der Wind weht, wird im weiteren Verlauf des Papiers deutlich: Da werden dann Quellen wie das Buch "Gekaufte Journalisten" von Udo Ulfkotte empfohlen (wie war die Argumentation: andere Meinungen werden nicht zugelassen? Warum ist das Buch dann frei im Handel erhältlich?); außerdem solle man sich zu den Themen Bilderberger, Skulls und Bones, Eigentümer der FED usw. informieren. In bestimmt viel seriöseren Quellen (unsere Empfehlung: bitte recherchieren Sie die Begriffe stets auch in Verbindung mit dem Wort "Verschwörungstheorien").

Zitat aus dem Schreiben:

"Recherchieren Sie selbst und glauben Sie nicht die unisono aufgebeteten Floskeln der gleichgeschalteten Medien."

Dem halten wir dann mal entgegen:

Glauben Sie bitte nicht alles, nur weil es irgendwo im Internet oder auf gedruckten Flyern steht. Nutzen Sie immer mehrere Medien, um sich zu informieren, und vor allem ihren Verstand. Und versuchen Sie besser nicht, die "Lügenpresse" mit Lügen zu bekämpfen.

Das lässt Sie ganz schön doof aussehen.

Hier der Flyer in voller Länge (soll uns ja keiner unterstellen, wir würden andere Meinungen nicht zulassen):

Zeitungskritik-I Zeitungskritik-II

 

20 Kommentare
  • Frank
    September 17, 2015

    Ach Gottchen, auch die obligatorische Warnung vor HAARP wurde nicht vergessen (damit steuert man Chemtrails. Steht zumindest so im Netz, also muss es ja stimmen ;-) ). An der Stelle dachte ich schon, dass dieses Schreiben nicht aus dem PEGIDA-Umfeld stammen muss, sondern eher von den Dresdner Wahnwichteln sein könnte. Die gibt es ja auch noch und die treffen sich zufälligerweise auch immer Montags. Aber die hätten dann wohl doch nicht KOPP und netzplanet als wichtige Informationsquellen empfohlen.

  • lmh
    September 17, 2015

    Und was steht im Impressum?

  • Harry
    September 17, 2015

    In dem Satz "Das lässt sie ganz schön doof aussehen." müsste sie groß geschrieben werden. So ist es sinnentstellend.

  • owy
    September 17, 2015

    @Harry Danke für den Hinweis, habe es korrigiert!

  • Nao
    September 17, 2015

    „Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: «Ich bin der Faschismus» Nein, er wird sagen: «Ich bin der Antifaschismus».“

    Wem fallen da sonst noch spontan Phrasen wie "Ich habe ja nichts gegen Flüchtlinge, aber..." oder "Ich bin zwar kein Nazi, aber ..." ein?

  • Martin
    September 17, 2015

    Die Aufforderung an die Leser dieser Blätter, Vorgänge auch aus anderen Perspektiven zu betrachten, ist immer eine gute Idee. Wo ist das Problem?

  • Andre
    September 23, 2015

    Vielleicht hilft euch dieser link:

    https://antilobby.wordpress.com/brd-organisation/medienbeteiligungen-der-spd/

    Herbstliche Gruesse

  • Rosa L.
    September 23, 2015

    Dennoch ist was dran, guckschduda:
    http://sciencefiles.org/2012/04/20/spd-sozialdemokratischer-pressekonzern-deutschland/

  • Bernd H.
    September 23, 2015

    Was hat denn die Lügenpresse gegen Lügen? Dass es nicht die eigenen sind?
    Lügen gegen Lügen - das stellt im Sinne der Fairness Waffengleichheit her.

  • Monarchist
    September 23, 2015

    Naja, ganz falsch ist das Blatt nicht, geht aber nicht weit genug. Schließlich ist der Mindestlohn auch so ein Kuhhandel der SPD mit den Verlagshäusern.

    Daneben könnten aber auch handfeste ökonomische Gründe für
    die Übereinkunft eine Rolle gespielt haben, jedenfalls mit Blick auf die
    SPD. Die ist nämlich nicht nur eine politische Partei, sondern auch
    Alleineigentümerin der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft
    (ddvg).

    Die ddvg erzielt jedes Jahr einen zweistelligen Millionengewinn . Der
    größte Teil davon wird an die SPD als Gesellschafterin ausgeschüttet , was
    erklärtermaßen zur finanziellen Unabhängigkeit der Partei beitragen
    soll. Als Verlagsgruppe erreicht die ddvg allein mit ihren Tageszeitungen eine Gesamtauflage von rund 435 000 Stück. Die meisten Exemplare gehen an Abonnenten, die allmorgendlich von Zeitungsboten beliefert werden.

    Somit profitieren auch die ddvg und damit indirekt die SPD vom Geschenk
    ihrer Ministerin an Deutschlands Verleger.

  • tom62
    September 23, 2015

    Obenstehendes, wahrlich dümmliches Pamphlet mit teilweise falschen Angaben, die offensichtlich auf Halbwissen zurückgehen, widerlegt und beweist nichts und seine Erwiderung hier (die ebenfalls höchstens Halbwissen erzeugt) widerlegt und beweist nichts. Daß (nicht nur) die SPD eine ganze Reihe von Medienbeteiligungen von wenigen bis zu hundert Prozent unterhält, ist allseits bekannt und ein Narr ist, wer glauben machen will, daß dies nicht zumindest eine entsprechende Beeinflussung der "veröffentlichten Meinung" mit sich brächte - wir haben eine im wesentlichen gleichgeschaltete Presse- und Medienlandschaft und wir sehen, hören oder lesen die Resultate jeden Tag. Das wird auch mit dem Ausschlachten solcher Fehler, wie sie hier genüßlich präsentiert werden, nicht anders.

    Und natürlich hat der Verfasser des oben dargestellten Pamphlets in einer Sache recht: Wenn Veröffentlicher politisch unliebsamer Meinungen nicht nur mit den üblichen o. a. "Etiketten" belegt werden etc. pp., um deren Äußerer mundtot zu machen, statt diesen Ansichten auf der sachlichen Ebene zu begegnen, um sie ggf. widerlegen zu können, dann ist "Meinungsfreiheit" nur noch eine Pro-Forma-Angelegenheit und die Demokratie verkommt zur Simulation.

  • Klaus
    September 23, 2015

    In der Tat falsch/fehlerhaft formuliert

    „Die SPD unterhält 100% Medienbeteiligung bei der DNN und 40% bei der SZ/Mopo.“

    Richtig ist, die SPD Medienholding ist der grösste Gesellschafter von Madsack und verfügt deshalb bei allen Madsack Beteiligungen (wie der DNN) über entscheidenden Einfluss.

  • owy
    September 24, 2015

    @Monachrist

    "Naja, ganz falsch ist das Blatt nicht, geht aber nicht weit genug. Schließlich ist der Mindestlohn auch so ein Kuhhandel der SPD mit den Verlagshäusern."

    Das ist, mit Verlaub, totaler Unsinn. Die Zeitungsverlage haben einige Hebel in Bewegung gesetzt, den Mindestlohn zu verhindern. Er hat nämlich zur Folge, dass der Vertrieb komplett umgebaut werden muss und erheblich teurer wird, also die Gewinne, auch die des Gesellschafters ddvg, schmälert.

  • owy
    September 24, 2015

    @tom62 Danke für den Kommentar. Die Aussage: "wir haben eine im wesentlichen gleichgeschaltete Presse- und Medienlandschaft" kann man in zwei Richtungen interpretieren:

    A. In Bezug auf das, was am Ende rauskommt. Da ist tatsächlich eine Art gemeinsamer Tenor bei "der Medienlandschaft" bei der Interpretation vieler Nachrichten festzustellen, da bin ich ganz bei Ihnen. Manchmal/häufig wirkt das "gleichgeschaltet". Das liegt m.E. daran, dass Medien zu häufig auf die Interpretation anderer Medien schielen.

    B. Man könnte Ihre Aussage auch so verstehen, als gäbe es eine - zum Beispiel von der Politik - gleichgeschaltete Presse, wie man es aus Diktaturen kennt. Das widerum stimmt sicher nicht. Ich empfehle den Besuch in einer Redaktion und die längere und häufigere Auseinandersetzung mit Journalisten. Fragen Sie da mal die Einstellung zu Versuchen der Einflussnahme ab - das wird Ihnen bestätigen, dass es keine politische Gleichschaltung gibt.

  • Klaus
    September 24, 2015

    @owy

    Monachrist meint wohl die Ausnahmen vom Mindestlohn, die man den Verlagshäusern und Werbeverteilern zugestanden hat.

    Ein absoluter Skandal (abgrundtief asozial wie man es von der SPD kennt) und garantiert verfassungswidrig, aber dazu natürlich kein Ton in den Medien.

    Interessant auch, wie schnell man die Asylanten als neue Billiglöhner entdeckt hat, weitere Ausnahmen vom Mindestlohn sind schon in Vorbereitung.

  • Klaus
    September 24, 2015

    @owy

    Die deutsche Presse- und Medienlandschaft hat sich praktisch freiwillig selbst gleichgeschaltet.

    Politiker und Medienmacher rekrutieren sich heute praktisch aus der selben Gruppe und verfoilgen die gleichen Ziele.

  • Hans-Ulrich Hofer
    September 25, 2015

    Auch wenn die SPD nur indirekt und nicht zu 100% beteiligt ist, stimmt der Vorwurf im Kern schon: Sowohl DNN als auch SZ berichten einseitig, selektiv und tendenziell. Aktuelles Beispiel ist die Berichterstattung über angebliche Pöbeleien von PEGIDA-Teilnehmern gegen Schüler: Video-Aufnahmen beweisen übelste verbale Entgleisungen der Schüler, während die PEGIDA-Leute recht gelassen reagieren.

  • owy
    September 26, 2015

    @Hans-Ulrich Hofer Der Vorwurf, dass Medien "einseitig, selektiv und tendenziell" berichten, ist so alt wie es Medien gibt.

    Die Selektion (und damit das Ende der Objektivität bzw. der geforderten "Neutralität") beginnt schon bei der Auswahl (Selektion) des jeweiligen Themas. Heißt: Es gab noch nie objektive, oder gar neutrale Medien. Die Wertung eines Sachverhalts beginnt mit der Entscheidung, darüber zu berichten (oder nicht).

    Wenn Sie die Perspektive wechseln, könnten Sie auch argumentieren, dass die Medien mit ihrer Berichterstattung über Pegida den ganzen Zirkus maßlos aufgewertet haben. Ohne die Berichterstattung der Medien hätte Pegida nicht im Ansatz soviel öffentliche Wahrnehmung, wie es hat. War das also auch selektive und einseitige Berichterstattung?

    Was ich sagen will: Es gibt die eingeforderte "Neutralität" nicht. Die gab es nie. Aber es gibt immer schon Menschen, die der Meinung sind, sie würden falsch informiert bzw. nicht korrekt wiedergegeben.

    Das einzige Mittel, was dagegen hilft, ist immer mehrere Medien zu konsumieren. Und sich im Zweifel selbst ein Bild zu machen.

    Wende ich diese Methode an, komme ich zu dem Schluss: Die inhaltliche Kontrolle durch die Partei SPD gibt es nicht. Es gibt einen Gleichklang in der Interpretation von Sachverhalten durch viele Medien, richtig - das mag den Eindruck einer Gleichschaltung bestärken. Es mag auch eine leiche Linkstendenz bei Journalisten geben - wobei: Ich habe auch schon sehr konservative Kommentare in beiden Zeitungen gelesen.

    Mein persönliches Fazit: Die unterstellte Gleichschaltung der Medien gibt es nicht.

  • Daniel
    Oktober 8, 2015

    Hier scheinen nicht zwingend gebildete Menschen am Werk zu sein. Feuer mit Feuer bekämpfen muß gelernt sein. Das die Presse aber einig Zahlen fälscht, davon gehe ich immer noch aus und der Beweis findet sich sehr oft, auch bei anderen Mitteilungen in anderen Sparten.

  • Ronald
    November 24, 2015

    Pegida und die dahinter stehende Bevölkerung als Zirkus zu bezeichnen sagt doch schon alles über die Position der Lügen-Medien. Das Flugblatte bringt die tatsächlichen Verhältnisse meines Erachtens auf 2 Seiten wesentlich besser zum Ausdruck als eine SZ oder DNN auf 20 Seiten. da kann ovy hier gegenrudern und relativieren wie er will. Vllt sollten es die genannten Medien auch mal mit Flugblättern versuchen? Die haben übrigens auch den Vorteil, daß sie für den Leser kostenlos sind. ;-) Warum wohl lesen eimmer weniger Leute SZ und immer mehr Leute Compact Magazin? Und verschonen Sie mich jetzt bitte mit geschönten offiziellen Zahlen! Jede Statistik (Arbeitslosen, Umfragewerte irgendwelcher Politiker etc... ) läßt sich nach Belieben des Auftraggebers erstellen. Das geht schon bei der Fragestellung los. Klasse Link übrigens Andre! ;-)

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