Studie zu Programmstruktur und Themenauswahl von WDR und MDR

Die Otto-Brenner-Stiftung hat am 27.7.2015 die Ergebnisse ihrer Studie zu Programmstruktur und Themenauswahl der öffentlich-rechtlichen Sender MDR und WDR veröffentlicht.
In Kooperation mit dem Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaften der FU Berlin haben die Autoren, Professor Joachim Trebbe, Anne Beier und Matthias Wagner von der Arbeitsstelle Medienanalye und Forschungsmethoden eine Woche das Programm von WDR Köln und MDR Sachsen-Anhalt intensiv betrachtet. Ihre Fragestellung: Erfüllen MDR und WDR ihren Programmauftrag?
Ihre Antwort fällt unbefriedigend aus. Zwar dient das Programm beider Sender der Information und Bildung, Beratung und Unterhaltung – die Schwerpunktsetzung lässt allerdings noch Wünsche offen.

Die Ergebnisse zeigen, dass der Anteil von Human-Touch-Inhalten auffällig hoch ist. Dazu zählen vor allem Beiträge über Prominente aber auch über Kriminalität oder Katastrophen. Diese weichen Themen mit Unterhaltungsfaktor machen beim MDR 18 Prozent, beim WDR 17 Prozent aus.

In der Pressemitteilung der Otto-Brenner-Stiftung heißt es dazu:

Jetzt bestätigen die neuen Ergebnisse abermals, "dass Human-Touch-Berichterstattung in den dritten Programmen inzwischen ein ähnliches Ausmaß wie bei der privaten Konkurrenz erreicht hat". Der von den Sendern immer wieder kolportierte hohe Anteil von bis zu 70 Prozent Informationsanteil lässt sich laut Medienforscher Trebbe für Erstsendungen im Untersuchungszeitraum nicht nachweisen. "Selbst wenn man Ratgebersendungen berücksichtigt, liegt er beim WDR nur bei rund 50 Prozent, der MDR kommt lediglich auf 37 Prozent", sagt Prof. Dr. Joachim Trebbe, der seine Daten zu WDR und MDR u.a. auch mit Angaben zu ARD und ZDF verglichen hat.

Weiterhin stellen die Autoren einen hohen Anteil von Wiederholungen am Gesamtprogramm fest. Hierzu zählen Wiederholungen der Lokalmagazine, Übernahmen von ARD-Programmen sowie aus dem Ersten Programm der ARD. So nimmt die Ausstrahlung von Erstsendungen beim MDR 62 Prozent und beim WDR 66 Prozent ein.

Eine weitere Essenz der Studie laut Pressemitteilung:

Von allen bisher untersuchten Sendern, so ein weiterer Befund der OBS-Studie, ist der MDR der mit Abstand unterhaltungsorientierteste. Die Untersuchung hat zudem ergeben, dass eine besondere Stärke des WDR in einer ausdifferenzierten, in vielen Fällen eher lokal anmutenden und auf
die Ballungsräume bezogenen Regionalberichterstattung liegt, in der
zudem auch kontroverse und politische Themen dominieren.

Die Reaktionen der Sender

Auf Nachfrage von Flurfunk Dresden erklärt der MDR unter anderem:

Die Untersuchungsstichprobe der Hauptuntersuchung basiert nur auf einer natürlichen Woche. Sie war untypisch geprägt von der sehr umfangreichen Berichterstattung und hochwertigen fiktionalen Sendungen ("Bornholmer Straße") des MDR zum Programmschwerpunkt "25 Jahre Friedliche Revolution" sowie durch einen hohen Sportanteil aufgrund besonderer sportlicher Ereignisse. Um saisonale Einflüsse zu minimieren, ist es aber üblich, dass man einer solchen Untersuchung eine (oder auch mehrere) künstliche Wochen zugrunde legt (also der Montag in der ersten Woche, der Dienstag der zweiten usw.). Wenn mit natürlichen Wochen gearbeitet wird, sollten es mehrere Wochen sein, die sich über das ganze Jahr erstrecken.

Dass der Sendebetrieb nur durch hohe Wiederholungsraten aufrecht zu erhalten sei, wie der Bericht behauptet, ist Unsinn. Allein die sechs Stunden der Nachtschiene machen schon 25 Prozent des Tages aus. Niemand erwartet morgens um 3 Uhr Erstsendungen.

Der WDR reagierte auf Anfrage von kress.de. Hier ein Auszug der Stellungnahme:

[…] die Schlussfolgerung der Otto-Brenner-Stiftung, es gebe eine Lücke zwischen Programmauftrag und Programmrealität, sei durch die Ergebnisse der Studie nicht gedeckt: Die Frage "Information oder Unterhaltung?", die die Studie in ihrem Titel stellt, lässt sich bezogen auf den Programmauftrag des WDR zudem klar beantworten: Sowohl als auch. Laut WDR Gesetz, § 4 Programmauftrag, haben die Angebote des WDR "der Information, Bildung und Unterhaltung zu dienen".
Auch der "Human-Touch"-Begriff der Studie sei, so der WDR, sehr weit gefasst.

Die vollständige Stellungnahme des WDR finden Sie hier.

Die Ergebnisse der Studie können Sie hier herunterladen.

Die Otto-Brenner-Stiftung sorgte bereits 2013 mit ihrer Studie zur Programmstruktur und Themenauswahl von SWR und NDR für Trubel. Hier gelangen Sie zu besagter Studie sowie zur Reaktion der Sender.

Eine Kurzfassung der Studienergebnisse liefert kress.de

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