Guter Rat ist eben teuer: "Freie Presse" und "Sächsische Zeitung" legen die Ratgeber-Ressorts zum 1.7.2014 zusammen und gründen dafür eine eigene Agentur. Die wird den Namen Lesen und Leben GmbH tragen und die Themen im Bereich Ratgeber, Leben und Stil für die beiden großen sächsischen Zeitungen bearbeiten – wie ein externer Dienstleister.
Die operative Leitung von Lesen und Leben übernimmt Katrin Saft, bislang Ressortleiterin Ratgeber bei der "Sächsischen Zeitung". Dietmar Bartel, bisher Ressortleiter Ratgeber/Service bei der "Freien Presse", wird ihr Stellvertreter.
Die neue Firma wird den Sitz in Dresden haben, ist aber eine gleichberechtigte gemeinsame Unternehmung der beiden Zeitungshäuser. So sitzt die kaufmännische Geschäftsführung in Dresden und die journalistische Geschäftsführung in Chemnitz.
Die Kooperation der beiden Zeitungen in einem Themenfeld dürfte im bundesweiten Vergleich eher ungewöhnlich sein: Bislang gehen Verlage rein kostenoptimierend den Weg, solche Themen bei überregional aktiven, externen Dienstleistern einzukaufen – eine reine Sparmaßnahme. Die sächsische Kooperation sei aber, so ist zu hören, von den Chefredakteuren initiiert worden mit dem Ziel, die Kompetenzen zu bündeln und damit auch mehr Kraft für Projekte freizusetzen. So will man sich auch weiterhin klar an den sächsischen Bedürfnissen im Bereich Ratgeber orientieren und neue Projekte anschieben.
Als Beispiel wird der Krankenhausführer genannt, der als großes Projekt auch vorher schon gemeinsam von beiden Blättern realisiert wurde; für solche Projekte fehle aber häufig die Kraft im redaktionellen Alltag. Die neue Kooperation aber solle mehr vergleichbare Projekte produzieren und gleichzeitig den Kostenrahmen niedrig halten.
Denn auch die Kostenoptimierung ist ein Faktor: So wird die Ressort-Zusammenlegung auch personelle Konsequenzen haben. Der neue Dienstleister ist mit insgesamt sieben Stellen geplant, in beiden Zeitungen dürften damit Stellen wegfallen; im Vergleich zu den kleineren Einzelressort sitzen aber nun mehr Mitarbeiter an den Themen.
In der Mitarbeiterschaft zumindest der "Sächsischen Zeitung" sorgt die Kooperation daher auch für Unruhe: Man befürchtet, das Projekt könne Vorbild für weitere vergleichbare Kooperationen sein und die Auslagerung diene der Tarifflucht*.
Bei einer noch engeren Verzahnung der Zeitungen dürfte allerdings das Kartellamt im Wege stehen. Dessen Zustimmung steht auch bei der Leben und Lesen GmbH noch aus.
*Nachtrag: Aus Verlagskreisen kommt der Hinweis, dass alle übernommen Mitarbeiter für ihre Altverträge Bestandsschutz bekommen.
April 16, 2014
Wie streng ist der neue Dienstleister an den Pressekodex gebunden? Gelten die selben Regeln wie für Redaktionen? Gerade bei Ratgeber-Themen besteht ja ganz offensichtlich die Gefahr einer Vermischung mit PR und Werbung.
April 16, 2014
@Stefanolix: Die Frage erschließt sich mir nicht. Die Agentur arbeitet der Zeitung zu, die selbstverständlich für alle Inhalte, die sie publiziert, an den Pressekodex gebunden ist.
Im übrigen ist die operative Leiterin Katrin Saft im Beschwerdeausschuss des Presserates – als Vertreterin des DJV, wenn ich es richtig weiß.
Ich finde ehrlich gesagt diese latente pauschale Unterstellung, alle Redakteure, die bei einer Tageszeitung arbeiten, würde sich zunehmend in Richtung PR und Werbung von der "bösen" Verlagsseite vereinnahmen lassen (müssen), ziemlich anstrengend. Ich sehe auch die Probleme bzw. Baustellen in der Qualität; man könnte ja aber auch – zumindest theoretisch – zunächst davon ausgehen, dass der Einzelfall die Ausnahme und nicht die Regel ist.
Oder anders: Warum so negativ?
April 16, 2014
Für heute Abend nur eine kurze Antwort: Ich halte meine Kritik an der Dresdner Lokalpresse nicht für »negativ« motiviert. Ich denke, dass meine Kritik in jedem bisherigen Fall wirklich fundiert war:
- Sachsen-Trojaner
- Fehldeutung von Statistiken
- »Finanzberatung«
- unkritische Übernahmen von Pressemitteilungen
um nur einige wenige zu nennen. Ich sehe es nicht als »latente, pauschale Unterstellungen«, wenn ich schlechte Artikel, Statistiken und andere Dinge kritisiere. Ich habe nicht unterstellt, sondern immer Belege geliefert.
Warum PR aus meiner Sicht heute nicht mehr der Einzelfall, sondern eher die Regel ist, würde ich gern morgen begründen.