Au, Autsch, Auflage. Die Zeitungsauflagen der Tageszeitungen im Freistaat Sachsen sind weiterhin rückläufig. Okay, wo ist die News, werden sich Branchenkenner fragen – rechnet doch schon lange niemand mehr mit einer Trendwende bei den gedruckten Tageszeitungen. Dummerweise scheint auch ePaper – zumindest bislang – keine Abhilfe zu schaffen.
Wobei: Insbesondere bei den großen Titeln leidet man auf hohem Niveau, betrachtet man die gesamte Auflage. Denn alle drei großen Abonnenten-Zeitungen in Sachsen ("FP", "SZ" und "LVZ") verkaufen immer noch jeden Tag über 200.000 Exemplare. Noch, muss man angesichts der Entwicklung bei der "LVZ" sagen.
Dieses Mal besonders auffällig: Besonders die Boulevard-Blätter "BILD" und "Mopo" müssen im Vergleich zum Vorjahresquartal ordentlich Federn lassen. Während die "Mopo" offenbar vor allem unter einem Rückgang der verkauften Exemplare in Dresden leidet, muss "BILD" bei der Sachsen-Ausgabe sogar Auflagenverluste im knappen fünfstelligen Bereich hinnehmen. Das schmerzt dann schon.
Was bei Betrachtung der Details bei ivw.de sonst noch auffällt:
- Bei beiden Boulevard-Blättern steigen leicht die Abo-Zahlen – ein schwacher Trost, spielen die Abos doch bei der gesamten Auflage nur eine nachgeordnete Rolle (bei den großen Abonnenten-Zeitungen verhält es sich genau andersherum). Der Einzelverkauf der Boulevard-Blätter lief dagegen im vierten Quartal 2013 gar nicht dolle. Bei der "Mopo Sachsen" bedeutet dies im EV sogar -10%.
Auch der Blick auf den Einzelverkauf von "BILD Dresden" macht nachdenklich, liegt die an Kiosken, Tankstellen und anderen Vertriebsstellen verkaufte Auflage doch nur noch knapp über 40.000 Exemplaren. 2011, vor zwei Jahren, war der EV noch bei über 47.000 Exemplaren. Zwar verbeitet sich das lineare Weiterrechnen dieser Zahlen, trotzdem ist die Entwicklung doch… besorgniserregend. - Aus unserer Sicht erwähnenswert ist auch die Abo-Entwicklung der "DNN". Zwar haben "nur" 586 Kunden ihr Abonnent im Vergleich zum Vorjahresquartal beendet, aber auf die absoluten Zahlen betrachtet bedeutet dies: Kommt noch so ein Schnitt (womit zu rechnen ist), sinkt die Abozahl unter die 20.000er Marke. Uhhh, unschön.
Die "DNN" hat übrigens insgesamt 68 verkaufte ePaper-Exemplare gemeldet; irgendwie fällt es gerade schwer zu glauben, dass aus dieser Richtung eine Lösung des typischen Branchenproblems kommen wird. Aber vielleicht sind wir ja auch zu pessimistisch. - Auch bei der "SZ" dürfte sich die Freude angesichts der Auflagenentwicklung in Grenzen halten. Im Vergleich zum Vorjahresquartal hat man bei der Dresden-Auflage über 2.700 Abonnenten verloren. Gut, es gab wieder eine Preiserhöhung, manchem mag das Blatt zu teuer geworden sein. Die Zeitung kommt in Dresden trotz der Verluste immer noch auf über 77.000 Abonnenten (zum Vergleich: für Sachsen-Gesamt meldet die Zeitung 226.429 Abonnenten). Aber, auch hier der Hinweis: Im 4. Quartal 2011 (vor zwei Jahren) waren es in Dresden noch über 81.000 Abos.*
- Kleiner Hoffnungsschimmer: Zumindest bei "FP" und "SZ" bekommen die verkauften ePaper-Ausgaben langsam mehr Gewicht. Die "Freie Presse" hat 4.337 verkaufte ePaper gemeldet, die "Sächsische" kommt immerhin auf fast 2.500 ePaper-Exemplare. Bei der "LVZ" dagegen sind die ePaper-Zahlen noch nicht ganz vierstellig.
- Spielt ePaper in Leipzig bisher eher keine große Rolle, so ist doch zumindest festzuhalten, dass sich die "LVZ" tapfer im Einzelverkauf schlägt: Man verkauft im EV immer noch fast 10.000 Exemplare täglich. Das ist deutlich mehr als die anderen beiden Abo-Tageszeitungen im Freistaat.
Bleibt die Frage, was die Verlage eigentlich unternehmen, um dem schon lange anhaltenden Trend entgegenzuwirken. Fakt ist: Niemand in der Branche erwartet mehr eine Trendwende, also wieder steigende Auflagen. Die größte Konsequenz des Wandels hin zur Internet-Leserschaft verfolgt wohl der Axel-Springer-Verlag, der ja erst im Spätsommer die Struktur (nicht nur in Dresden) ordentlich umgebaut hat (vgl. Flurfunk Dresden vom 29.7.2013: "Springer-Umbau: Produktion von “BILD Dresden” zieht nach Leipzig").
Als Nutzer diverser iPad-Ausgaben der großen Tageszeitungen fällt auf, dass einzig die "Sächsische Zeitung" die Produktentwicklung ordentlich vorantreibt. Während "LVZ", "DNN" und "FP" nach wie vor nur die klassische ePaper-Ausgaben anbieten, ist die "SZ"-iPad-App inzwischen sehr gut lesbar zum eigenen Produkt gereift. Uns gefällt's.
Abschließend noch die Hinweise: Alle Vergleiche beziehen sich auf das Vorjahresquartal, also 4/2012. Das ist branchenüblich, um Jahreszeit bedingte Schwankungen nicht mit in die Auswertungen einfließen zu lassen. Und: Wir freuen uns über Widersprüche zu unseren Interpretationen der Zahlen – gern in der Kommentarspalte. Sollten wir einen Fehler gemacht haben, freuen wir uns über jeden Hinweis!
*Hinweis: Bei dem Absatz über die "Sächsische Zeitung" haben wir gerade nachträglich (22.1.2014, 10.12 Uhr) noch die Trennung zwischen Dresden- und Sachsen-Ausgabe geschärft, damit keine Missverständnisse aufkommen. (owy)
Januar 22, 2014
Der Verlust bei den Boulevardblättern lässt hoffen, dass die zunehmende Verblödung bei den Deutschen nun doch den Zenit überschritten hat und dass der Leser endlich verstanden hat, dass ihm der Konsum dieses niveaulosen Contents nicht weiter bringt. Ein gutes Zeichen. Die anderen Zeitungen sollten sich endlich mal darauf konzentrieren, lokalen Inhalte zu bringen. Wer sich wirklich für (nationale und internationale) Meldungen aus Politik und Wirtschaft interessiert, für den gibt es bessere Zeitungen als DNN, SZ, FO und LVZ.
Januar 25, 2014
Diese Statistik lese ich aus persönlichen Gründen sehr aufmerksam. Familiär war ich zwei Jahrzehnte mit der DNN "verbunden". Meinem Vorkommentierer kann ich mich nicht anschließen, ist doch die von ihm genannte "Verblödung" in das Internet umgezogen. Ich für meinen Teil habe Ende der 90iger Bild + Mopo "abgeschworen", zumindest in Papierform. Es bleibt die Online-Alternative SZ + DNN welche gelegentlich gelesen wird, ergänzt von FP. Dazwischen ist aber genau die angesprochene "Verblödung" in Form der sozialen Netzwerke, wobei ich natürlich dort die Angebote filtern kam oder könnte.