Sex sells - schon klar. Aber den Verlauf und -kauf dieses "Sex"-Themas finden wir so bemerkenswert, dass wir ihn gleich einmal dokumentieren müssen.
Es geht um die fünfteilige Doku "Make Love", die ab 3.11.2013 im MDR-Programm sonntags zu sehen und vom Heimatsender mitproduziert worden ist. Die Dokumentation bekommt derzeit viel Aufmerksamkeit von Print-Kollegen, offenbar besteht da Bedarf ist das gute Stück (haha!) gut gemacht.
Was uns aber verwundert: Die Abfolge und zeitlichen Abstände der Berichterstattung in den verschiedenen Print-Produkten verkehren irgendwie - sagen wir: unten und oben. Verhält es sich doch nach unserem bisherigen Kenntnisstand so, dass insbesondere die Boulevard-Blätter großen Wert darauf legen, mit ihren Geschichten als erster zum Zuge zu kommen.
Hier eine kurze Auflistung der Berichterstattung (Ergänzungen in den Kommentaren erwünscht!), wie sie bei uns als - zugegeben etwas nerdige - Mediennutzer angekommen ist:
In der Ausgabe vom 17.10.2013 berichtet die "ZEIT" als erstes über die MDR-Sex-Dokumentation. Titel: "Love is MDR". Das dicke Lob und die deutliche Aussage des MDR-Unterhaltungschefs bringen uns zu einem Lesehinweis (Flurfunk Dresden vom 18.10.: "Lesehinweis: Die 'ZEIT' lobt den MDR").
Knapp eine Woche später, am 23.10., legt die sächsische "Morgenpost" mit einer Titel-Geschichte nach, Schlagzeile: "Sex-Nachhilfe für Sachsen". Die Überschrift im Innenteil (Seite 10) lautet: "MDR will wieder Schwung in Sachsens Betten bringen".
Gut, kann man machen. Zwischen dem Publikum von "ZEIT" und "Mopo" gibt es ja nun vermutlich nicht die größte Schnittmenge - oder, um im Duktus zu bleiben: Die Leser der beiden Blätter gehen wohl nicht so oft zusammen ins Bett. Und: Das Titelbild zieht bestimmt Käufer…
Bemerkenswert aber: Heute (25.10.), wiederum zwei Tage später, taucht das gleiche Thema auf der Titelseite der "BILD" auf. Das verwundert insofern, ist doch "BILD" hier am Platze immerhin der direkte Wettbewerber der "Mopo". Titel der "BILD"-Ergüsse: "Sex-Unterricht im MDR!"
Das wirft aus Sicht des Medienbloggers, der heute mal die Perspektive des einfachen Zeitungsnutzers einnimmt, eine Reihe von Fragen auf:
- Lesen die Kollegen von "Mopo" und "BILD" etwa die "ZEIT" nicht? Oder lesen die da so langsam?
- Ist es Absicht der Boulevard-Blätter, mit so großem Zeit-Abstand zu berichten, um diese "Top-News" (die immerhin beiden Blättern eine Titelzeile wert ist) als "neu" zu verkaufen?
- Sind das schon die ersten deutlichen Auswirkungen des Rückbaus der Regionalredaktionen der "BILD", dass man jetzt sogar zwei Tage braucht, um eine Geschichte des Wettbewerbers nachzuerzählen?
- Und schließlich: Haben wir dieses Jahr so ein extrem tiefes Sommerloch (sorry, der musste sein), dass solche Geschichten so hochgekocht werden?
Wir freuen uns über Thesen in den Kommentaren!
Oktober 25, 2013
*räusper* Ähm, ich möchte die Installation einer Kalauer-Kasse in diesem sympathischen Blog anregen. Motto: Einer geht noch... ;-)
November 2, 2013
... und schließlich heute, in der aktuellen Ausgabe der Sächsischen Zeitung, als Programmhinweis.
Nur doof, dass ich keinen Fernseher mehr habe.
November 3, 2013
These 1: Mit Sex verkauft sich jedes Boulevardblatt leichter. Deshalb wird kein Boulevardblatt darauf verzichten, über eine Serie des lokalen ÖR-Senders zu berichten.
These 2: Sex ist zeitlos und über eine Serie kann man ohnehin vorher, währenddessen oder nachher schreiben. Aktualität ist hier Nebensache.
These 3: Die Artikel sind leicht und kostengünstig zu produzieren. Man schaut sich die Videos an, die der Sender sicher allen Redaktionen vorher zur Verfügung gestellt hat. Man verwendet die Pressemitteilungen des Senders und eventuell die Öffentlichkeitsarbeit der Sex-Therapeutin.
Fazit: Mich wundert nur, dass die beiden Boulevardblätter keine Serie daraus gemacht haben. Aber sonst haben sie alles richtig gemacht ;-)
November 3, 2013
Bitte nicht übersehen, dass die Bild die Berichterstattung stetig weiterführt :P
Ich denke, dass ein Artikel in der Zeit eine andere Zielgruppe anspricht - die 'sachlich' Interessierten, während Bild und Morgenpost auf die Aufschrei-Gucker setzen. Außerdem ist es ne zeitliche Frage - für die Lokalen ist es besser, auf die Sendung kurz vorher hinzuweisen, weil viele Leute den Sender gucken. Bei der Zeit ist das Publikum so breit gefächert, dass es vlt. viele im Hinterkopf behalten und über das I-Net sehen, weil ihnen der regionale Bezug zum Sender fehlt? Ist nur ne Theorie.