Das dürfte ein ziemlich einmaliger Vorgang sein: Die Vorsitzenden der demokratischen Fraktionen im sächsischen Landtag (CDU, Linke, FDP, SPD und Grüne) haben einen gemeinsamen Brief an die sächsische Landespressekonferenz (LPK) verfasst.
Hintergrund ist die Berichterstattung zweier Zeitungen über eine Landtagsabgeordnete, die seit geraumer Zeit nicht mehr im Landtag gesehen worden und offenbar erkrankt ist. Das Schreiben liegt Flurfunk Dresden vor.
Auslöser für die Berichterstattung war eine nicht bezahlte Taxifahrt der Politikerin, die Berichterstattung in einer Boulevard-Zeitung zur Folge hatte; in den folgenden Tagen waren dann eine Krankheit und die Einweisung in eine psychatrische Klinik bekannt geworden.
Die Fraktionschefs schreiben mit Datum vom 19.9.2013 an die Vertreter der LPK (Hinweis: Name der Betroffenen entfernt*):
"Die politische Arbeit der Landtagsabgeordneten XXX wird von den Fraktionen und der Öffentlichkeit sicherlich unterschiedlich bewertet. Allerdings befremdet uns übereinstimmend die detaillierte Berichterstattung über den gesundheitlichen Zustand der Kollegin XXX. Vor Erkrankungen ist keiner gefeit.
Unserer Auffassung nach gehören außer der Nachricht, dass die Kollegin erkrankt ist, alle Einzelheiten dieser Erkrankung zur Privatsphäre. Es ist eine allgemeine Erkenntnis, dass der Genesungsprozess bei psychischen Erkrankungen durch allzu große Öffentlichkeit sehr negativ beeinflusst werden kann. Wir bitten Sie, unsere Auffassung bei der Berichterstattung möglichst und angemessen zu beachten."
Der Brief ist unterschrieben von Steffen Flath (CDU), Rico Gebhardt (Die Linke), Holger Zastrow (FDP), Martin Dulig (SPD) und Antje Hermenau (Bündnis 90/Die Grünen).
Nach Flurfunk-Dresden-Informationen liegt auch bereits eine Beschwerde beim Presserat über die Berichterstattung vor. Im Pressekodex heißt es unter Richtlinie 8.6 – Erkrankungen:
"Körperliche und psychische Erkrankungen oder Schäden gehören zur Privatsphäre. In der Regel soll über sie nicht ohne Zustimmung des Betroffenen berichtet werden."
Die berichtenden Zeitungen hatten in ihrer Berichterstattung stets darauf verwiesen, dass die Politikerin häufig die Öffentlichkeit gesucht habe. Hört man sich in Kollegenkreisen um, so gehen die Meinungen auseinander, ob im vorliegenden Fall "die nachrichtliche Zurückhaltung nicht angemessen" wäre oder mit der Berichterstattung eine "Schwelle überschritten" worden sei.
*Hinweis: Ohne uns im vorliegenden Fall zum Richter machen zu wollen, haben wir uns bewusst entschieden, auf die Namensnennung der Betroffenen wie auch der Medien (und die Verlinkung einzelner Berichte) zu verzichten. Wir bitten unsere Entscheidung zu akzeptieren. Die Nennung und Verlinkung in den Kommentaren werden wir ebenfalls nicht zulassen. owy
September 27, 2013
Außlöser? Was ist denn das? Ein Modell des Auslösers etwa? *grins*
September 27, 2013
Oh. Danke für den Hinweis, schon korrigiert!
September 27, 2013
Schon in 90% aller Fälle ist die Aussage zum Fahrstuhl des betreffenden Verlags eine Unverschämtheit. Im konkreten Fall natürlich ebenso. Die Kollegen, die es anders sehen, würde ich gerne persönlich kennen lernen wollen.
Stark dagegen finde ich, das sich wirklich alle Fraktionsvorsitzenden angeschlossen haben. Das es nur sehr stumpfe Schwerter gegen diesen Unfug gibt, weiß man ja. Das sogar Zastrow und Flath unterschrieben haben, finde ich bemerkenswert.
September 27, 2013
Dass ich einem der Unterzeichner in meinem Leben noch mal Respekt zollen würde!
September 27, 2013
Parlamentarier halten in solchen Angelegenheiten eigentlich immer zusammen. Das ist im vorliegenden Fall auch richtig so. Die DNN hat mich mit ihrer plumpen Berichterstattung schwer enttäuscht.
Es gab auf Twitter eine kurze Kontroverse von @th_g und mir mit dem @CRDNN – aber ich halte mich natürlich an den Hinweis, nichts zu verlinken.