Das dürfte einige verkaterte Gesichter morgen in diversen sächsischen Radiostationen zur Folge haben: Die Auswertung der Radio-Reichweiten (Media Analyse Radio II/2013) hat mehreren Stationen im Freistaat ausgesprochen gute Zahlen beschert.
So kann MDR 1 Radio Sachsen mit 77.000 Hörern mehr im Vergleich zur MA I/2013 erneut ordentlich zulegen und kommt jetzt auf 553.000 Hörer (+16,2%). Über eine halbe Millionen Hörer - das ist das beste Ergebnis seit der Jahrtausendwende (über die Zeit davor können wir keine Aussage treffen, da fehlen uns die Daten). Für das öffentlich-rechtliche Programm, das in jüngerer Vergangenheit ordentlich am Programm geschraubt hat (vgl. Flurfunk Dresden vom 9.1.2013), ein großer Erfolg.
Ein schönes Plus von 68.000 Hörern (+19,9%) weist die MA auch für MDR Jump aus, das seinen Steigflug damit fortsetzt. Schon in der vorherigen MA hatte die Welle den vorherigen Wert um 20% verbessern können (vgl. Flurfunk Dresden vom 6.3.2013).
Besondere Katerstimmung dürfte morgen auch in der Energy-Sachsen-Redaktion herrschen - nicht, weil man traurig ist, sondern weil heute soviel gefeiert werden darf. Mit +29.000 Hörern in der Durchschnittstunde (Mo.-Fr.) schafft das Team ein fettes Plus von 50,9%.
Zufrieden dürften auch die Gesichter bei Radio PSR (Regiocast) sein, liegt man doch mit dieser MA (201.000 Hörer, +9,8%) wieder vor den Lokalradios. PSR-Programmchef Marco Brandt hat also erfolgreich die "Revitalisierung" eingeleitet, die der Sender so dringend brauchte (vgl. Flurfunk Dresden vom 4.3.2013) - man ist jetzt wieder die Nr. 1 unter den Privatsendern.
Die "Lokalen" (in der Tabelle: Sachsen Funkpaket, dazu gehören die sechs Lokalprogramme Radio Dresden, Leipzig, Chemnitz, Zwickau, Erzgebirge und Lausitz, alle gehören zur BCS) dagegen müssen ordentlich Federn lassen - sie hatten im Vorjahr einen gewaltigen Sprung gemacht, haben jetzt aber 56.000 Hörer eingebüßt (-28,3%).
Die Hörerkurve von R.SA (Regiocast) dagegen weist, nach deutlichen Verlusten in der Frühjahrs-MA, nun wieder nach oben. Hitradio RTL (BCS) verliert im Gegenzug erneut in kleinem Umfang Hörer und rutscht damit in der Tabelle wieder hinter R.SA.
Alles aber kein Grund, den Kopf hängen zu lassen - denn wie lautet der bekannte Radio-Macher-Spruch: Nach der MA ist vor der nächsten.
Juli 17, 2013
(fast) nur Gewinner? Unglaubwürdig!
Juli 17, 2013
Entweder ich (ein anderer Torsten) habe die Zahlen falsch gelesen, oder sie sind Humbug. Wenn ich mir auf reichweiten.de die Excel-Tabelle ziehe und für Sachsen die Gesamtveränderung zusammenrechne, komme ich auf ein Plus von 500.000 Zuhörern. Mit Verlaub - aber das halte ich für extrem unwahrscheinlich. Dann wäre der Hörfunk ja nach der jahrelangen Durststrecke plötzlich ein aufstrebendes Medium sondergleichen...;-)
Grüße,
Torsten
Juli 17, 2013
@Torsten: Wie kommt denn die 500.000 zusammen? Die Zahl kann ich gerade nicht nachvollziehen. Kann es sein, dass die Kombis nicht rausgerechnet sind, in der die Zahlen der beteiligten Sender noch einmal zusätzlich zusammnengerechnet sind? Die kann man durch ein kleines Häkchen "nur Einzelsender" oben links ausblenden.
Ich komme grob überschlagen auf 180.000 zusätzliche Hörer - so viel ist das in meinen Augen nicht. Wenn man dann die Basis auf "Sachsen" statt "Gesamt" eingerenzt, bleiben noch etwas mehr als 100.000 zusätzliche Hörer - ist das so abwegig? Das sind wohlgemerkt Durchschinttswerte pro Stunde Mo-Fr. - heißt also nicht automatisch, dass 100.000 Menschen absolut mehr Radio gehört haben, wenn ich Anti-Statistiker mich nicht täusche…
Juli 18, 2013
Eine höhere Reichweite der Sender im II.Quartal 2013 lässt sich möglicherweise mit der Flutkatastrophe erklären. Viele Menschen verlassen sich in dieser Situation unter anderem auf das Radio und erinnern sich bei der Befragung auch daran.
Juli 18, 2013
@stefanolix Die Flutkatastrophe ist in dieser MA noch nicht mit erfasst. Die MA berechnet sich immer aus zwei Erhebungswellen, eine im Frühjahr, eine im Herbst (erkennt man immer daran, dass die Sender die unglaublichsten Gewinnspiele und Werbekampagnen starten - in der Umfrage wird ja die Bekanntheit abgefragt). Die Erhebung erfolgt durch mehrere Meinungsforschungsinstitute und läuft über einen Zeitraum von - ich glaube - zwei oder drei Wochen.
Zwischen Erhebung, Berechnung und Veröffentlichung vergeht also einige Zeit.
Auch ist der ausgewiesene Wert am Ende nicht das alleinige Ergebnis der vorangegangenen Welle, sondern es wird die Welle davor auch noch mit einbezogen. Es ist also wirklich ein Durchschittswert.
Verfahren und Methode sind aus wissenschaftlicher Sicht wohl nicht zu kritisieren ("repräsentativ"), es gibt trotzdem viele Branchenvertreter, die (hinter vorgehaltener Hand) die Zahlen kräftig in Frage stellen. Und an der Methode selbst wird immer mal verfeinert… Da es aber keine Alternativen zur Ermittlung vor allem der Werbepreise gibt, halten alle den Mund.
Juli 18, 2013
Ich hatte II/2013 fälschlich als II. Quartal 2013 interpretiert.
Danke für die Erklärungen zur Erhebung. Die Branchenvertreter sind vermutlich immer der Meinung, dass die Zahlen zu niedrig sind?
Juli 19, 2013
owys Erläuterungen klingen in meinen Ohren (Anti-Medienbranchen-Experte) plausibel: steigende Durchschnittswerte pro Stunde lassen zumindest nicht direkt bzw. nicht 1:1 auf steigende absolute Hörerzahlen schließen.
Interessant finde ich, dass die Wissenschaftlichkeit von Studien immer wieder mit dem pauschalen Hinweis auf "Repräsentativität" untermauert wird. Die gibt es nicht "generell", sondern nur in Bezug auf die Merkmale, für die sie überprüft bzw. sichergestellt wurde (entweder durch vorherige Stichprobenauswahl oder durch nachträgliche Gewichtung). In den Studieninformationen finde ich keine exakte Beschreibung, die Angaben lassen aber auf Repräsentativität nach regionalen und demografischen Merkmalen (Haushaltsdaten) schließen. Um die Repräsentativität einer Studie hinsichtlich eines Merkmals beurteilen zu können, muss man die "wahre" Verteilung in der Grundgesamtheit (hier: Bevölkerung) kennen. Schlimmstenfalls ist eine Studie z. B. nach Regionalstruktur, Geschlecht, Alter usw. repräsentativ, aber eventuell nicht für das interessierende Merkmal (hier: Radioreichweiten), dessen Verteilung man nicht kennt.
Juli 19, 2013
So wird die Diskussion auf marktforschung.de geführt:
"Privatradios jubeln über Verluste
'Media-Analyse Radio' heißt, dass die Reichweiten sinken und alle freuen sich darüber. Auf diese Formel lässt sich das absurde Spektakel bringen, das die Privatradios jedes Halbjahr veranstalten."
...
"(Nun gut, auch die Öffentlich-Rechtlichen biegen sich die Zahlen in den Presssemitteilungen so, wie es ihnen passt. ...)"
Das Portal ist allerdings überregional, bei den Öffentlichen wird das Beispiel Hessen herausgegriffen. Die sächsischen Zahlen sehen tatsächlich besser aus.
Juli 20, 2013
@Wolf Auf Marktforschung.de wird aber nicht die Erhebungsmethode kritisiert, sondern der Umgang der Sender mit den Zahlen, wenn es um die Auswertung in Pressemitteilungen geht: Dass man sich die Zahlen so biegt, dass sie trotzdem positiv aussehen (wobei sie in Sachsen ja tatsächlich meist positiv aussehen).
Die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (kurz: AGMA) steckt viel Kraft in die Erhebungsmethode - und ich würde einfach mal unterstellen, dass da keine dummen Leute sitzen. Insofern würde ich die Methode hinsichtlich der tatsächlichen Aussagekraft nicht generell in Frage stellen.
Eine seit Jahren bekannte Kritik gibt es trotzdem: Die Erhebung findet mittels Befragung statt, d.h. die Leute werden gefragt, welche Radiosender sie in einem Zeitraum X gehört haben - es geht um Erinnerung. Da kann sich die Befragte Person auch schon mal vertun - oder man hat ein Logo an einem Plakat gesehen oder einen Aufkleber auf einem Auto (deswegen machen die Sender ja in den Befragungszeiträumen so viel Off-Air-Promo) und nennt den Sendernamen.
Es könnte auch sein, dass man in so einer Befragung nicht zugeben mag, nicht informiert zu sein - also gibt man vor, auch Radio gehört zu haben… Könnte sein. (Anmerkung: Ich bin bekennender Laie in Sachen Statistik, gebe nur wieder, was mir mal erzählt wurde).
Beim Fernsehen werden die Quoten ja tatsächlich mit Ein- und Ausschalten gemessen - in ausgewählten Haushalten mit besonderer Fernbedienung etc. Solche Zahlen sind sicherlich "härter". Beim Radio macht das weniger Sinn, weil es so viele unterschiedliche Verbreitungsgebiete gibt.