Vor einigen Wochen ging (mal wieder) die Nachricht durch die Mediendienste, die Medienpolitik fordere die Einstellung aller ARD- und ZDF-Digitalkanäle. Hintergrund war u.a. ein Bericht der "Funkkorrespondenz" (leider nicht mehr online), der aus dem Zwischenbericht der AG Beitragsstabilität zitierte.
Eigentlich eine 'olle Camelle', wie der sächsische Medienminister Johannes Beermann, Chef der sächsischen Staatskanzlei, am Rande einer Veranstaltung Ende Juni in Dresden sinngemäß durchblicken ließ. Die Mediendienste brachten die Nachricht trotzdem. Wurde doch vielen offenbar erstmals deutlich, dass die Politik die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in ihren Finanzbedürfnissen über diese Maximalforderung, eben alle Kanäle einzustellen, beschränken will.
Für die Umsetzung dieser Forderung gibt es die AG Beitragsstabilität. Das ist eine 2010 von den Länderchefs eingesetzte Kommission, die Wege finden soll, dass die Öffentlich-Rechtlichen-Gebühren (noch GEZ) nicht weiter steigen. Treibende Kraft bei der AG ist der Freistaat Sachsen, genauer: Staatsminister Johannes Beermann (vgl. dazu auch Flurfunk Dresden vom 30.6.2011: "Sachsen will Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks prüfen").
Der in der "Funkkorrespondenz" erwähnte Zwischenbericht liegt Flurfunk Dresden nun ebenfalls vor - unten finden Sie einen Link zum vollständigen Download als PDF. Er ist aber, das muss man gleich dazu sagen, im Grunde auch schon wieder eine 'olle Camelle' - ist er in bestimmten Gremien-Sitzungen und in der Folge vermutlich auch diversen Fachdiensten (alles lesen wir auch nicht) doch schon thematisiert worden.
Wer sich aber nicht in der ganzen Tiefe permanent mit dem Thema beschäftigt, für den enthält der Bericht sicherlich durchaus spannende Informationen. Zum Beispiel die eigene Aufgabendefinition der AG. Zitat aus dem Zwischenbericht:
"Auf der Grundlage des Prüfauftrags der Ministerpräsidenten, der vorgelegten Papiere und der Beratungen der Arbeitsgruppe lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt folgende Arbeitsfelder für die AG Beitragsstabilität benennen:
• Auftragsdefinition des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Berücksichtigung der Rechtslage in anderen europäischen Ländern,
• Straffung des Programmumfangs im Fernsehen,
• Straffung des Programmumfangs im Hörfunk,
• Kostenreduzierung durch Ausbau der Kooperationen zwischen den Rundfunkanstalten (z.B. Einkauf, Shared-Service-Center im Personalbereich),
• Verbesserung der wirtschaftlichen Vergleichbarkeit der Anstalten untereinander z.B. durch einheitliche Kontenrahmen etc.,
• Kostenoptimierung bei der Programmverbreitung."
Besonders spannend in dem 5-seitigen Papier ist der Punkt "V: Schlussfolgerungen des AG-Vorsitzes aus der bisherigen Arbeit". Dort heißt es einleitend:
"Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auf Dauer nur sichergestellt, wenn seine Akzeptanz in der Bevölkerung erhalten bleibt. Hierzu ist ein für alle Bürger ohne weiteres nachvollziehbarer publizistischer Mehrwert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber Angeboten der privaten Veranstalter erforderlich. Hierzu ferner erforderlich ist ein schonender Umgang mit der Ressource Rundfunkgebühr bzw. Rundfunkbeitrag: In Zeiten von Finanz- und Eurokrise ohnehin stark in Anspruch genommener Haushalte achten die Bürger besonders stark auf die sachgerechte Verwendung ihrer Mittel durch die öffentliche Hand."
Es folgt u.a. die Forderung, die digitalen Kanäle, einst eingerichtet um das jüngere Publikum anzusprechen, wieder einzustellen und vielmehr das Hauptprogramm in Richtung der jüngeren Zielgruppen anzupassen. Eine interessante Forderung angesichts der jüngsten Nachrichten, dass jetzt auch der MDR-Rundfunkrat einen eigenen Jugendkanal fordert.
Aus unserer Sicht ebenfalls sehr spannend ist Punkt 4 der Forderungen:
"4. Reform des Programmauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im RStV
Der von SH erstellte Vergleich des Auftrages des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mit den Regelungen in anderen europäischen Ländern hat wichtige Anregungen für Möglichkeiten einer verfassungskonformen Schärfung des Programmauftrages der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegeben. Im Einzelnen stehen als Regelungsinstrumente zur Disposition:
- Normierung des Integrationsauftrages als Programmgrundsatz (F),
Gleichwertige Berücksichtigung anspruchsvoller Inhalte in der Prime-Time (A),
- Notwendigkeit der Unverwechselbarkeit der öffentlich-rechtlichen Angebote im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern bei laufender Überprüfung der Qualitätskriterien (A),
- Besondere Qualitätsanforderungen für Angebote in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft (A)."
Das sind wohlgemerkt die Schlussfolgerungen des AG Vorsitzes - im Medienblog des DIMBB ist zu lesen, der Zwischenbericht sei nicht bei allen AG-Mitgliedern auf Begeisterung gestoßen (DIMBB.de: "Johannes Beermann will nun Digitalkanäle abschaffen").
Hier finden Sie den kompletten Zwischenbericht der AG Beitragsstabilität als PDF (um die Herkunft zu verschleiern, haben wir das Papier leicht bearbeitet).
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