Gestern hat sich der scheidende MDR Intendant Udo Reiter in einem exklusiven Interview in der „Bild“ ("Warum gibt es beim MDR immer wieder Betrügereien?") zum Fall Foht zu Wort gemeldet. Jetzt, wo Reiter seinen Abschied vom MDR offiziell gemacht hat, scheint der Noch-Intendant plötzlich mit großer Begeisterung Interviews zu geben – bei der KI.KA-Affäre hielt er sich anfänglich zurück, bei Foht geht er gleich in die Offensive. Er hat ja nichts mehr zu verlieren.
In dem Interview hat er auch gleich eine passende Erklärung dafür, warum es beim MDR schon öfter zu solchen Vorfällen kam. Auf die Frage, warum es im MDR schon mehrfach zu Betrügereien gekommen sei, begründet Reiter die Vorfälle im folgenden Worten:
„Als einziger Ost-Sender stand der MDR vor besonderen Problemen. Nicht alle unsere Mitarbeiter sind sofort im neuen System angekommen. Alte Loyalitäten existierten teilweise weiter und waren offenbar im Fall des Kinderkanals und im Fall Foht stärker als die neuen Regeln.“
Na logisch, hätte man doch gleich drauf kommen können: Das DDR-System ist schuld daran, dass Udo Foht mit MDR-Geschäftspapieren Kollegen um Geld anpumpte, weil sein Privatkonto offenbar in den Miesen ist. Zum Glück ist Udo Foht DDR-Bürger und hat in der DDR schon von klein auf gelernt, wie man das System für sich ausnutzt. Er kann ja im Grunde genommen gar nix dafür – es gab ja damals nix zu kaufen, nur über die Vetternwirtschaft hat man im Sommer einen Platz im Ferienwohnheim an der Ostsee bekommen. Und wenn man solange wie Udo Foht DDR-Bürger war, ist es auch wirklich schwer, sich an ein neues System anzupassen – das fällt selbstverständlich nach 20 Jahren noch schwer!
Diese Dreistigkeit in Reiters Worten muss man wirklich erst einmal verdauen. Anscheinend hat der Noch-Intendant immer noch nicht begriffen, dass er selbst über 20 Jahre hinweg selbst ein System erschaffen hat, dass solche Missbrauchsfälle erst möglich gemacht hat - den MDR. Sicherlich stand Reiter beim Aufbau einer neuen ostdeutschen Medienlandschaft vor großen Aufgaben und hat viel erreicht. Und sicherlich war es damals auch nicht leicht, ehemalige Mitarbeiter des DDR-Fernsehens wie Udo Foht in die Strukturen des MDR zu integrieren. Da passieren auch Fehler. Fehler, die er spätestens jetzt als scheidender Intendant doch einfach mal zu geben könnte.
Aber nein, alles was Reiter dazu einfällt, ist ein politisches System als Sündenbock hinzuhalten. Schuld sind, wie immer, die anderen. Typisch Reiter. Dieses Mal halt das böse DDR-System.
Reiter sieht sich immer noch als der große Medienmann, der den MDR in den letzten 20 Jahren zum Marktführer der dritten Programme gemacht hat. Den Erfolg kann ihm niemand nehmen. Und doch: Hoffentlich geht sein Nachfolger bzw. seine Nachfolgerin sehr kritisch mit dem "System Reiter" um. Nicole Kirchner
August 2, 2011
Nicole, natürlich regst du dich zu recht auf. Aber Reiter hat seine Aussage - lese ich das Bild-Interview richtig - nicht verabsolutierend behauptet, sondern erklärend gesagt. Dazu passt seit ein paar Stunden (Jan hatte es schon gepostet) http://www.welt.de/fernsehen/article13522187/MDR-Unterhaltungschef-jonglierte-mit-Riesensummen.html?fb_ref=artikelende&fb_source=home_oneline
Meine These, nochmals verfeinert: natürlich musste Reiter mit Ex-DDR-TVlern diesen Sender hochziehen. Die brauchten sich nochmal nicht zu wenden, sondern einfach nur weitermachen, wenn auch unter 180 Grad veränderten Vorzeichen. Es gab - und gibt bis heute - ein DDR-System von Abhängigkeiten (da ist Voht nur eine zugegebenermaßen Spitzenfigur) und ein bayrisches von Reiter. Beide haben nie zusammengefunden, sie bestanden parallel. Jetzt geht der bayrische Drahtzieher, und andere - eben auch des andern Systems - rücken ins Licht. Das kann nur mit nicht nur einem Knall enden.