Veränderungen bei Apollo Radio: Das Gemeinschaftsprogramm der sächsischen Radioveranstalter mit den Schwerpunkten Klassik und Jazz zieht von Chemnitz nach Dresden. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Gesellschafter Regiocast (Radio PSR/R.SA), BCS (Hitradio RTL/Sachsen Funkpaket) und Energy Sachsen darauf verständigt, dass sich die BCS ab 1.1.2011 künftig verstärkt um Apollo und vor allem die Vermarktung des Senders kümmern soll.
Dazu erhält Tino Utassy, Geschäftsführer der BCS, die alleinige Vertretungsberechtigung für den Sender. Sein bisheriger Mitgeschäftsführer Boris Lochthofen von der Regiocast bleibt aber weiter mit an Bord.
Für Apollo ist die alleinige Verantwortung durch einen der Gesellschafter, die ansonsten im sächsischen Radiomarkt direkte Konkurrenten sind, ein Novum. Man startet damit den Versuch, Apollo wirtschaftlich zu betreiben. Hintergrund dürfte auch die Kostenersparnis sein, die durch die nicht mehr vorhandene Vereinbarung zur Kostenübernahme für die Freien Radios entstanden ist (Erklärung der Gesellschafterkonstellation am Ende des Artikels).
Flurfunk Dresden hat Tino Utassy einige Fragen zu den Veränderungen bei Apollo gestellt:
Flurfunk Dresden: Wieso die Veränderungen? Wieso der Umzug?
Tino Utassy: Bislang ist Apollo als quasi autarkes Unternehmen mit wenigen Ressourcen in Chemnitz produziert worden. Wir holen das Programm jetzt nach Dresden, weil wir es von hier aus aufgrund der Mannschaftsstärke noch besser produzieren können. Unser Ziel ist, das Programm deutlich zu stärken und eine wesentlich bessere Vermarktung aufzubauen.
Flurfunk Dresden: Was wird sich denn genau ändern?
Utassy: Wir werden das Programm nicht grundlegend umbauen. Vielmehr sind wir dabei, einen Facelift durchzuführen und vor allem die beliebten Elemente zu stärken. Dank der aktuellen Marktforschung wissen wir derzeit sehr genau, was beliebt ist und was nicht – da waren auch für uns einige Überraschungen dabei, gerade was die Beliebtheit einzelner Genres betrifft.
Flurfunk Dresden: Hat der Umzug personelle Konsequenzen?
Utassy: Nein, alle Mitarbeiter werden wie bisher am Programm mitwirken. Das ist relativ unproblematisch, da das Programm schon jetzt nicht allein am Standort Chemnitz produziert wird, sondern viele Sachen auch über unser Netzwerk einfließen.
Flurfunk Dresden: Das Programm ist bislang nahezu werbefrei, die Reichweite gering - welche Perspektiven hat Apollo Radio?
Utassy: Wir glauben daran, dass das Produkt programmlich erfolgreich und in der Vermarktung funktionieren kann. Bislang aber war der Kostenblock zu groß, das hat sich mit dem Ende der Vereinbarung mit den Freien Radios etwas verbessert. Grundsätzlich hätten wir natürlich nichts dagegen, 24 Stunden senden zu können. Wenn sich das Produkt gut entwickelt, denken wir auch über die Einspeisung in die digitalen Kabelnetze in Chemnitz und Leipzig nach – dort könnte dann ein 24-Stunden-Programm laufen.
Flurfunk Dresden: Vielen Dank für das Interview.
Hintergrund: Die Gesellschafterkonstellation bei Apollo ist auf einen Kompromiss zurückzuführen. Durch den gemeinsamen Betrieb des Senders, der seit 2004 auf Sendung ist, verhinderten die privaten sächsischen Radioanbieter damals den Eintritt eines weiteren Marktteilnehmers in Sachsen. Im Gegenzug verpflichtete sich Apollo, die Freien Radios mit auszustrahlen und dafür die Leitungskosten zu übernehmen. Der Vertrag über die Leitungskosten endete allerdings im Jahr 2010 und wurde von den Apollo-Betreibern nicht verlängert. Das führte Anfang 2010 für die vorübergehende Verbannung der Freien Radios von der Apollo-Frequenz. Seitdem bemühen sich die Freien Radios um eine politische Lösung - etwa in Form einer Förderung durch die SLM.
Februar 22, 2011
"Man startet damit den Versuch, Apollo wirtschaftlich zu betreiben."
Was für ein schöner Satz. Könnte man ungefähr 100 Geschichten zum Thema Radiolandschaft in Sachsen draus machen.