Und mal wieder kommen wir zur Grundsatzfrage der Demoskopie. Kann man den Statistiken glauben? Laut Bild.de wohl eher nicht. Am 10.1.2011 zweifelt ein Autor von Bild.de Dresden an der Repräsentativität des DNN-Barometers. Die Befragungen der "Dresdner Neueste Nachrichten" führt seit 1995 das Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden durch.
Bild.de veröffentlichte am Dienstag einen Artikel mit dem Titel „Huch, wo ist denn die FDP hin? - Jetzt spricht der Kreis-Chef in BILD über den Trend“. Inhalt des Berichts: der negative Trend der Umfragezahlen für die FDP. Im 70. DNN-Barometer kam das IfK zu dem Schluss, dass nur 1% der Befragten die FDP in den Dresdner Stadtrat wählen würde. Zitat von Bild.de:
"Ob das jämmerliche eine Prozent reell ist, darf getrost angezweifelt werden. Gerade 521 von über 500 000 Dresdnern wurden nämlich vom Institut für Kommunikationswissenschaften der TU Dresden befragt."
Wie können nur 521 Dresdner stellvertretend für 500.000 sein? Eigentlich sind es nicht 500.000, denn wahlberechtigt sind etwas mehr als 423.000 Dresdner. Aber man soll sich ja nicht an Kleinigkeiten aufhängen.
Auf die Frage hin, ob denn die ausgewählten Befragten nicht zu wenige seien, antwortet die zuständige IfK-Mitarbeiterin Anna-Maria Schielicke: „Diese Anzahl an Befragten bei lokalen Themen ist durchaus üblich. Wir wollten auch keine Wahlprognose machen, sondern die Stimmung in Dresden abbilden."
Auf der Flurfunk-Fanseite bei Facebook hat sich zu dem Thema eine kleine Diskussionsrunde entwickelt. Dort kommentierte ein Nutzer so: „Wir können ja mal völlig wertfrei festhalten, dass etwa 0,12% der in Dresden Wahlberechtigten an dieser Umfrage teilgenommen hat.“
Die Anzahl der Befragten ist wichtig, doch vor allem entscheidend ist die Qualität der Auswahl. „Solange die Befragten nach den Regeln der Demoskopie ausgewählt werden, können sie durchaus das Meinungsbild der Grundgesamtheit darstellen“, sagt Schielicke.
Zum Vergleich: Auch im ZDF-Politbarometer arbeitet man mit vergleichsweise kleinen Zahlen. Im Schnitt werden für eine deutschlandweite Befragung 1000 bis 3000 Leute befragt. Das sind nur etwa 0,03 % der Wahlberechtigten in Deutschland. Doch trotzdem liegt das Ergebnis der Sonntagsfrage recht häufig richtig, obwohl so viele nicht gefragt wurden.
Methodisch ist das DNN-Barometer also vollkommen in Ordnung. „Kaum einer hat es geschafft mit Prof. Donsbach in den Ring zu steigen und ihm Fehler nachzuweisen“, sagt Dirk Birgel, Chefredakteur der "Dresdner Neusten Nachrichten". Es meldeten sich in diesem Moment oft die Leute zu Wort, die mit dem Ergebnis nicht einverstanden sind, so Birgel.
Es gefällt vielleicht nicht jedem, aber so falsch kann das Ergebnis nicht liegen. Deutschlandweit kann man derzeit den Abwärtstrend der FDP auf der Beliebtheitsskala beobachten. Und selbst mit einer Fehlertoleranz von 2 Prozentpunkten (das heißt das Ergebnis kann um +/- 2 Prozent variieren) sind die Liberalen noch sehr abgeschlagen.
"Es ist schade, dass man immer nur kritisiert wird. Doch als wir mit unserer Wahlprognose zur Oberbürgermeisterwahl 2008 fast eine Punktlandung gemacht haben, ist das kaum jemandem aufgefallen", so Schielicke.
Also: Auf das Ergebnis des DNN-Barometers kann man sich durchaus stützen. Man muss nur im Hinterkopf behalten, dass es in diesem Fall keine Wahlprognose war, sondern eine Abbildung der derzeitigen Stimmungslage in Dresden. Und da ist die Tendenz das Entscheidende.
Januar 13, 2011
An alle Zweifler und Nicht-Statistiker: Bitte einfach mal die Fakten zur Kenntnis nehmen. Die durchschnittliche Abweichung aller seit 1947 vorliegenden Prognosen des IfD Allensbach liegt absolut bei 1,68 Prozentpunkten. Bei Infas bei 1,70 P...rozentpunkten und bei der Forschungsgruppe Wahlen bei 1,72 Prozentpunkten. Die Umfrageinstitute liegen also ganz und gar nicht immer daneben, wie viele Kommentatoren uns immer einreden wollen. Nachzulesen ist das z.B. bei Jochen Groß (2009). Das IFK arbeitet nach den gleichen statistischen Regeln, wie diese Insitute. Die Ergebnisse sind deshalb sehr verlässlich, auch wenn viele das (aus ideologischen Gründen?) nicht wahrhaben wollen. Im aktuellen Fall liegt der tatsächliche Wert der FDP bei 1 % +/- 2,7 %, also zwischen 0 und 3,7 %. Nachdem man tatsächlich davon ausgehen muss, dass sich FDP Wähler aus Gründen der sozialen Erwünschtheit derzeit mit ihrer Meinung etwas zurückhalten, wird es m. E. wohl eher Richtung 3,7 % gehen.
Januar 14, 2011
Der letzte Absatz fasst meine Meinung am besten zusammmen:
- Man darf sich auf das DNN-Politbarometer stützen (tun wir doch, den ganzen BILD-Beitrag lesen, empfiehlt sich)
- Und man muss im Hinterkopf behalten, dass ein eben KEINE Wahlprognose ist (tun wir doch, darum zweifeln wir ja auch an, dass die 1% ein realer Wahlwert wäre sondern das ganze nur ein Stimmungsbild zeigt)
- Und die Tendenz ist das Entscheidende (sag ich doch, sonst hätten wir nicht unsere Überschrift so gewählt: Huch, wo ist den die FDP hin...)
Ansonsten, danke für die Aufmerksamkeit :)