Landtagswahl Sachsen: erstes Fazit zum Internet-Wahlkampf

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Sicherlich niemals zuvor hat das Internet in einem Landtags-Wahlkampf eine so große Rolle gespielt wie bei den vergangenen Wahlen. Twitternde Politiker, interaktive Wahlkampf-Kampagnen und Videos auf Youtube – die sächsischen Parteien haben einigen Aufwand betrieben.

Dennoch: So richtig Wirkung scheinen die Internet-Aktivitäten für die Parteien nicht entwickelt zu haben. Der Obama-Effekt ist offenbar ausgeblieben. "Klickzahlen wie die Politiker in den USA haben wir nicht", sagt etwa auch Kai Mindel, Pressesprecher der sächsischen CDU im Gespräch mit presseclub-dresden.de. Wir haben mit ihm und anderen Partei-Vertretern über den Wahlkampf im Internet gesprochen.

1. Youtube
Auf Youtube hatte die CDU bereits im Mai 2009 das Video "Unterwegs mit Stanislaw Tillich" hochgeladen. Inzwischen haben es sich knapp 4.300 Menschen angeschaut. Es ist das bestgeklickte Video des sächsischen Wahlgewinners. Zum Vergleich: Der parteiunabhängige Spot "Sie haben die Wahl", der den Zuschauer zum Wählen gehen motivieren will, wurde innerhalb von drei Tagen mehr als 13.000 Mal angeklickt - und deutlich weniger politische Videos mit Bezug zu Sachsen kommen bei Youtube auch schon mal schnell auf 350.000 Zuschauer.

"Unsere Videos wurden mäßig geklickt", gibt Kai Mindel zu. Auch die sächsischen Grünen haben sich bei Youtube ausprobiert. Dort gibt es 45 Videos zum Thema "Wahlen 2009" - mit ähnlichen Klickzahlen wie beim politischen Gegner. "Laut Welt Online sind wir mit Abstand die interaktivste sächsische Partei", freut sich Landesgeschäftsführer Hubertus Grass trotzdem.

Während auch die FDP Sachsen auf Youtube setzte, kam man bei den Linken auch ohne bewegten Bildern aus. "Wir haben eher weniger mit Videos gearbeitet", erklärt Pressesprecher Rico Schubert.

2. Twitter
Es scheint unter Politikern derzeit cool zu sein, Twitter zu benutzen. "Wir haben Twitter stark genutzt", sagt Christian Schulze, Pressesprecher der FDP Sachsen. @fdpsachsen hat bei dem Microblogging-Dienst 1.590 Follower, die Grünen kommen mit @gruene_sachsen auf 1 540 Verfolger. Die Linke liegt mit @linke_sachsen abgeschlagen bei 450 Followern mit am Ende der Parteien-Rangliste.

Noch magerer sieht es häufig bei einzelnen Kandidaten aus. Patrick Schreiber twitterte während des Wahlkampfes beispielsweise mehrfach am Tag. „Natürlich nutze ich Twitter, um mich vor allem auch jungen Leuten mitzuteilen.“ Vor allem sei ihm jedoch die Gegnerbeobachtung und Informationsbeschaffung wichtig. „So brauche ich nicht mehr ständig auf die Websites meiner Konkurrenten zu schauen“, sagt Schreiber.

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Schreiber hatte kurz vor der Wahl der "Sächsischen Zeitung" ein Twitter-Interview gegeben und versucht, seine politischen Botschaften auf 140 Zeichen zu verpacken. „Für uns steht als oberstes Gebot die Schuldenfreiheit. Keine Schulden zulasten nachfolgender Generationen“, twitterte er beispielsweise.

Von Wählern wurde Schreiber bislang kaum auf seinen Twitter-Account angesprochen, sagt er. Bei 125 Followern im Vergleich zu 419 395 wahlberechtigten Dresdnern ist das nicht allzu verwunderlich.

Nur am Rande der Vergleich, was in den USA geht (auch wenn der Vergleich zum kleinen Sachsen vielleicht etwas hinkt): Barack Obama kommt auf mehr als 2.100.000 Follower bei Twitter. Und US-Senator Arnold Schwarzenegger wird immerhin noch von mehr als einer Million Menschen auf Twitter verfolgt.

Die sächsische SPD (@spd_sachsen_de) kommt derzeit auf genau 137 Menschen, die sich bei Twitter für sie interessieren.

3. Interaktive Kampagnen
Bei den Grünen ist man noch einen Schritt weiter gegangen. Dort hatte man mit Hilfe mehrerer Praktikanten eine Online-Redaktion gegründet. "Ich bin überrascht, welche qualitativ hochwertigen Beiträge dabei entstanden sind", erklärt Landesgeschäftsführer Hubertus Grass.

Im August sei die Website des Landesverbandes gruene-sachsen.de von 12.284 Besuchern aufgerufen worden. Das sei das Vierfache der normalen Zugriffszahl. Die Anzahl der Page Impressions habe sich sogar verzehnfacht auf 138.000.

Besonders stolz ist man bei den sächsischen Grünen auf die Kampagne "Pappe09": "Deine Stimme für mehr GRÜN in Sachsen! Schreib Deine Forderung auf eine Pappe. Geh an den Ort des Problems. Mach ein Foto von Dir und Deiner Pappe. Stell es in die Flickr-Gruppe mit dem Schlagwort 'Pappe09'“ ein, poste ein Fanfoto bei Facebook oder maile es einfach an die Landesgeschäftsstelle", lautet die Aufforderung auf der Website. Insgesamt 107 Fotos wurden bislang bei Flickr hochgeladen.

Hubertus Grass könnte sich vorstellen, dass es bei den Grünen auch weiterhin eine Online-Redaktion, bestehend aus Praktikanten, geben wird. "Anfangs war ich skeptisch. Aber inzwischen finde ich: Die Papp-Aktion ist witzig, geht schnell und das kann jeder. Man muss ja einfach ein Foto schießen und es hochladen."

4. Wahlkampf-Websites
Ob die Online-Kampagnen der Parteien tatsächlich etwas genutzt haben, können die Verantwortlichen bislang nicht einschätzen. Die sächsischen Grünen wollen ihre Aktionen fortführen und damit auf Stimmenfang gehen. Die FDP wird die für den Wahlkampf erstellte Website fdp-sachsen.de nun für den Bundestagswahlkampf umgestalten. Danach soll sie als normale Website der sächsischen FDP dienen.

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Die Linke will ihre Wahlkampfwebsite dielinke-in-sachsen.de entweder vom Netz nehmen oder in das Archiv stellen. Die CDU cdu-sachsen.de will ihre derzeitige Website noch einige Zeit im Internet lassen. Denn schon bald will die Partei die Seite ihres Landesverbandes komplett relaunchen. "Es soll dann auch ganz neue Tools geben", sagt Kai Mindel, ohne konkreter zu werden.

Klar ist: Für den Ausgang der Landtagswahlen hat das Internet wohl eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Doch die Bedeutung wird wachsen. "Selbstverständlich haben wir uns darauf eingestellt und nutzen die Vorteile des Netzes: Wirkung und Reichweite sind erheblich. Allein Internetseiten reichen nicht mehr aus - wichtig ist auch, dass die sozialen Netzwerke bedient werden", sagt der sächsische SPD-Generalsekretär Dirk Panter gegenüber presseclub-dresden.de.

Es bleibt abzuwarten, wie und mit welchem Erfolg die Parteien die Möglichkeiten im Netz nutzen. Rick Noack

1 Kommentar
  • RalfLippold
    September 6, 2009

    .....welche Art des Gesprächs und Kommunikation mit den Bürgern braucht es, damit Feedback und Partizipation des Bürgers erreicht wird?

    Sicher mehr, als dass lediglich die Politiker twittern - denn Zeit ist Geld und Wahlkampf heißt auch immer persönliches Gespräch.

    Wie wäre das Konzept von twitternden Connectoren oder sogar Boundary-Spannern, die dem ganzen Würze und Geschmack geben werden?

    Erst im interaktiven und gruppenüberschreitenden Gespräch ergeben sich neue Zusammenhänge, gemeinsame Lösungen und auch eine bessere Zukunft (die nach den Wahlprogrammen zufolge alle Parteien sich auf die Fahne geschrieben haben).

    Twitter nutzen, um das Trennende der Parteien für gemeinsame Stärke zu nutzen. Subsidiarität beginnt beim Bürger und dessen Integration (kontinuierlich) in den Entscheidungsfindungsprozess. Und es gibt neben Twitter noch viele andere Möglichkeiten, wie z.B. öffentliche Skype-Chats (wie sie z.B. von einer in Dresden ansässigen CoWorking Initiative genutzt wird), online gestellte Leserbriefe, .....

    Was oft fehlt ist die übergreifende Transparenz über das, was geschrieben, getwittert, gesagt, gefilmt wird, so dass man oft nur einen kleinen Ausschnitt des kompletten Bildes erhaschen kann (besonders, wenn das freie Zeitkontingent für jeden von uns immer kleiner wird, bedingt durch Überstunden, lange Büroanfahrtswege und Erlernen neuer Medien).

    Social Media Coaching auf PeerCoaching-Basis auf 15-min-Basis könnte ein machbarer Anfang sein, auch noch bis zur Bundestagswahl;-))

    Gerne mehr.

    Schöne Grüße aus Dresden

    Ralf Lippold

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