Eine Werbeanzeige der Stadtverwaltung in der Wochenzeitung "Zeit" hat in der Stadt für erheblichen Unmut gesorgt. Die viertelseitige Anzeige war am 30. Oktober in einer Sonderbeilage der "Zeit" zum Thema "Unesco-Welterbestätten in Deutschland" erschienen; die Stadt hatte dafür 7.100 Euro bezahlt.
Nach Darstellung des Blogs "Bürgerbegehren: 'Welterbe erhalten - Tunnel bauen'" berichtete die "DNN" am 5. November darüber, dass die Anzeige für heftige Kritik von Brückengegnern gesorgt habe. Einen Tag später meldete die Zeitung, dass sich das Welterbezentrum - anders als von Stadtsprecher Kai Schulz dargestellt - davon distanziere, an dem Text für die Anzeige in der "Zeit"-Verlagsbeilage mitgewirkt zu haben.
Der "Sächsischen Zeitung" ist die Geschichte am 8. November gerade einmal eine Meldung mit vier Zeilen wert.
Der Bürgerbegehren-Blog schreibt unter dem Titel "Eine Zeit-Anzeige" ausführlich über seine Sicht auf die Geschichte und zitiert dabei auch ausführlich aus der "DNN". Die Zeitung hat leider keinen Online-Auftritt mit Archiv, auf das man von hier verlinken könnte.
November 17, 2008
Mein Leserbrief an DIE ZEIT zur Sache Anzeige der LH Dresden:
DIE ZEIT 30.10.2008, Anzeige Seite 76, „Dresden ist bestehende Kulturlandschaft“
Leserbrief
Das Auge führt mich, eingefangen vom Traumblick über die historische Elbebrücke auf Frauenkirche - Canaletto-Blick sagen Kenner - zur textlichen Botschaft darunter. Die erzählt von der Harmonie des Dresdner Elbtals inmitten der Stadt, die zur Anerkennung als UNESCO-Welterbe geführt hat. Das ist die Werbebotschaft einer Seite im Reiseteil der DIE ZEIT, die mich nach Dresden einladen soll.
Klingt gut, bis ich, so etwa nebenbei über den Bau einer Brücke informiert werde, über die Gründe dafür, ein gewisses Pro und Contra und Zwänge für die Stadt, warum es sein müsse. Kein Wort über die erheblichen Bedenken gegen den Brückenbau am Waldschlösschen, von denen ich als Leser der DIE ZEIT und Kenner Dresdens weiß, von Internationalen Protesten dagegen, aus dem Land, aus der inzwischen darüber gespaltenen Bürgerschaft. Nichts von den gravierenden Auswirkungen dieses Verkehrszuges auf das Welterbegebiet Dresdner Elbtal und die von der UNESCO verfügte Aberkennung des Welterbetitels im Falle des Weiterbaus. Nichts auch davon, dass der Verkehr längst nicht so angestiegen ist wie als zwingender Grund für eine Brücke zugrunde gelegt. Es wird auch verschwiegen, dass alle realen Möglichkeiten für eine welterbeverträgliche Gestaltung einer Elbquerung an dieser sensiblen Stelle - durch einen machbaren Tunnel - vom Freistaat Sachsen und der Landeshauptstadt Dresden bewusst ausgeschlossen und den Bürgern bei der Befragung im Jahr 2005 unterschlagen worden sind. Schließlich wird suggeriert, die Stadt habe keinerlei rechtlichen Spielraum für alternative Lösungen wegen des Bürgerentscheids von 2005, dessen Bindungswirkung längst, seit März dieses Jahres ausgelaufen ist. Ein neues Bürgerbegehren mit 50.000 Stimmen zu Gunsten eines Tunnelbaus und für den Erhalt des Welterbestatus ist mit politischen und juristischen Mitteln regelrecht abgewiegelt worden. Der Beton fließt weiter in die Brückenfundamente - leider nicht aus den Köpfen.
Dagegen naiv bloß aber infam ist, dass zum Werben für Dresden, knapp die Hälfte Text verkürzender, falscher, verharmlosender Darstellung der Brückenproblematik im Welterbegebiet gewidmet ist. Ein Text der übrigens so nicht, wie im Impressum genannt, vom „Welterbezentrum“ verfasst, sondern diesem vom höchsten Tisch des Dresdner Rathauses untergeschoben worden ist.
Dahin mit der über Jahrhunderte erhaltenen Harmonie des Dresdner Elbtals - wenn nicht doch noch ein Tunnel-Engel anflogen kommt. (Bäu)
Mit freundlichem Gruß Dr. Peter Bäumler