Nach der Anhörung im zuständigen Fachausschuss steht für den 12.9.2016 nun die Abstimmung über den Antrag der Linken an, das Sächsische Privatrundfunkgesetz (SächsPRG) zu ändern.
Die Linke hatte beantragt, die Versammlung der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen auszustatten. Außerdem sieht der Antrag vor, dass die drei Landesmedienanstalten in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zusammengelegt werden (vgl. Flurfunk vom 15.8.2016: "Anhörung im Landtag: Linke fordern Stärkung der SLM-Versammlung")
Wir haben drei medienpolitischen Sprechern aus dem Sächsischen Landtag ein paar Fragen zu dem Änderungsantrag wie auch dem Privatrundfunkgesetz selbst geschickt und veröffentlichen in den kommenden Tagen hier die Antworten. Den Auftakt macht Falk Neubert, medienpolitischer Sprecher von der Linken-Fraktion im Sächsischen Landtag.
Die Antworten von Aline Fiedler, medienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, und Dirk Panter, medienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, folgen noch vor dem 12.9. hier im Blog.
Falk Neubert: "Die Privatrundfunkgesetzgebung muss endlich den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen"
Flurfunk: Die Linke hat beantragt, die SLM-Versammlung zu stärken. Was ist der Grund dafür?
Falk Neubert: Alle relevanten Kompetenzen der SLM liegen derzeit bei dem fünfköpfigen Medienrat, welcher vom Landtag gewählt wird. Die aus 34 Personen bestehende Versammlung der SLM, welche die Vielfalt gesellschaftlicher Interessen vertreten soll, verfügt hingegen über keinen relevanten Einfluss, noch nicht mal formal über das Haushaltrecht. Das passt aus unserer Sicht nicht zu einem staatsfernen, unabhängigen Aufsichtsorgan.
Flurfunk: Tatsächlich haben die wenigsten Mitglieder in dem Gremium einen direkten Medienbezug und entsprechende Kompetenzen, um über die Entwicklung der Medienbranche mitzuentscheiden. Ist es dann wirklich sinnvoll, das Gremium zu stärken?
Neubert: Die allermeisten Mitglieder der Versammlung arbeiten sich sehr wohl intensiv in die Materie ein. Dass sie das ehrenamtlich und nicht beruflich tun, haben sie mit allen Stadt- oder Gemeinderäten, Kreistagen oder zum Beispiel auch mit dem Rundfunkrat des MDR gemeinsam. Das ist keine Nachteil, sondern gewollt. Die Mitglieder sollen fachliche und persönliche Kompetenzen aus den unterschiedlichsten Bereichen einbringen.
Flurfunk: Wird bei dem bestehenden Vorschlag nicht der Medienrat überflüssig?
Neubert: In der bisherigen Form ja, aber ein kleineres Organ für die operativen Aufgaben wird durchaus weiterhin sinnvoll sein.
Flurfunk: Parallel dazu gibt es den Vorschlag, die Medienanstalten der drei Länder zusammenzulegen. Müsste dann nicht sowieso noch mal eine Versammlung ganz neu gegründet werden? Wie passt der eine zum anderen Vorschlag?Neubert: Ja natürlich. Das ist ja das Wesen paralleler Vorschläge. Am besten wäre es aus unserer Sicht, beide würden umgesetzt. Aber man kann die Versammlung natürlich auch im Rahmen der bestehenden SLM aufwerten.
Flurfunk: Wie hoch sind die Chancen, dass das Gesetz entsprechend geändert wird?
Neubert: Das hängt ganz maßgeblich davon ab, wie intensiv und investigativ sich der Flurfunk der Sache annehmen und eine breite Öffentlichkeit in Sachsen sensibilisieren wird.
Und: Gerade die sächsische CDU ist ja berühmt dafür, besonders kooperativ und konstruktiv auf gute und wichtige Vorschläge aus der Opposition einzugehen.
Neubert: "Das hängt ganz maßgeblich davon ab, wie intensiv und investigativ sich der Flurfunk der Sache annehmen und eine breite Öffentlichkeit in Sachsen sensibilisieren wird."
Flurfunk: Warum macht man überhaupt solche Vorschläge, wenn man sich ausrechnen kann, dass man damit nicht durchkommt?
Neubert: Steter Tropfen… ☺
Flurfunk: Am 15.8. gab es eine Anhörung im Landtag zu dem Thema - was sagen die Experten?
Neubert: Unterschiedliches. Je nachdem von wem sie eingeladen waren. Einig waren sie aber zumindest in Einem: Dass die Privatrundfunkgesetzgebung endlich den Sprung ins digitale Zeitalter schaffen muss.
Flurfunk: Ist es angesichts des schwindenden Einfluss von Medien und einer sich rasant wandelnden Medienlandschaft überhaupt noch notwendig, eine eigene Institution zu haben, die Rundfunk-Lizenzen vergibt? Könnte man nicht ganz auf die SLM verzichten?
Neubert: Im Digitalzeitalter ist nicht die Zuteilung regionaler Frequenzen das größte Problem, sondern es müssen hochkomplexe juristische Materien beherrscht werden. Stehen doch private Rundfunkstationen heute nicht nur mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten im Wettbewerb, sondern auch mit Youtube und Facebook. Es bedarf heute einer über Ländergrenzen hinaus vereinheitlichten gesetzlichen Regulierung, wegen der Länderhoheit selbstverständlich über einen Staatsvertrag. Wobei eine Dreiländeranstalt analog zum öffentlich-rechtlichen MDR noch die kleine Lösung ist. Natürlich hätte eine Mehrländeranstalt im medienpolitischen Diskurs ein höheres Gewicht, zumal sie naturgemäß dem Gebot der Staatsferne deutlich besser entspräche, verringerte sich doch der Einfluss von Staatskanzleien und Landtagskoalitionen ganz eindeutig. Aber grundsätzlich: Die öffentliche Kontrolle über den privaten Rundfunk bleibt notwendig.
Flurfunk: Vielen Dank für das Interview!
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