Nur noch einmal schlafen, dann ist es soweit: Am Mittwoch (29.2.2012) will sich in der Groovestation der Verein Wir gestalten Dresden - Branchenverband Dresdner Kultur- und Kreativwirtschaft e.V. gründen (Flurfunk Dresden berichtete). Der Gründung des Verbandes gingen eine ganze Reihe von Terminen voran, u.a. die Veröffentlichung des Berichts Kultur- und Kreativwirtschaft in Dresden.
Wir haben zwei der vielen Initiatoren der Verbandsgründung, die Architektin Claudia Muntschick vom Büro für nachhaltige Stadtentwicklung, Kreativwirtschaft und Denkmalpflege, und Maik Roßmann, Inhaber der Agentur Weißgrau, zum E-Mail-Interview gebeten.
Flurfunk Dresden: Am Mittwoch soll der Branchenverband der Dresdner Kultur- und Kreativwirtschaft gegründet werden. Wer sind die Leute, die sich da zusammengefunden haben?
Claudia Muntschick: Die Initiatoren des Gründungsprozesses kamen vor etwa drei Monaten eigentlich eher zufällig zusammen und haben ganz unterschiedliche berufliche und persönliche Hintergründe. Neben klassischen Vertretern der Kreativwirtschaft (Künstler, Architekten, Designer, Veranstalter) sind auch Anwälte und Organisatoren aus dem Bereich Kultur dabei, die sich mit so einem Gründungsprozess auskennen. Die Mischung hat sich während der Vorbereitungstreffen als vorteilhaft erwiesen.
Maik Roßmann: Wir haben im Vorfeld daneben mit vielen großen wie kleinen Playern – Agenturen wie Theaterleuten – gesprochen und immer wieder festgestellt, dass unsere Denkweise und die Idee eines Verbands auf allen Ebenen ankommen und die Initiatorenrunde ist natürlich auch gewachsen. Entscheidend für den Erfolg wird die zukünftige Durchmischung an Mitgliedern sein – das betrifft die wirtschaftliche Größe wie auch die abgebildete Branche.
Flurfunk Dresden: Die KKW setzt sich laut Kulturwirtschaftsbericht aus 12 Teilbranchen zusammen. Ist die Mischung in dem neuen Verband repräsentativ?
Muntschick: Die Abbildung der heterogenen Struktur einer Kreativwirtschaft ist ein wichtiger Punkt, denn erfolgreiche brancheninterne Netzwerke existieren in Dresden. Im Verband wird es neben dem klassischen geschäftsführenden Vorstand einen Aufsichtsrat geben der aus 12 Mitgliedern besteht, die jeweils einer Branche angehören und direkt von den Mitgliedern gewählt werden.
Roßmann: Wir hoffen dort natürlich, dass alle 12 Sitze immer besetzt werden können und das Feedback aus den verschiedenen Branchen war bisher durchweg positiv - insofern sind wir optimistisch, dass der Verband zukünftig eine möglichst große Bandbreite repräsentieren kann. Nach den Anmeldungen zur Gründung zu urteilen, liegen wir richtig.
Flurfunk Dresden: Die Stadtverwaltung wollte eigentlich schon im Herbst einen Maßnahmekatalog vorlegen, das ist (korrigiert mich bitte) bislang nicht passiert. Unterstützt euch die Stadt?
Muntschick: Dass ein Maßnahmenkatalog von der Stadt bisher noch nicht vorgelegt wurde, ist nicht verwunderlich. Die Szene, um die es geht, organisiert sich in neuen Lebensentwürfen, arbeitet in Netzwerken und ist dementsprechend für eine durchstrukturierte Verwaltungsbehörde schwer zu fassen. Die Stadt hat deshalb den Wunsch nach einem repräsentativen Ansprechpartner für die Belange der Kreativwirtschaft geäußert und war damit auch eine Art Auslöser für unsere Initiative.
Roßmann: Es gab Vorgespräche mit dem Amt für Wirtschaftsförderung und wir ernten dort sehr großes Interesse an einer Zusammenarbeit. Wie die Arbeit, auch mit anderen Ämtern, aussehen wird, entscheidet sich nach der Gründung des Verbands und hängt maßgeblich von den Ideen und Projekten ab, die durch die Verbandsmitglieder formuliert werden.
Flurfunk Dresden: Tut die Stadt denn genug für die KKW?
Roßmann: Wir wollen letztlich gar nicht die Frage stellen, ob die Stadt genug tut, denn wir sind hier weder Bittsteller, noch generell bedürftige Hilfeempfänger. Wichtig sind Rahmenbedingungen, die fit genug sind, um Dynamik zu fördern. Hier sehen wir bei bestimmten Faktoren dringenden Handlungsgbedarf.
Muntschick: Jeder, der in Dresden in einem der 12 Teilbereiche der Kreativwirtschaft tätig ist, weiß, dass die Stadt im Vergleich zu anderen Städten hinsichtlich der Stärkung ihrer kreativen Potentiale noch ganz am Anfang steht. Die Beauftragung der Prognos-Studie zur Kultur- und Kreativwirtschaft zeigt zwar, dass die Thematik erkannt wurde – dass sich laut dieser Studie nur 6 % der befragten Unternehmen politisch wahrgenommen fühlen, macht aber deutlich, dass noch viel Kommunikationsarbeit zu leisten ist.
Flurfunk Dresden: Warum sollte sie etwas dafür tun?
Muntschick: Städte stehen im permanenten Wettbewerb um Einwohner und Unternehmen. Kreativwirtschaft ist in diesem Kontext nicht nur ein wichtiger Wirtschafts-, sondern vor allem auch ein wichtiger Standortfaktor. Die positiven Effekte für das Image, das kulturelle Leben und die Unternehmenslandschaft in Städten, die auf Kreativwirtschaft setzen, sind hinlänglich erforscht und inzwischen empirisch belegt. Dresden kann sich da Einiges abschauen und von den Erfahrungen aus anderen Städten profitieren.
Roßmann: Die Branchen leben von und mit wirtschaftlichen wie sozialen Strukturen, die zukunftsweisend für einen Wandel in Arbeits- und Wirtschaftswelt stehen. Dass Städte da umdenken müssen, liegt auf der Hand. Das Thema wird nicht deswegen auf Bundes- wie Landesebene derart inflationär diskutiert, weil Politiker jetzt plötzlich die Kreativen sexy fänden. Hier wollen wir auch auf Politik einwirken, ja.
Flurfunk Dresden: Was werden die ersten Maßnahmen des Branchenverbands sein? Gibt es schon konkrete Projekte, die ihr euch vorgenommen habt?
Muntschick: Im ersten Schritt soll eine Plattform aufgebaut werden, die die kreativen Dresdner Unternehmen und Akteure vorstellt, untereinander vernetzt, die Wertschöpfungsketten in der Kreativwirtschaft darstellt und die lokalen Wünsche und Bedürfnisse der Szene erfasst. Nach dieser Bestandsaufnahme können dann konkrete Projekt angeschoben bzw. unterstützt werden.
Roßmann: Vom Veranstaltungsformat über konkrete Beratungsangebote bis zu Raumangeboten ist letztlich alles denkbar. Daneben gilt es, den anstehenden politischen Prozess in Dresden zu begleiten, um die richtigen Impulse zu setzen und die Leute zu erreichen, um die es eigentlich geht: die Unternehmen im Kreativbereich und all diejenigen, die diese Stadt um kulturelle Angebote bereichern und dafür Rechnungen schreiben.
Flurfunk Dresden: Zum konkreten Ablauf der Gründung: Muss man sich auf stundenlange Satzungsdiskussionen einstellen?
Muntschick: Im Vorfeld der Gründung haben wir die stundenlangen Satzungsdiskussionen in großer Runde schon geführt und inzwischen ein Modell gefunden, das wir für tragfähig und praktikabel halten. Sicher wird es im weiteren Prozess verschiedene Punkte geben, die angepasst werden müssen, aber das muss die Praxis zeigen. Um es mit Kästners Worten zu sagen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Roßmann: Wir wollen an diesem Abend ganz sicher nicht diskutieren. Dazu gab es in den letzten zwölf Monaten, in denen das Thema in Dresden auf die Agenda kam, wirklich ausreichend Gelegenheit. Wir legen an diesem Abend einen Grundstein für praktische Arbeit am Thema, definieren nicht unseren konkreten Wirkradius für alle Ewigkeit. Eine Satzung steht und sie wird flexibel genug aussehen.
Flurfunk Dresden: Darf jeder eintreten, der will? (sind auch Politiker dabei?)
Muntschick: Eintreten darf jeder, allerdings sind nur Akteure aus der Kreativwirtschaft abstimmungsberechtigt. Alle anderen können uns als Fördermitglieder unterstützen und in einem Beirat beratend aktiv werden.
Flurfunk Dresden: Was wird die Mitgliedschaft kosten?
Muntschick: Die Beitragshöhe hängt von der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Mitglieds ab, mit 5 Euro im Monat ist der gering verdienende Kleinunternehmer dabei.
Roßmann: Wir geben hier lediglich Mindestbeiträge vor und freuen uns über jede Unterstützung.
Flurfunk Dresden: Vielen Dank für das Interview.
Hier entlang zu mehr Informationen und der Anmeldung zur Verbandsgründung.
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