"Welt"-Chefredakteur Jan-Eric Peters hat auf den öffentlichen Brief von MDR-Intendant Udo Reiter reagiert. Bereits am Freitag (2.9.2011) antwortete er auf Reiters offenen Brief von Mittwoch zur Berichterstattung der "Welt" in der Affäre Foht.
Erwartungsgemäß geht Peters in seinem Brief in die Offensive und fragt Reiter u.a. (den kompletten Brief dokumentieren wir weiter unten), warum er die Fragen der "Welt"-Redakteure im Vorfeld der Berichterstattung nicht beantwortet habe. Diese seien Reiter und der MDR-Pressestelle vier Tage vor Veröffentlichung der von Reiter kritisierten Berichte übermittelt worden.
Und er fragt Reiter nach seiner persönlichen Verantwortung. Zitat aus dem Brief von Peters an Reiter:
"Nun ist allerdings in der Rundfunkratsitzung vom 31. August eine Zeitleiste zur Affäre verteilt worden, die deutlich macht, dass die Juristische Direktion offenbar erst am 11. August dieses Jahres über den Vorgang informiert wurde, der Ihnen schon seit fast zwei Jahren bekannt ist. Herr Foht war zu diesem Zeitpunkt längst suspendiert, die Leipziger Staatsanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen schon aufgenommen. Wie erklären Sie die erstaunliche Verzögerung gerade in einem Punkt, der Ihre persönliche Verantwortung als Intendant betrifft?"
MDR-Intendant Udo Reiter hatte am Mittwoch (31.8.2011) in einem offenen Brief der "Welt" ironisch zur Berichterstattung in der Affäre Foht gratuliert (Flurfunk Dresden: "Affäre Foht: Udo Reiter schreibt “Welt”-Chefredakteur Jan-Eric Peters"). Reiters offener Brief war auch in Sondersitzung des MDR-Rundfunkrats verteilt worden - sicherlich auch mit dem Ziel, die Stimmung bei den Rundfunkräten zu beeinflussen.
Hier der Brief von "Welt"-Chefredakteur Jan-Eric Peters im kompletten Wortlaut:
"Sehr geehrter Herr Reiter,
vielen Dank für Ihre Gratulation zu unserer Berichterstattung, auch wenn sie vielleicht nicht aus tiefstem Herzen kommt. Unsere beiden Reporter tragen in der Tat seit Wochen mit immer neuen Enthüllungen maßgeblich zur Aufklärung der dubiosen Vorgänge in Ihrem Haus bei. Ein gutes Beispiel für investigativen Journalismus.
Meine Kollegen haben beispielsweise als erste die Rolle der undurchsichtigen Berliner Firma beschrieben, die einem ehemaligen hauptamtlichen Stasi-Offizier gehört und die Ihr bisheriger Unterhaltungschef Udo Foht mehrfach für seine Transaktionen benutzt hat. Sie haben zuerst über eine interne Stellungnahme Fohts gegenüber dem MDR berichtet, aus der hervorgeht, dass Ihr Mitarbeiter offenbar ungestört von den Kontrollinstanzen Ihres Hauses eine Art Schneeballsystem errichten konnte. Sie haben zuerst aufgedeckt, dass auch der Burda-Vorstand Philipp Welte ein Opfer dieses Systems geworden ist und Herr Foht beim Münchner Musikverleger Hans R. Beierlein mehr als einen lächerlichen Betrag erbettelt hatte – rund 180.000 Euro. Ich könnte diese Aufzählung fortsetzen. Die Enthüllungen der „Welt“ sind in den vergangenen Monaten dutzendfach von anderen Medien zitiert worden.
Ganz und gar nicht verstehen kann ich, dass Sie mir schreiben, die 'Welt' hätte am 30. August 'aus einem relativ kargen Sachverhalt, der obendrein schon seit Wochen bekannt ist', den Aufmacher der Zeitung bestritten. Denn unsere Reporter haben hier erstmals mit harten Fakten belegt, dass der bekannte Produzent Werner Kimmig ('Bambi', 'Krone der Volksmusik', 'Verstehen Sie Spaß?') und seine Werner Kimmig GmbH in die Foht-Affäre verwickelt sind: Herr Kimmig hat Herrn Foht mit 10.000 Euro in einer angeblichen MDR-Sache aus der Patsche geholfen und ihm für die vom SWR betreute ARD-Sendung 'Immer wieder sonntags' ein Beraterhonorar von 10.000 Euro gezahlt.
Diese merkwürdige Konstellation – ein MDR-Mitarbeiter, der Auftragsproduktionen für die ARD betreut, erhält Geld von einem Produzenten, der viele Aufträge von der ARD bekommt – hat übrigens Ihren Kollegen beim SWR, den Intendanten Peter Boudgoust, umgehend handeln lassen: Er hat in dieser Woche die Verwaltungs- und Rundfunkräte seines Senders schriftlich über die vorliegenden Erkenntnisse der Kimmig-Foht-Verbindung informiert.
Neu in der Geschichte ist auch der Fakt, über welche Machenschaften Ihres Mitarbeiters Sie selbst schon im September 2009 informiert worden sind. Sie hätten schon damals wissen können, dass Herr Foht seine Position missbraucht und im Namen des MDR Dritte zu Zahlungen veranlasst hatte, dass er Rückzahlungen schuldig geblieben war, dass er für eine angebliche Geschäftsschuld fürstliche Zinsen zahlen wollte. Erst Ende Juli 2011 führten ähnliche Verfehlungen dann zur sofortigen Suspendierung Fohts – obwohl Ihnen persönlich seine Praktiken, inklusive der entlarvenden SMS-Kurznachrichten, schon rund zwei Jahre zuvor zur Kenntnis gebracht worden waren.
Sehr geehrter Herr Reiter, Sie haben Ihr Schreiben an mich als Offenen Brief verfasst. Leider aber verschweigen Sie darin der Öffentlichkeit eine wichtige Information. Schon am 26. August, also vier Tage vor unserer Berichterstattung, haben Ihnen unsere Reporter einen Fragenkatalog übermittelt. Das Schreiben ging an die Pressestelle des MDR und auch direkt an Sie. Wir wollten von Ihnen unter anderem erfahren, wann Sie die vor einigen Monaten eingesetzte interne Prüfkommission über den Vorgang unterrichtet haben, auf den Sie im September 2009 aufmerksam gemacht worden waren. Uns hat das interessiert, weil wir wissen wollten, wie energisch Sie die Aufklärungsarbeit in der Causa Foht unterstützen. Eine Antwort auf diese Frage haben wir von Ihnen bis heute nicht erhalten.
Nun ist allerdings in der Rundfunkratsitzung vom 31. August eine Zeitleiste zur Affäre verteilt worden, die deutlich macht, dass die Juristische Direktion offenbar erst am 11. August dieses Jahres über den Vorgang informiert wurde, der Ihnen schon seit fast zwei Jahren bekannt ist. Herr Foht war zu diesem Zeitpunkt längst suspendiert, die Leipziger Staatsanwaltschaft hatte ihre Ermittlungen schon aufgenommen. Wie erklären Sie die erstaunliche Verzögerung gerade in einem Punkt, der Ihre persönliche Verantwortung als Intendant betrifft?
Sehr geehrter Herr Reiter, ich will es so handhaben wie Sie und erlaube mir, dieses Schreiben der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Jan-Eric Peters"
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